Wer nach einem unverschuldeten Unfall seinen Pkw zum Reparieren in eine Werkstatt bringt, kann von der gegnerischen Versicherung einen Nutzungsausfall verlangen. Diese Entschädigung richtet sich nach dem Automodell und dem Fahrzeugalter. Allerdings gibt es auch eine Schadenminderungspflicht. Der Geschädigte sollte sich deshalb um eine Reparatur zeitnah zum Unfall bemühen.
Ein Fahrzeughalter, dessen Auto im September 2021 auf einem Supermarktplatz von einem rückwärts ausparkenden Fahrzeug angefahren wurde, tat dies allerdings nicht. Wie es genau weiterging, beschreibt das Landgericht Flensburg (LG) in einer aktuellen Meldung – das Urteil selbst wird erst in Kürze veröffentlicht – so:
Verspätete Anzeige der Reparatur und Nutzung eines Zweitwagens
Der Mann nutzte erst mal sein Fahrzeug weitere zwei Monate, bevor er den Schaden begutachten ließ. Der herangezogene Sachverständige ermittelte Reparaturkosten in fünfstelliger Höhe und veranschlagte eine Reparaturdauer von vier bis fünf Arbeitstagen. Zudem wies er den Kläger auf die fehlende Verkehrssicherheit seines Fahrzeugs hin. Daraufhin nutzte der Mann das Fahrzeug seiner Lebensgefährtin – und zwar bis zum Ende des Rechtsstreits im Jahr 2023.
Da die Haftpflichtversicherung des Schädigers – also, der rückwärtsfahrende Ausparker – eine Regulierung des Schadens verweigerte, ließ der Mann sein Fahrzeug nicht reparieren. Etwa vier Monate nach dem Unfall reichte der Mann eine Klage auf Zahlung der voraussichtlichen Reparaturkosten sowie auf Ersatz des Nutzungsausfalls für sein beschädigtes Fahrzeug für eine Dauer von 78 Tagen in Höhe von 8.319 Euro ein.
Versicherer muss Reparatur bezahlen, Nutzungsausfall nur begrenzt
Schließlich entschied das Gericht, dass der Versicherer die Reparaturkosten zu bezahlen hat. Gleichermaßen muss er eine Nutzungsausfallentschädigung für die Reparaturzeit von fünf Tagen übernehmen. Für die weiteren 73 Tage, für die der Kläger ebenfalls einen Nutzungsausfall geltend machte, muss der Versicherer keine Entschädigung zahlen. Die Richter begründen dies damit, dass dem Geschädigten ein weiteres Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe und die fehlende Nutzung für ihn im Grunde nicht „fühlbar“ war.
Generell gilt: Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit
Mit Blick auf die Nutzungsausfallentschädigung heißt es generell, dass der Wille als auch die Möglichkeit zur Nutzung des Fahrzeugs vorhanden sein muss. Der Nutzungswille bedeutet, dass der Geschädigte das Auto tatsächlich verwenden möchte, zum Beispiel um täglich zur Arbeit zu fahren. Die Nutzungsmöglichkeit besagt, dass der Geschädigte auch in der Lage sein muss, das Auto zu nutzen.
LG Flensburg, Urteil vom 14.09.2023 – Az. 7 O 74/22
Bild: © cegli – stock.adobe.com
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können