Ein Artikel von Christian Mylius, Partner & Managing Director bei der EY-Parthenon Financial Services GmbH, und Johannes Schmidt, Director bei der EY-Parthenon Financial Services GmbH
Im Jahr 2021 erreichte das Transaktionsgeschehen im deutschen Maklermarkt seinen bisherigen Höhepunkt. Besondere Strahlkraft hatte der Kauf von FondsFinanz durch Hg Capital für nicht bestätigte 200 Mio. Euro für 60% der Anteile (Quelle: Versicherungsmonitor). Aber auch Maklerhäuser wie MRH Trowe, MLP, Ecclesia, Südvers sowie weitere Marktteilnehmer wie auch Versicherer erweiterten ihre Portfolios durch Zukäufe.
Die häufigsten Fragen, die angesichts der vielen Transaktionen und des gesteigerten Interesses seitens verschiedenster Käufertypen von Maklern, Versicherern bis hin zu Private-Equity-Fonds regelmäßig aufkommen, sind dreierlei:
- Wo stehen wir in Deutschland in Sachen Konsolidierung – am Anfang, mittendrin oder bereits am Ende der „Konsolidierungswelle“?
- Wo geht die Reise hin – wird sich der deutsche Maklermarkt ähnlich wie die Märkte in den USA oder im Vereinigten Königreich entwickeln?
- Machen Zukäufe eigentlich Sinn bzw. wie kann durch Transaktionen nachhaltig Wert geschaffen werden?
Die Konsolidierung im deutschen Maklermarkt ist in vollem Gange
Transaktionen zwischen Unternehmen in Form von Asset oder Share Deals gehören zunächst einmal zu den typischen Aktivitäten in jedem Markt. Auch im deutschen Versicherungs- bzw. Maklermarkt ist das nicht anders. Von Konsolidierung wird im Allgemeinen erst dann gesprochen, wenn die Konzentration des Geschäftsvolumens einer Branche durch Unternehmenskäufe steigt. Das kann, muss aber zunächst nicht mit einer abnehmenden Anzahl aktiver Unternehmen in einer Branche einhergehen.
Erste Konsolidierungstendenzen im Maklerumfeld waren in Deutschland vor knapp zehn Jahren zu erkennen. Dazu zählten beispielsweise die Übernahmen von IC Unicon durch die Artus Gruppe (Juli 2012) und der Erwerb von Glauerdt durch die Gossler, Gobert und Wolters Gruppe (Januar 2013). Auch die Martens & Prahl Gruppe war bereits damals mit vielen Akquisitionen aktiv, zumeist mit Minderheitsbeteiligungen. Seitdem ist sehr viel passiert, denn die Transaktionsdynamik hat rasant zugenommen und bei vielen Maklern ab einer bestimmten Größe klingelt derzeit wohl häufig das Telefon, um Verkaufsambitionen auszuloten.
Über Kooperationen mit anderen Unternehmen nachzudenken und gegebenenfalls auch im „M&A-Geschäft“ aktiv zu werden, macht strategisch aus zwei Gründen Sinn: Zum einen steigen die Marktanforderungen, unter anderem durch Regulierung, Digitalisierung, Fachkräftemangel, Covid-19 und zunehmend unsichere volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen. Zum anderen sind die organischen Wachstumschancen im Versicherungsmarkt limitiert. Durch einen starken Verbund oder gar einen Zusammenschluss lässt sich – ein professionelles Management der Transaktion und des „Lebens danach“ vorausgesetzt – die strategische, operative und finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens signifikant steigern.
Private Equity läutet neue Phase ein
Eine neue Phase der Konsolidierung im deutschen Maklermarkt hat mit dem Einstieg von Private-Equity-Unternehmen wie Summit Capital Partners, AnaCap Financial Partners, BlackFin Capital Partners, Hg Capital und weiteren kleineren professionellen Kapitelgebern begonnen. Private-Equity-finanzierte Maklerhäuser konnten nunmehr nicht ein bis zwei meist eigenkapitalfinanzierte Transaktionen pro Jahr durchführen, sondern teilweise mehr als zehn. Da das Angebot an geeigneten größeren Akquisitionsobjekten im Markt jedoch eher begrenzt ist, haben sich in der Folge viele hiesige Marktteilnehmer wiederum zu einer aktiveren M&A-Strategie entschieden, um möglichst schnell zu agieren. Dadurch entstand eine Transaktionsdynamik im Markt, die 2021 mit um die 50 Transaktionen ihren bisherigen Höhepunkt erreicht hat.
Der Blick auf andere Märkte wie USA oder UK hilft, das Transaktionsgeschehen im heimischen Markt einzuordnen. In den USA sind beispielsweise nur noch zwei der größten 30 Makler inhabergeführt, der Rest ist entweder börsennotiert oder Private-Equity-finanziert, Letzteres teilweise bereits im zweiten oder mittlerweile dritten „Rollover“. Zudem nahm die Anzahl an Transaktionen pro Jahr in den USA rasant zu. So wurden vor zehn Jahren noch etwa 150 bis 200 Maklerverkäufe pro Jahr gezählt, während es 2020 schon knapp 500 Transaktionen waren. Fast 70% dieser Transaktionen fand mit Private-Equity-Beteiligung statt. Ähnliche Trends sind im Vereinigten Königreich erkennbar, wo nur noch ein Fünftel der Top 20-Makler inhabergeführt ist. In Frankreich ist es immerhin die Hälfte. In Italien und Spanien sind noch mehr als 50% der Makler ohne Private-Equity-Beteiligung.
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