„Das Geld wird knapper.“ Mit dieser Überschrift betitelt das Analysehaus Zielke Research Consult (Zielke) seinen jüngsten Bericht über die Solvenzberichte der deutschen Lebensversicherer. Demnach sind die Solvenzquoten der Gesellschaften zwar deutlich angestiegen – und damit der Kapitalpuffer für wirtschaftlich schwierige Jahre. Zugleich aber haben die Lebensversicherer nun mit der Bildung stiller Lasten zu kämpfen, die unter Umständen Liquiditätssorgen bereiten könnten.
Insgesamt sehen sich die Analysten in ihrer Studie in Zusammenarbeit mit dem Bund der Versicherten e. V. regelmäßig die Solvenz- und Handelsbilanzen von 78 auf dem deutschen Markt aktiven Lebensversicherern an und beurteilen ihre Finanzlage auf Basis der Solvency-II-Quote, des Marktrisikos oder der Staatsanleihenquote. Erstmals hat Zielke dabei eine Gesamtbepunktung der Versicherer vorgenommen, um die Beurteilung der Gesamtsituation beim jeweiligen Anbieter nachvollziehbarer zu machen.
Nur noch ein Versicherer weist eine reine Quote unter 100% auf
Doch zunächst zu den harten Zahlen. Die durchschnittlich ausgewiesene Solvenzquote unter den Lebensversicherern hat sich deutlich verbessert. Lag sie 2021 noch bei 458%, ist sie zum Jahresende 2022 auf 601% geklettert. Dennoch blieb eine breite Spanne von 160% bis 1.416% bestehen, was laut Zielke „auf ganz unterschiedliche finanzielle Gesundheitszustände“ hinweist.
Die reine Solvenzquote, in der Übergangsmaßnahmen, nicht-eingezahltes Eigenkapital sowie Volatilitätsanpassungen unberücksichtigt bleiben, hat sich ebenfalls von 265% auf 390% verbessert – Minimum: 71%, Maximum: 820%. Mit 71% die niedrigste Quote weist die Öffentliche Oldenburger auf. Insgesamt hat damit im Vergleich zum Vorjahr nur noch ein Lebensversicherer eine reine Solvenzquote von unter 100%. Und selbst wenn man die Überschüsse der Versicherten auch noch herausrechnet, liegt die niedrigste Solvenzquote im positiven Bereich, wenn auch nur noch knapp über 0%.
Diese Versicherer sind besonders risikoavers aufgestellt
Interessant ist der Blick auf die Quote der Staatsanleihen im Kapitalanlagebereich der Lebensversicherer. Denn sie zeigt, wie risikoavers ein Versicherer agiert. Je höher diese Quote ausfällt, desto weniger Eigenkapital muss nämlich laut Solvency-II-Rechtsrahmen dagegen gestellt werden.
Die drei Anbieter mit der höchsten Staatsanleihenquote sind Süddeutsche Lebensversicherung (77,3%), Concordia Lebensversicherung (68,0%) und Öffentliche Lebensversicherung Oldenburg (55,2%). Mit Blick auf die hohen Teuerungsraten seit 2021 stellt sich für die Versicherten der genannten Anbieter dann allerdings die Frage, wie sich angesichts der Dominanz risikoloser Staatspapiere im Portfolio künftig eine inflationsausgleichende Rendite erzielen lassen soll, resümiert der Bericht. „Für die Versicherer hingegen stellt dies die Herausforderung dar, alternative Auszahlungspläne mit bankähnlichen Konditionen zu bieten“, so Dr. Carsten Zielke, Geschäftsführer bei Zielke Research Consult.
Diese Versicherer haben vergleichsweise hohe Renditechancen
Umgekehrt zeigt ein hohes Marktrisiko bei einem Lebensversicherer eine vergleichsweise hohe Renditechance beim investierten Kapital an – und damit auch die Erzielung entsprechender Überschüsse, die wiederum den Versicherten zugutekommen können. Die Gesellschaften mit dem höchsten Marktrisiko und damit mit den höchsten Renditechancen sind in der aktuellen Studie AXA Lebensversicherung, DEVK Deutsche Eisenbahn Lebensversicherung sowie Deutsche Ärzteversicherung. Versicherer, die vermehrt auf Aktien in ihren Portfolios setzen, stehen somit vergleichsweise gut dar. So gut wie kein Marktrisiko gehen stattdessen Die Dortmunder Lebensversicherung, die SIGNAL IDUNA Vereinigte Lebensversicherung und die NÜRNBERGER Beamten Lebensversicherung ein.
Versicherer bilden zunehmend stille Lasten
Doch der Blick weg von der Solvenzbetrachtung hin zur Analyse der Handelsbilanzen bei den Lebensversicherern trübt das Gesamtbild. Denn aufgrund des starken Zinsanstiegs auf den Finanzmärkten haben sich die Reserven der letzten Jahre schlagartig in stille Lasten verwandelt. Doch welcher Versicherer ist besonders stark betroffen? Die höchste stille Last weist gegenwärtig Die Dortmunder Lebensversicherung, gefolgt von der Concordia Versicherung und der MyLife Lebensversicherung auf. Wiederum wenig betroffen von stillen Lasten sind laut Zielke LVM, Feuersozietät Berlin Brandenburg und Die Bayerische Lebensversicherung.
Acht Versicherer erzielen hohe Gesamtpunktzahl
Bleibt abschließend noch die Frage offen, welcher Lebensversicherer nun nach Gesamtpunkten die Nase vorne hat und damit im Rahmen der Zielke-Analyse eine hohe Qualität im Bereich der Solvenzanforderungen besitzt. Dafür haben die Zielke-Analysten die reine Solvenzquote, die Diversifikation im Kapitalanlagebereich, die Staatsanleihenquote sowie die Transparenz des jeweiligen Solvenzberichts herangezogen und daraus die sogenannte Solvency Qualität berechnet.
Und acht der 78 untersuchten Lebensversicherer liegen mit insgesamt fünf von sechs maximal möglichen Punkten an der Spitze: Alte Leipziger, Baloise, Debeka, Deutsche Ärzte, Gothaer, HanseMerkur, R+V sowie Württembergische. Zahlreiche Anbieter erhalten vier oder drei Punkte.
Hier steht der aktuelle Solvenz-Report der Zielke Research Consult GmbH zum Download zur Verfügung. (as)
Bild: © utah51 – stock.adobe.com
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