Ende vergangenen Jahres ließ ein Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) aufhorchen: Demnach könnten in bestimmten Fällen Arbeitgeber oder Vereine, die Gruppenversicherungen abschließen, als Versicherungsvermittler einzustufen sein (AssCompact berichtete).
BaFin und DIHK machen gemeinsame Sache
Für Arbeitgeber oder Vereine, die für ihre Beschäftigten oder Mitglieder zum Beispiel eine Krankenzusatz- oder Unfallpolice abschließen, stellt sich damit die Frage, in welchen Fällen sie zum Versicherungsvermittler werden. Mit diesen Folgen des Urteils hat sich nun die nationale Finanz- und Versicherungsaufsicht BaFin auseinandergesetzt. Gemeinsam mit der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat die BaFin eine Aufsichtsmitteilung veröffentlicht, wie sich das EuGH-Urteil auf den Vermittlerstatus von Versicherungsnehmern von Gruppenversicherungsverträgen auswirkt.
„Die Behörde schafft damit Klarheit und schützt – was ebenso wichtig ist – unseren Berufsstand. Denn für die Vermittlung von Versicherungsverträgen ist Qualifikation und Fachwissen nötig. Schließlich geht es um die Absicherung von Menschen und Gütern, lobt Michael H. Heinz, Präsident beim Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK), die BaFin-Mitteilung.
Schlussfolgerungen aus dem EuGH-Urteil
Laut Aufsichtsmitteilung wird demnach ein Versicherungsnehmer eines Gruppenversicherungsvertrages sicher als Versicherungsvermittler tätig, wenn
- er eine Vergütung erhält bzw. ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgt und
- die Mitgliedschaft im Gruppenversicherungsvertrag freiwillig ist und
- die versicherten Personen das Recht haben, Versicherungsleistungen gegenüber dem Versicherungsunternehmen in Anspruch zu nehmen.
Wichtig ist: Diese vom EuGH aufgestellten Kriterien müssen laut BaFin kumulativ erfüllt sein, damit ein Verein oder Arbeitgeber als Versicherungsvermittler im Rahmen einer Gruppenversicherung aktiv ist.
Mitteilung schildert mehrere Fallbeispiele
Die BaFin weist zudem darauf hin, dass die Auswirkungen der Entscheidung des EuGH sich nicht nur auf in der Zukunft zustande kommende echte Gruppenversicherungsverträge beziehen, sondern auch bei Bestandsverträgen zu beachten sind. „Bei der Frage, auf welche Fallkonstellationen sich das Urteil übertragen lässt, muss [aber] stets die konkrete Ausgestaltung des Vertrages im Einzelfall berücksichtigt werden“, heißt es weiter in der Mitteilung. Abschließend zählt die BaFin-Bekanntmachung elf Fallbeispiele auf und erläutert, ob ein Vermittlerstatus vorliegt oder nicht. So liegt beispielsweise bei Direktversicherungen in der betrieblichen Altersvorsorge durch den Arbeitgeber kein Vermittlerstatus vor.
Folgen für den Vermittlerstatus
Wenn die Gruppenspitze als Versicherungsvermittler tätig ist, hat das laut Mitteilung Konsequenzen für Arbeitgeber bzw. Vereine. Die Gruppenspitze müsse dann etwa die Erlaubnis und Registrierung als Versicherungsvermittler bei der zuständigen Industrie- und Handelskammer beantragen und die damit verbundenen Berufspflichten erfüllen. Versicherer wiederum müssen bei den in ihrem Bestand befindlichen Gruppenversicherungsverträgen und bei neu abzuschließenden Gruppenversicherungsverträgen nachprüfen, ob es sich bei dem Versicherungsnehmer um einen Versicherungsvermittler handelt und ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit gegeben sind. (as)
Hier steht die BaFin-Aufsichtsmitteilung zum Download zur Verfügung.
Bild: © izzuan – stock.adobe.com
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