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24. Januar 2023
Hinweisgeberschutzgesetz: Chance statt Gefahr
Hinweisgeberschutzgesetz: Chance statt Gefahr

Hinweisgeberschutzgesetz: Chance statt Gefahr

Die Ampelregierung in Berlin hat im Koalitionsvertrag klargestellt, dass sie die EU-Whistleblower-Richtlinie in Form eines Hinweisgeberschutzgesetzes zügig umsetzen will. Wen dieses neue Gesetz schützen soll und welche Aufgaben sich nun für Unternehmen stellen, erklärt ein Rechtsexperte.

Ein Artikel von Dr. Karsten Umnuß, Rechtsanwalt und Partner der internationalen Kanzlei gunnercooke

Spätestens seit den Enthüllungen des US-Amerikaners Edward Snowden werden sogenannte Whistleblower in der Öffentlichkeit deutlich positiver als zuvor wahrgenommen. Aktuell sorgt die EU-Richtlinie 2019/1937 und die geplante Umsetzung in deutsches Recht für eine Weiterführung dieser Entwicklung: Das neue Hinweisgeberschutzgesetz wird unter anderem den Schutz von Personen regeln, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt haben. Gleichzeitig sollen die Interessen von Unternehmen und öffentlicher Verwaltung mit dem verbesserten Hinweisgeberschutz in Einklang gebracht werden, sodass bürokratische Belastungen überschaubar bleiben. Und anders als oft gedacht kann natürlich das Auf­decken von Missständen und das Bekennen zu gesetzeskonformem Verhalten zu einem Imagegewinn für das Unternehmen führen.

Im Zweifel für den Hinweisgeber

Unter den Schutzbereich des Gesetzes als Hinweisgeber fallen alle Personen, die den vorgesehenen Meldestellen Informationen über Verstöße offenlegen. Auch Menschen, die von einer Enthüllung betroffen sind, werden abgesichert. Wichtig: Das neue Hinweisgeberschutzgesetz betrifft nur Aktivitäten, die per Gesetz ohnehin verboten sind, wie beispielsweise Straftaten, Diskriminierung, Bestechlichkeit oder Insiderhandel. Unternehmensinterne Informanten gelten damit als hervorragendes Frühwarnsystem und ermöglichen es, illegale Machenschaften und Strukturen früh aufzudecken sowie diese Probleme unternehmensintern zu lösen. Firmen können also proaktiv gegen Missstände vorgehen und vermeiden erhebliche Bußgelder sowie Imageschäden.

Sicher ist sicher

Bereits seit dem 18.12.2021 nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der EU-Richtlinie in nationales Recht ist der öffentliche Sektor in Deutschland dazu verpflichtet, interne Hinweisgebersysteme anzubieten. Die EU-Whistleblower-Richtlinie sieht zwar Ausnahmen vor, davon sind aber nur Kommunen mit weniger als 10.000 Einwohnern oder unter 50 Mitarbeitern betroffen. Private Firmen sollten dennoch nicht bis zum Inkrafttreten des nationalen Gesetzes warten, sondern bereits jetzt die Zeit nutzen, geeignete Kanäle und Verfahren zum Umgang mit Hinweisen einzurichten. Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern sowie solche aus dem Bereich Financial Technology müssen diese laut Entwurf sofort einführen. Betriebe mit 50 bis 249 Angestellten erhalten eine Übergangszeit bis Dezember 2023.

Das ist zu tun

Die Anforderungen an entsprechende Kanäle sowie die Behandlung von eingehenden Informationen sind in der Whistleblower-Richtlinie benannt. So muss das Verfahren mündlich, schriftlich und auf Wunsch persönlich möglich sein. Vorgeschrieben sind außerdem interne und externe Kanäle. Eine externe Meldestelle wird beispielsweise das Bundesamt für Justiz neu einrichten, in speziellen Zuständigkeitsbereichen sollen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und das Bundeskartellamt mit ihren bereits etablierten Hinweisgebersystemen mit Sonderzuständigkeiten fungieren.

Intern sind beispielsweise ein elektronisches Hinweisgebersystem und Mitarbeiter aus der Compliance-Abteilung als Ansprechpartner denkbar. Sie sind verpflichtet, dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen den Eingang des Tipps zu bestätigen. Außerdem müssen sie ihn innerhalb von drei Monaten darüber informieren, welche Maßnahmen ergriffen wurden. Sollte ein Hinweis ohne Rückmeldung bleiben oder die betroffene Person einen hinreichenden Grund für eine Gefährdung des öffentlichen Interesses sehen, fallen Whistleblower beim Gang an die Öffentlichkeit ebenfalls unter den Schutz des Hinweisgebergesetzes.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 01/2023, S. 110, und in unserem ePaper.

Bild: © Rawf8 – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Dr. Karsten Umnuß