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4. Juli 2024
Hinter den Zahlen: BaFin lässt Solvenzquoten neu berechnen

Hinter den Zahlen: BaFin lässt Solvenzquoten neu berechnen

Die Solvenzquoten der Versicherer wurden für Versicherungsmakler ein wichtiges Kriterium bei der Anbieterauswahl. Die Quote gibt es mit und ohne Übergangsmaßnahmen. Das aktuelle Zinsumfeld sorgt nun für Entspannung. Die BaFin setzt deshalb eine Neuberechnung an. Darauf gilt es zu achten.

Mit Einführung von Solvency II wurden die Solvenzquoten der Versicherer für Versicherungsmakler ein weiteres Prüfungsmerkmal. Versicherer, die gute Solvenzzahlen vorzuweisen haben, stellen diese seither gerne ins Schaufenster. Infolgedessen wird sogar empfohlen, die Aussagekraft dieser Kennzahl nicht zu überschätzen.

Unterschieden wird, ob die Solvenzquoten mit oder ohne Übergangsmaßnahmen erreicht werden – mitunter macht dies einen sehr großen Unterschied aus. Die Übergangsmaßnahmen sollten den schrittweisen Übergang von vorherigen Solvenzregelungen auf Solvency II ermöglichen.

Unter dem neuen Aufsichtsregime waren Vermögenswerte und Verbindlichkeiten seitdem, soweit möglich, zu Marktwerten zu bewerten. Das führte in der Niedrigzinsphase für die deutschen Lebensversicherer aufgrund ihrer hohen und langfristigen Garantieverpflichtungen zu strengeren Kapitalanforderungen. Deshalb wurde für die Versicherer eine Übergangsmaßnahme für versicherungstechnische Rückstellungen eingeführt: das Rückstellungstransitional.

BaFin: Sogenanntes Rückstellungstransitional nicht mehr sachgerecht

Die Zeiten und die Zinsen haben sich geändert und die BaFin hat die Lebensversicherer aufgefordert, das Rückstellungstransitional neu zu berechnen. In einem Artikel im BaFin-Journal heißt es, dass die BaFin die Unternehmen anspornen will, die Anforderungen unter Solvency II so schnell wie möglich zu erfüllen. Dort schreibt die Autorin Dr. Hannah Wesker von der Versicherungsaufsicht, dass das Rückstellungstransitional im aktuellen Zinsumfeld in seiner Höhe nicht mehr angemessen sei. Es könne sogar zu Fehlanreizen kommen.

Schon im Frühjahr hatte sich Julia Wiens, Exekutivdirektorin für den Geschäftsbereich Versicherungs- und Pensionsfondsaufsicht der BaFin, auf einer GDV-Veranstaltung entsprechend geäußert. Sie bezeichnete die Solvenzquoten als nicht mehr sachgerecht, deshalb wolle man auch das finale Solvency-II-Review nicht mehr abwarten. Die Versicherer seien auch ohne diese Übergangsmaßnahme im Allgemeinen ausreichend bedeckt. Daher stehe eine Neuberechnung des Abzugsbetrags an.

Versicherer sollen Abzugsbetrag neu berechnen

Das Rückstellungstransitional reduziert die versicherungstechnischen Rückstellungen und erhöht somit die Eigenmittel der Versicherer. Der entsprechende Abzugsbetrag wurde im Jahr 2016 durch die Unternehmen erstmals berechnet. Diese schreiben ihn seitdem jedes Jahr planmäßig ab – bis zum Ende des Übergangszeitraums im Jahr 2032.

Das BaFin-Journal erklärt die Hintergründe. Der starke Zinsanstieg seit 2022 habe bei den Lebensversicherern zu einem Rückgang der versicherungstechnischen Rückstellungen unter Solvency II geführt, damit seien die Eigenmittel gestiegen. Auch die Solvenzkapitalanforderungen sanken. Die durchschnittlichen Solvenzquoten stiegen daher 2022 und 2023 sehr stark an. Das ging so weit, dass die versicherungstechnischen Rückstellungen gemäß Solvency II unter denen von gemäß Solvency I fielen. Die künstliche Absenkung der versicherungstechnischen Rückstellungen sei deshalb in der aktuellen Höhe nicht mehr erforderlich, so die BaFin. Die Versicherer müssen deshalb neu rechnen.

Niedrigere Solvenzquoten nach Neuberechnung

Bei Lebensversicherern, die die Übergangsmaßnahmen anwenden, führt die Neuberechnung zu niedrigeren Solvenzquoten. Insgesamt sind die deutschen Lebensversicherer mittlerweile jedoch auch ohne Übergangsmaßnahmen ausreichend bedeckt, so die BaFin.

Das Rückstellungstransitional soll nun dynamisch ausgestaltet werden und zukünftig bei Bedarf neu berechnet werden. Als ersten Schritt hat die BaFin daher zum zweiten Quartal 2024 erstmals angeordnet, dass die Unternehmen den Abzugsbetrag neu berechnen müssen. Die Übergangsmaßnahmen bleiben aber für den Fall der Fälle weiter erhalten – für den vorgesehenen Zeitraum bis 2032. Erklärtes Ziel der BaFin ist aber, dass die Versicherer die Solvency-II-Anforderungen stabil und so bald wie möglich ohne Übergangsmaßnahmen erfüllen. (bh)

 

Bild: © wladimir1804 – stock.adobe.com