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18. Juli 2024
Immobilienquote der Versicherer stagniert erstmals seit Langem

Immobilienquote der Versicherer stagniert erstmals seit Langem

Die Immobilienquote der Versicherer verharrt auf hohem Niveau. Laut EY Trendbarometer Immobilienanlagen der Assekuranz wollen die befragten Gesellschaften ihr Immobilienportfolio derzeit nicht weiter ausbauen. Die Asset-Klasse Büro büßt deutlich an Attraktivität ein, aber auch der Bereich erneuerbare Energien.

Der Anteil von Immobilien in den Portfolios der Versicherungsunternehmen lag im vergangenen Jahr bei 13,1%. Im Jahr davor waren es 13%. Somit stagniert die Immobilienquote in der Assekuranz – wenn auch auf einem Rekordhoch, wie das aktuelle Trendbarometer Immobilienanlagen der Assekuranz zeigt. An der Umfrage von EY Real Estate haben sich ca. 30 Versicherungsunternehmen beteiligt.

„Immobilienanlagen haben bei der Assekuranz derzeit keinen leichten Stand. Im Vergleich zu anderen Anlageklassen verlieren sie durch die höheren Zinsen an Attraktivität. Hinzu kommen die Herausforderungen im Zuge der notwendigen energetischen Transformation, die zusätzlichen Aufwand und Mehrkosten verursachen, was die erzielbaren Renditen schmälert. Immobilienanlagen bleiben dennoch fester Bestandteil in den Portfolios der Assekuranz“, erklärt Jan Ohligs, Partner bei EY Real Estate und Autor der Studie.

Kein Versicherer will derzeit Immobilienportfolio erweitern

Mehr als 80% der befragten Gesellschaften möchten ihre Immobilienquote derzeit stabil halten. Wollten in der Vorjahresbefragung noch 14% ihr Immobilienportfolio weiter ausbauen, hat dies laut aktueller Erhebung kein Versicherer vor. Indes planen 19%, ihre Immobilienquote zu senken. 2023 lag der Anteil noch bei 16%. Ein Viertel der Versicherer haben vor, künftig mehr Immobilien zu verkaufen als zu kaufen. Zudem beabsichtigen in der kurz- bis mittelfristigen Planung 68% der Befragten eine Bereinigung ihres Portfolios. „Was wir derzeit erleben, ist der Vollzug neuer Portfoliostrategien, der mit Umschichtungen etwa hinsichtlich Nutzungsarten, Risikoklassen oder der regionalen Verteilung einhergeht“, so Ohligs weiter.

Renditeerwartungen steigen wieder leicht

Nachdem die Renditeerwartungen im vergangenen Jahr deutlich gesunken waren, zeigt sich in der aktuellen Umfrage nun wieder eine leichte Zunahme: Beim indirekten Bestand geht es von 4,2 auf 4,5% nach oben und beim Direktbestand von 3,8 auf 3,9%. Hierzu passe laut EY Real Estate die aktuelle Verschiebung beim Risikoprofil: War in der vergangenen Befragung noch „Core“ die beliebteste Risikostrategie bei Immobilienanlagen, ist es nun die leicht risiko-, aber eben auch renditeträchtigere Kategorie „Core+“ (81%).

Was die Motive für Immobilienkäufe angeht, gaben die Versicherer am häufigsten die ESG-Konformität an, gefolgt von Diversifizierung und Opportunitäten. Ursachen, Objekte zu verkaufen, waren zum einen der hohe Aufwand für ESG-Maßnahmen sowie eine angestrebte Verringerung der Immobilienquote und das Schaffen von Liquidität.

„Immobilien mit schlechtem ESG-Standard werden nicht nur im Ankauf immer uninteressanter, sondern zunehmend auch zur Belastung in den Portfolios der Versicherer“, erläutert Ohligs.

Deutschland gefragtester Investitionsstandort in Europa

Schon im vergangenen Jahr stand Europa als Investitionsstandort bei Versicherern nicht mehr so hoch im Kurs. Dieser Trend hat sich nun weiter verstärkt: 2024 sagten nur noch 22%, hier ihren Schwerpunkt setzen zu wollen. Klare Zustimmung äußerte kein Umfrageteilnehmer mehr. Die beliebtesten Investitionsstandorte sind derzeit Nordamerika sowie Asien und Ozeanien. Innerhalb Europas ist Deutschland der beliebteste Standort für Immobilieninvestitionen der Assekuranz und kann wieder leicht zulegen gegenüber dem Vorjahr (81% gegenüber 77% im Jahr 2023).

Die meisten Asset-Klassen sinken in der Gunst

Wohnimmobilien bleiben wie im Vorjahr die begehrteste Nutzungsart (69%), gefolgt von Logistikimmobilien. Diese Asset-Klasse ist aber nicht mehr so attraktiv: Legten im Jahr 2023 noch 77% der Befragten ihren Fokus auf den Bereich Logistik, sind es nun noch 62%. Noch deutlicher büßt die Infrastruktur ein – von 64% im vergangenen Jahr auf nun 3%.

Büroimmobilien, auf die seit jeher der größte Teil der Immobilienportfolios der Versicherer entfällt, verlieren stark und bilden nur noch bei 19% der Befragten den Investmentschwerpunkt. 2023 setzt noch knapp über die Hälfte der Versicherer ihr Augenmerk auf Büros (52%).

Zurückhaltung auch bei Investments in erneuerbare Energien

Auch Investitionen in erneuerbare Energien sind laut Trendbarometer nicht mehr so attraktiv wie im Vorjahr: Der Anteil an Zustimmung ist von 70% auf 53% gesunken. Bei der Online-Pressekonferenz, auf der die Ergebnisse des Trendbarometers vorgestellt wurden, führten die Experten die gesunkene Zustimmung in diesem Bereich auf das Hin und Her bei den Förderungen zurück. Angesichts langer Vorausplanungen von Investments habe dies zu Verunsicherung geführt, was Immobilieninvestments im Bereich erneuerbare Energien angeht.

Dagegen sind Hotelimmobilien in der Gunst der Gesellschaften gestiegen auf 31% gegenüber 18% im Vorjahr. Eine untergeordnete Rolle spielen für die Assekuranz Life-Science- und Gesundheits- sowie Einzelhandelsimmobilien.

Direktbestand weiter die bevorzugte Investitionsart

Der Direktbestand bleibt für Zukäufe die beliebteste Anlageform der Befragten und legt von 57% im Vorjahr auf 62% zu. Dagegen büßen Alternative Immobilieninvestments an Relevanz ein – von 40% im Jahr 2023 auf 25%. Geschlossenene Fonds (56%) bleiben mehr im Fokus als offene Fonds (31%).

Umsetzung von CO2-Einsparzielen hat in Portfoliostrategien Priorität

Ganz oben steht bei allen befragten Gesellschaften die energetische Ertüchtigung ihrer Bestände auf der Agenda. Dabei gaben 62% an, die erforderlichen Maßnahmen selbst durchzuführen und die betroffenen Objekte dafür im Bestand zu halten. 62% planen, auch bereits ertüchtigte Immobilien zu kaufen. Nach Einschätzung von 93% der Umfrageteilnehmer zahlen sich nachhaltige Immobilienanlagen nicht nur ökologisch, sondern auch finanziell beim Wiederverkauf aus.

„Es zeigt sich deutlich, dass ein Haupttreiber für die aktuellen Portfoliostrategien die ESG-Compliance ist. Die Versicherungen sind grundsätzlich stark von der Regulatorik getrieben und insofern anderen Markteilnehmern auf diesem Feld vielleicht sogar voraus. Dass ESG-konforme Anlagen dadurch auch ökonomisch durchaus Sinn ergeben können, wird seitens der Assekuranz nicht mehr bezweifelt“, erklärt Christoph Haub, Senior Manager bei EY Real Estate und ebenfalls Studienautor. (tik)

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