Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) will 2025 weitere vier Versicherer im Rahmen der Wohlverhaltensaufsicht prüfen. Im vergangenen Jahr waren es bereits 13 Unternehmen. Das ist die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP von Mitte Dezember 2024 zu entnehmen. Die FDP bezog sich dabei auf das BaFin-Merkblatt zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten und die mehrmalige Ankündigung der Versicherungsaufseherin Julia Wiens, weitere Prüfungen vornehmen zu wollen.
Versicherer nehmen Produkte vom Markt
Merkblatt und Prüfungen haben bereits Wirkung gezeigt, lässt sich dem Antwortpapier entnehmen. Demnach hätten Versicherer den weiteren Vertrieb von Produkten seit Veröffentlichung des Merkblatts eingestellt. Für vier Produkte hatte die BaFin den Anbietern zuvor kommuniziert, dass ein Kundennutzen bezweifelt werde. Für diese vier Produkte wurde inzwischen das Neugeschäft eingestellt.
„Dass die BaFin gezielt Produkte mit fragwürdigem Kundennutzen aus dem Markt nimmt, zeigt die Schlagkraft der Wohlverhaltensaufsicht. Gemessen am vielfältigen Angebot verdeutlicht die geringe Zahl an Produkteinstellungen, wie gut der Markt insgesamt funktioniert. Die überwältigende Mehrheit der kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukte bietet einen angemessenen Kundennutzen“, kommentiert Anja Schulz, MdB und Berichterstatterin der FDP-Bundestagsfraktion für Versicherungen und Kapitalmärkte. Entscheidend sei es daher, dass die Angebotsvielfalt nicht unnötig durch übermäßige Eingriffe eingeschränkt werde.
Eine Reaktion gibt es auch vom BVK. „Obwohl die BaFin 13 Lebensversicherer in die Prüfung nahm, bei der sie überhöhte Kosten vermutete, halten wir das Ergebnis der behördlichen Prüfung für erfreulich“, kommentiert BVK-Präsident Michael H. Heinz das Ergebnis. „Es zeigt sich, dass das Konzept des Value for Money im deutschen Versicherungsmarkt funktioniert und kein generelles Marktversagen vorliegt. Zudem sind die Abschlusskosten für Versicherungsprodukte nicht unangemessen hoch. Das ist für den Versicherungsvertrieb auf Provisionsbasis eine gute Nachricht zum Jahresanfang.“
Hohe Stornos im Blick der BaFin
Bei allen weiteren Prüfungen hat die BaFin insbesondere Storno-Auffälligkeiten im Auge. Grundsätzlich werden aber eine Vielfalt an Kriterien geprüft, unter anderem die Effektivkosten, die Vergütungszahlungen an Versicherungsvermittler, hohe Stornoquoten, hohes Neugeschäft und Rückvergütungen an Vertriebspartner durch Fondsgesellschaften. Ein weiteres ergänzendes Kriterium ist die Wertentwicklung der fondsgebundenen Kapitalanlagen. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen will die Aufsicht aber eben vor allem einen Schwerpunkt auf die Stornos legen. Zwei der vier Versicherer, die 2025 intensiv geprüft werden sollen, fallen denn auch mit hohen Stornoquoten auf, so das Antwortpapier.
Ausweitung auf Schaden-, Unfall und Krankenversicherung in Vorbereitung
Versicherungsaufseherin Julia Wiens hatte zudem angekündigt, auch das Segment der Schaden- und Unfallversicherung sowie der Krankenversicherung in die Prüfungen mit einzubeziehen. Welche Anbieter hier mit Ansagen der BaFin rechnen müssen, ist derzeit aber noch in Prüfung.
Im Blick hat die BaFin in den Segmenten das Produktfreigabeverfahren und die Vertriebsvergütungen. Allerdings ist der geeignete, risikoorientierte Aufsichtsansatz erst noch in der Entwicklung. Für Anja Schulz, Mitinitiatorin der Kleinen Anfrage, stellt sich an der Stelle die Frage, ob die Ausweitung auf andere Sparten tatsächlich durch konkrete Missstände gerechtfertigt sei oder ob es sich lediglich um eine präventive Maßnahme handele. Die Pläne sprächen für ein hohes Misstrauen, sie betont dagegen die Bedeutung von Wettbewerb und von marktwirtschaftlichen Ansätzen.
EU-Kleinanlegerstrategie und mögliches Provisionsverbot
Wenig Neues gibt es auf die Frage nach einem möglichen Provisionsverbot im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie. Da die Trilogverhandlungen noch nicht begonnen haben, sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar, welche Regelungen für Zuwendungen und Provisionen in dem nach dem Trilog zwischen Rat, Europäischer Kommission und Europäischem Parlament geeinten Rechtstext enthalten sein werden. (bh)
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