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13. Februar 2019
Grundrente: „Es ist Gründlichkeit vor Schnelligkeit angesagt“

Grundrente: „Es ist Gründlichkeit vor Schnelligkeit angesagt“

Warum er den Vorschlag zur Grundrente von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nicht für sinnvoll hält und dass es mit Riester- und Basis-Rente sowie den verschiedenen bAV-Durchführungswegen im internationalen Vergleich kein erfolgreicheres freiwilliges Altersvorsorgesystem gibt, erklärt Dr. Peter Schwark, Mitglied der GDV-Geschäftsführung, im AssCompact Interview.

Herr Dr. Schwark, wer 35 Jahre oder länger gearbeitet und Beiträge in die Rentenversicherung eingezahlt hat, soll künftig eine Mindestrente erhalten. Über den Weg dorthin wird gestritten. Finden Sie die Idee zunächst einmal gut?

Die vergangenen Rentenreformen haben bei Niedrigverdienern unter Umständen ungewollte Härten zur Folge. Deshalb ist es richtig, die Leistungen der gesetzlichen Rente für langjährig Versicherte Niedriglohnbezieher zu überprüfen. Dabei muss aber weiterhin der Grundsatz gelten, dass derjenige, der mehr einbezahlt, auch eine höhere Leistung bekommt. Auch darf die Reform nicht zu Lasten der jungen Generationen gehen und muss daher Mitnahmeeffekte unbedingt vermeiden.

Wie sieht konkret Ihre Meinung zum Vorschlag der Grundrente von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil aus?

Der aktuelle Vorschlag wird den oben genannten Ansprüchen nicht gerecht. Er unterscheidet außerdem nicht, ob der Rentenanspruch auf Basis einer Voll- oder Teilzeitbeschäftigung erzielt wurde. Dadurch schafft er neue Ungerechtigkeiten.

Nach Ansicht der Versicherungswirtschaft ist Gründlichkeit vor Schnelligkeit angezeigt. Altersarmut ist heute kein verbreitetes Problem für Regelbiografien der gesetzlichen Rentenversicherung. Grundsicherung im Alter wird ausgesprochen selten in Anspruch genommen. Dies dürfte sich erst ändern, wenn die Alterung unserer Gesellschaft ab dem Jahr 2025 massiv einsetzt.

Es ergibt daher mehr Sinn, dass sich die Rentenkommission auch um einen passgenauen Vorschlag in dieser Frage kümmert. Denn sie soll ja ausdrücklich Vorschläge zur Zukunft der gesetzlichen Rente nach 2025 erarbeiten.

Das Problem, dass viele Menschen den notwendigen Erwerbsverlauf gar nicht vorweisen können, dürfte weiter bestehen. Allerdings gibt es auch wenige Möglichkeiten der privaten oder betrieblichen Altersvorsorge, oder?

Mit der Riester-Rente, den verschiedenen bAV-Durchführungswegen und nicht zu vergessen der Basisrente gibt es ein sehr vielfältiges und gutes Angebot für Menschen, die mit staatlicher Förderung für den Ruhestand vorsorgen wollen. Das Angebot wird auch angenommen: Gut 70% der Beschäftigten in Deutschland haben einen Riester-Vertrag, einen Betriebsrentenanspruch oder beides. Es gibt im internationalen Vergleich kein erfolgreicheres freiwilliges Altersvorsorgesystem.

Bleibt eine geringe Rente insbesondere ein Problem für Frauen?

Die Erwerbsbeteiligung der Frauen ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gestiegen. Weil allerdings die Teilzeitquote nach wie vor sehr hoch ist, erwerben Frauen in der gesetzlichen Rentenversicherung weiterhin geringere Ansprüche als Männer. Positiv ist, dass Frauen mittlerweile laut einer Studie der Deutschen Rentenversicherung wesentlich häufiger zusätzlich vorsorgen als in früheren Jahren. So haben in Westdeutschland rund 56% und in Ostdeutschland 57% der Frauen zwischen 40 und 44 Jahren eine Anwartschaft aus privater Vorsorge. In der Altersgruppe von 55 bis 59 Jahren liegen die Vergleichswerte nur bei 47 bzw. 45%. Vor allem die Riester-Rente hat hier viel bewegt (Datenquelle: www.lea-studie.de/subsites/LeA/de/Inhalt/03_Publikationen/Abschlussbericht.pdf?__blob=publicationFile&v=17, Seite 47-48.)

Bei der Riester-Rente soll es Reformen geben. Was gibt es dazu Neues?

Der Koalitionsvertrag sieht die Einführung von standardisierten Riester-Produkten und einen Dialog mit der Branche vor. Selbstverständlich bringen wir uns in die Diskussion ein. Dabei geht es um die Gestaltung einfacherer Produkte und letztlich um die Frage, was unter „Standard“ im Sinne einer Basisabsicherung zu verstehen ist. Es geht aber auch um die Riester-Förderung insgesamt, die zeitgemäß weiterentwickelt werden muss. Ein standardisiertes Riester-Produkt hätte sonst mit denselben Herausforderungen zu kämpfen wie bestehende Vorsorgemodelle.

Versprechen Sie sich von der Diskussion zumindest einen Schub in Sachen Altersvorsorge?

Ja. Die Diskussion wird den Blick dafür schärfen, dass eine Sicherung des Lebensstandards im Alter allein mit der gesetzlichen Rente für die meisten nicht funktionieren kann. Wer später keine finanziellen Einschnitte haben möchte, muss rechtzeitig zusätzlich vorsorgen.

 
Ein Artikel von
Dr. Peter Schwark