Banken und Sparkassen hatten nach der Niedrigzinsphase Privatkunden nicht zum Zertifikate-Kauf gedrängt, so das Ergebnis einer BaFin-Studie zu Zins- und Express-Zertifikaten. Anders stellt sich die Situation der vergangenen Jahre bei Turbo-Zertifikaten dar, wie eine zweite Studie der Aufsicht herausfand. Die Aufsicht reagierte mit den beiden Untersuchungen auf das rege Marktgeschehen und auf Befürchtungen, dass man in eine neue Lehman-Situation schlittern könnte.
Anlagezertifikate: Keine Probleme in der Beratung, aber beim Zielmarkt
Die Finanzaufsicht hat keine Belege dafür gefunden, dass Banken und Sparkassen ihre Kunden, die an Einlageprodukten interessiert waren, nach der Zinswende stattdessen in Zertifikate „gedrängt“ hätten, so das Kernergebnis der einen Studie. Die BaFin hat für die Prüfung des Sachverhalts in der Zeit von Mai 2024 bis Februar 2025 Hersteller und Vertriebsunternehmen von Zins- und Express-Zertifikaten untersucht und darüber hinaus erstmals auch Kunden von Banken und Sparkassen befragt. Diese zeigten sich mit der Beratung zufrieden.
Mängel fand die BaFin jedoch bei der Produkt-Governance der Zins- und Express-Zertifikate. Fehlerhaft war teilweise die Konzeption der Zertifikate durch die Hersteller und Vertriebsunternehmen, für welche Kundengruppen und unter welchen Marktbedingungen die Zertifikate verkauft werden sollen, die sogenannte Zielmarktdefinition. Dabei hätten einige Unternehmen nicht mit der gebotenen Sorgfalt gearbeitet, so die Aufsicht. Zudem gab es Hinweise darauf, dass etwa 20 % der Kunden die Funktionsweise und Risiken von Express-Zertifikaten nicht vollumfänglich verstanden hatten.
Turbo-Zertifikate: Hohe Verluste bei stark gestiegenem Marktvolumen
In einer weiteren Studie hat die BaFin wie schon erwähnt den Markt für Turbo-Zertifikate für den Zeitraum 2019 bis 2023 untersucht. Dabei handelt es sich um Zertifikate mit einem Hebel und einer Knock-out-Schwelle.
Die Studie zeigt unter anderem, dass sich das Marktvolumen für Turbo-Zertifikate im Untersuchungszeitraum fast verdreifacht hat: Sie umfasste 113 Millionen Transaktionen von 543.000 deutschen Privatkunden. Beim Handel mit Turbo-Zertifikaten verloren über einen Zeitraum von fünf Jahren drei von vier Kunden (74,2 %) im Durchschnitt je 6.358 Euro. Insgesamt summierten sich die Verluste der Kunden auf 3,4 Mrd. Euro, wie die BaFin berichtet.
Angekündigte Maßnahmen der BaFin
Die BaFin wird Institute, bei denen sie Mängel bei Anlagezertifikate identifiziert hat, schriftlich auffordern, diese abzustellen und den Markt weiterverfolgen. Was die Turbo-Zertifikate angeht, will die BaFin detaillierte Ergebnisse der Studie spätestens im zweiten Quartal 2025 veröffentlichen. Zudem prüft die Finanzaufsicht, inwieweit hier weitere Maßnahmen zum Anlegerschutz notwendig sind. (bh)
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