Exchange Traded Funds, also ETFs, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, auch im Vergleich zu der „traditionelleren“ Anlagemöglichkeit der aktiv gemanagten Fonds. Man verlässt sich eher darauf, dass die Weltwirtschaft im Gesamten wächst und steckt sein Geld in einen indexabbildenden ETF, der auch noch weniger Gebühren abverlangt als die aktiv verwalteten Fonds. Laut Morningstar Global Asset Flows Report verzeichneten die Indexfonds 2022 weltweit Zuflüsse in Höhe von 747 Mrd. US-Dollar, während ihre aktiv verwalteten Pendants 1,27 Bio. US-Dollar abwarfen. Und: Der Anteil der passiven Fonds am Weltmarkt liegt mittlerweile bei 38%.
Doch für das Analysehaus ist die Frage, ob dies langfristig auch gut für Investitionen ist, nicht eindeutig. „Eine Welt ohne aktive Fonds? Langweilig und vielleicht sogar gefährlich“, lautet ein Artikel von Johanna Englundh auf der Morningstar-Website, der die Nachteile und Gefahren einer rein passiven Investmentwelt beleuchtet.
Mehr und mehr passive Investments
Der Weltmarktanteil von 38% bei passiven Fonds kommt nicht von irgendwoher. Zwischen 2008 und 2013 ist er um etwa 1% pro Jahr gestiegen, von 2015 bis 2020 dann schon um 2% pro Jahr. Hinzu kommt, so Englundh, dass Morningstar-Studien zufolge aktiv verwaltete Fonds es im Allgemeinen nicht geschafft haben, zu überleben und ihre durchschnittlichen passiven Konkurrenten zu schlagen. Das Morningstar-Aktiv-Passiv-Barometer zeigte, dass die Erfolgsquote für aktive Aktienmanager in Europa in den zehn Jahren bis Ende Dezember 2022 bei 23% lag – für aktive Rentenfondsmanager betrug sie sogar nur 19%. (AssCompact berichtete: Aktive Fonds bleiben hinter ihren passiven Konkurrenten zurück)
Eine weitere wichtige Rolle spielen die Gebühren, erläutert Englundh. Im Zehnjahreszeitraum bis Dezember 2022 waren die billigsten Fonds in den Vereinigten Staaten mehr als doppelt so häufig erfolgreich wie die teuersten – 36% gegenüber 16%. Einige aktiv verwaltete Fonds könnten ihre hohen Gebühren allerdings durch höhere Renditen ausgleichen – zumindest manchmal. Die Morningstar-Untersuchungen würden, gibt Englundh zu, nahelegen, dass es langfristig sicherer sei, in einen Indexfonds zu investieren, da der Versuch, den Markt zu schlagen, in der Regel zu niedrigeren Renditen führe, als wenn man den Markt lediglich kauft. Dass man mit einem aktiv gemanagten Fonds nicht gewinnen könnte, sei aber wiederum auch nicht wahr.
Doch das Ziel dieser Untersuchungen sei es nicht, zu zeigen, dass passives Investieren der aktiven Anlage „überlegen“ sei. Sie sollen lediglich aufzeigen, dass es „ein schwieriges Unterfangen“ sei, Alpha über die Standardmarktrenditen hinaus zu erzielen, sagt Jose Garcia-Zarate, Associate Director, Passive Strategies Research bei Morningstar. Das Problem bei aktiven Anlageprodukten sei, so Garcia-Zarate, dass man die aktiven Manager identifizieren müsse, die effektiv jenes Alpha generieren können.
Passives Investieren schädlich für die Wirtschaft?
Doch beim reinen passiven Investieren gibt es auf der Kehrseite ein anderes Problem, zitiert Englundh einen Artikel von James Ledbetter, Redakteur des Magazins Inc., auf newyorker.com. Effektiv laufen bei der passiven Anlage die Investitionsentscheidungen auf „Autopilot“. Und in solch einem Fall würde dann „immer mehr Geld in eine Reihe von Unternehmen fließen, die weitgehend unabhängig von den Überlegungen sind, die Investoren traditionell geleitet haben – wie Angebot, Nachfrage, Managementleistung, Wachstumspotenzial oder breitere wirtschaftliche Faktoren“, so Ledbetter.
Kurzum: Wenn es mehr passive als aktive Anleger gibt, flösse weiteres Geld in die größten Unternehmen, unabhängig davon, ob diese Unternehmen Leistung erbringen oder nicht. Wenn also jeder Anleger ein indexabbildendes Produkt wählt, dann würde lediglich das wertvollste Unternehmen die Nimmer eins bleiben und immer größer werden. Ledbetter zufolge könnten aktive Anleger dieser Bewegung entgegenwirken.
Passives Anlegen geht gegen unsere Natur
Für Garcia-Zarate spielt auch der Faktor der menschlichen Natur eine Rolle. Seiner Meinung nach wäre eine Welt mit ausschließlich Indexfonds nicht nur „schrecklich langweilig“, sondern würde auch gegen „unseren natürlichen Drang zur Leistungssteigerung verstoßen […] Die Intelligenz der Masse (auch passiv genannt) ist eine mächtige Kraft, aber das sollte keine Entschuldigung dafür sein, den individuellen Wunsch, besser zu werden und sich zu verbessern, zu negieren.“
Dass in den vergangenen Jahren aktiv gemanagte Produkte schlechter performt haben, gehört für ihn dazu: „Langfristig erfolgreich zu sein, ist harte Arbeit und kein linearer Prozess, d. h. es kann kurzfristige Phasen mit schwachen Leistungen geben.“ (mki)
Bild: © Michail Petrov – stock.adobe.com
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