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18. Juli 2024
Handlungsfelder für Versicherer in puncto Datenkompetenz

Handlungsfelder für Versicherer in puncto Datenkompetenz

Generative KI & Co. erhöhen den Wert von Daten noch weiter. Eine Studie aus der Schweiz hat Herausforderungen beleuchtet, die sich daraus für die Assekuranz ergeben. Welche Handlungsfelder sollten Versicherer im Blick haben, um das Datenpotenzial voll auszuschöpfen?

Die an sich schon hohe Relevanz von Daten in der Versicherungswirtschaft nimmt infolge technologischer Entwicklungen in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI), fortgeschrittener Datenanalysemöglichkeiten (Advanced Analytics) und generativer Sprachmodelle mit künstlicher Intelligenz (Large Language Models, kurz LLM) weiter zu. Für die Assekuranz geht dies mit Veränderungen und Herausforderungen einher. Schon jetzt haben die technologischen Erneuerungen spürbare Auswirkungen und erheblichen Einfluss auf die Arbeitsweise, die Anforderungen und die Art der Zusammenarbeit. Dieser Trend wird voranschreiten.

Status quo der digitalen Transformation und Entwicklungen

Im Rahmen einer Studie haben die Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZAHW), Amazon Web Services (AWS) und der IT-Dienstleister Cognizient den aktuellen Stand der digitalen Transformation und die weitere Entwicklung in den Bereichen generative KI und Datenanalytik beleuchtet. Dabei haben sich die Experten mit der Frage befasst, welche Datenkompetenzen Versicherer in Zukunft brauchen und was das für die Beschäftigten bedeutet. Aus den Ergebnissen wurden fünf Handlungsempfehlungen für Versicherer abgeleitet, um das volle Potenzial der Daten und die methodisch-technischen Möglichkeiten auszuschöpfen, Risiken effektiv zu managen und Innovationen zu fördern.

Experteninterviews und Auswertung von Stellenanzeigen

Für die Studie wurden unterschiedliche Quellen ausgewertet. Unter anderem fanden im Jahr 2023 Interviews mit 26 Experten aus der Versicherungsbranche und Beratung statt. Außerdem erfolgte eine Online-Befragung mit 63 Teilnehmern aus dem Alumni-Netzwerk des Instituts für Risk & Insurance der ZHAW School of Management and Law, um die Perspektive von Mitarbeitern im Versicherungssektor zu erfassen. Schließlich wurden anhand von rund 750 Stelleninseraten von sechs in der Schweiz tätigen Erstversicherern analysiert, wie sich Datenkompetenzen in den Anforderungen widerspiegeln, die Versicherer in ihren Stellenangeboten kommunizieren.

Risiken genauer bewerten, Kundenorientierung verbessern

Der Studie zufolge hat sich der Fokus der Datenanalytik von der reinen Auswertung hin zu Vorhersage sowie zu Handlungs- und Entscheidungsorientierung verlagert. Durch die neuen Technologien ergeben sich zunehmende Möglichkeiten, aus analysierten Daten geschäftsrelevante Informationen zu ziehen. Ziel soll laut Studie keine vollständige Automatisierung sein, sondern die Verbesserung von Arbeitsprozessen entlang der Wertschöpfungskette. Mit der Einbindung neuer Technologien in operative Prozesse bemühen sich die Versicherer um ein genaueres Bewerten der Risiken und eine durchgehende Kundenorientierung mit verbesserten Interaktionen. Weitere Punkte sind Kosteneffizienz, ein datenbasiertes, auf objektiven Einsichten gestütztes Handeln sowie die Entwicklung innovativer Versicherungsprodukte. Die Studienteilnehmer wünschen sich End-to-End-Prozesse sowie effizientere, regelkonforme Prozesse.

Fachwissen gebündelt mit Datenmanagement/-analyse und KI

Die Kombination von Fachexpertise und Datenanalytik soll ein tiefes 360-Grad-Kundenverständnis ermöglichen sowie darauf abgestimmte schnelle Antworten und Aktivitäten. Mit dieser Fähigkeit soll es Versicherern gelingen, sich von der Konkurrenz abzuheben und langfristig die Profitabilität zu sichern. Laut Studie unterstreichen viele Befragte, dass der menschliche Kontakt mit Kunden dabei weiterhin grundlegend bleibt. So wird ein Interviewpartner in der Studie wie folgt zitiert: „Digitalisierung bei den Jungen bedeutet: Ich schreibe eine WhatsApp-Message an den Freund, der bei einer Versicherung arbeitet, und sage ‚Schaust Du bitte?‘.“

Fünf Handlungsfelder
  • 1. Vision mit Zielen und Prioritäten in Einklang bringen

Angesichts der dynamischen Entwicklungen in Datenanalytik und KI ist es laut Studie essenziell, eine auf geschäftlichen Zielen basierende Vision zu entwickeln, die regelmäßig auf den Prüfstand gestellt wird, und Projekte entsprechend zu priorisieren.

  • 2. Modelle der Zusammenarbeit und Kompetenzen fördern

„Eine innovations- und datengetriebene Kultur mit Experimentierfreude und Fehlertoleranz sowie aktiver Risikokontrolle erfordert gezielte Sensibilisierung und Weiterbildung der Mitarbeitenden“, schreiben die Studienautoren.

  • 3. Organisatorische und technische Voraussetzungen bereitstellen

Umumgänglich ist es für Versicherer, die erforderlichen Voraussetzungen für datengetriebene Arbeitsweisen und den Einsatz von KI zu schaffen.

  • 4. Datenanalytik und KI als Unternehmensfähigkeit wertschöpfend implementieren

Der Umgang und Nutzen von Daten für den Versicherungsbetrieb müssen konkret aufgezeigt werden – und zwar differenziert für die verschiedenen Anwendungsbereiche vom Aktuariat bis zum Vertrieb.

  • 5. Bewusstsein schaffen, um Arbeitsweisen neu zu gestalten

Richtlinien und Strukturen für Datenmanagement, -qualität, -sicherheit und Compliance gilt es, mit Leben zu füllen. Hierzu ist es erforderlich, dass Vorgesetzte und Mitarbeiter sich der geschäftlichen Bedeutung dieser Themen bewusst sind.

Abschließend heißt es von den Studienautoren:

„Hinsichtlich der Bedeutung von Daten für das Versicherungsgeschäft ist keine Überzeugungsarbeit zu leisten. Die Versicherungsunternehmen müssen vielmehr auf der Grundlage einer klaren Vision und daraus abgeleiteten strategischen Prioritäten den Nutzen technischer und methodischer Innovationen in konkreten Anwendungsfällen aufzeigen.“ (tik)

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