Naturgefahren wie Stürme, Tornados oder Hagel haben im ersten Halbjahr 2022 in Deutschland versicherte Schäden in Höhe von rund 3 Mrd. Euro verursacht. Damit ist 2022 bisher ein überdurchschnittliches Schadenjahr, resümiert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) die Schadenlage nach den ersten sechs Monaten.
Wintersturmserie 2022 zählte zu den schwersten seit 2002
In der Regel beträgt der langjährige Durchschnitt der erwarteten Schäden für Sturm- und Hagelschäden für das erste Halbjahr laut GDV-Angaben rund 1 Mrd. Euro. Von Januar bis Juni 2022 kletterten die Schäden aus Naturgefahren damit um das rund Dreifache des langjährigen Erwartungswertes. Allein die Wintersturm-Serie „Ylenia“, „Zeynep“ und „Antonia“ im Februar 2022 sorgte mit 1,4 Mrd. Euro für fast 50% der Schäden, merkte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen an (AssCompact berichtete).
Damit liege die Sturmserie auf Platz 3 der schwersten Winterstürme seit 2002, nur knapp hinter Sturmtief Jeanette vom Oktober 2002.
Großteil der Schäden entfällt auf Gebäude
Schwere Schäden richtete im Mai auch der Tornado „Emmelinde“ in Paderborn, Höxter und Lippstadt an. Große Überschwemmungen und Starkregen mit hohen Schäden gab es in den ersten sechs Monaten hingegen laut GDV nicht. Die bisherigen Elementarschäden von 100 Mio. Euro liegen deshalb weit unter dem Erwartungswert für 2022. Von den 3 Mrd. Euro an Gesamtschäden entfielen wiederum 2,5 Mrd. Euro auf Schäden an Häusern, Hausrat sowie Gewerbe- und Industriebetrieben und weitere Naturgefahren. Und auch die Kraftfahrtversicherer registrierten im ersten Halbjahr etwas mehr Schäden als sonst. Mit 500 Mio. Euro liegt auch hier das Halbjahresergebnis leicht über dem Durchschnitt.
Gleichwohl stagniert der Versicherungsschutz gegen Elementargefahren auf vergleichsweise niedrigem Niveau. Nach aktuellen Zahlen vom GDV hat derzeit nur etwa die Hälfte der Hausbesitzer in Deutschland den notwendigen Versicherungsschutz vor Elementargefahren wie Starkregen oder Hochwasser vereinbart. Viele sind sich ihrer individuellen Bedrohung durch Naturgefahren wohl immer noch nicht bewusst, gibt der Versichererverband daraufhin zu Bedenken.
Das schadenreichste Naturgefahrenjahr
Rückblickend auf die vergangenen fast 50 Jahre gilt hinsichtlich Naturgefahren das abgelaufene Jahr 2021 als das schadenreichste Jahr für die Versicherer in Deutschland. Stand August 2022 summierten sich die Schäden an Gebäude, Hausrat und Kfz nach GDV-Angaben auf mittlerweile rund 12,6 Mrd. Euro. Nahezu 75% dieser Schäden – nämlich 9,2 Mrd. Euro – entfallen dabei auf Gebäude- und Hausratschäden infolge der Starkregenkatastrophe im Juli 2022 in Westdeutschland an den Flüssen Ahr und Erft. Weitere sehr schadenreiche Jahre sind 2002 und 1990.
Während 2002 ebenfalls eine Flutkatastrophe an Elbe und Donau hohe Elementarschäden verursachte, standen die Schäden 1990 im Zeichen heftiger Winterstürme. Den Anfang machte damals das Orkantief „Daria“ Ende Januar, weitere Orkantiefs folgten mit „Vivian“ und „Wiebke“ im Februar 1990, sodass sich die Sturmschäden im Gesamtjahr auf fast 11 Mrd. Euro summierten.
Weltweit lagen die versicherten Schäden im Durchschnitt
Weltweit betrachtet lagen die versicherten Schäden infolge von Naturgefahren im ersten Halbjahr 2022 im Rahmen des Durchschnitts. Nach Angaben des Rückversicherers Munich Re haben Naturkatastrophen weltweit sogar geringere Schäden angerichtet als im Vergleichszeitraum 2021. Überflutungen, Erdbeben und Stürme verursachten demnach einen Gesamtschaden von etwa 65 Mrd. US-Dollar nach 105 Mrd. US-Dollar im sehr schadenträchtigen Vorjahr. Die versicherten Schäden lagen mit etwa 34 Mrd. US-Dollar im Rahmen der vergangenen Jahre.
Australien zu nass, die USA zu stürmisch und Europa zu trocken
Regional betrachtet waren vor allem Australien und die USA stark betroffen. Während Australien infolge extremer Regenfälle und Überschwemmungen mit 3,7 Mrd. US-Dollar einen neuen Rekord an versicherten Schäden verzeichnete, entfielen auf die USA mit rund 19 Mrd. US-Dollar knapp zwei Drittel der versicherten Schäden weltweit. Serien von Schwergewittern mit Tornados waren dafür die Hauptursache. In Europa wiederum verursachten unterdessen mehrere Winterstürme sowie starke Hitze, Trockenheit und Waldbrände größere Schäden an Gebäuden, in der Landwirtschaft sowie in der Industrie. Konkrete Schadenzahlen nannte der Rückversicherer aber nicht. (as)
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