Mit einem Defizit in Höhe von 7 Mrd. Euro wächst die Finanzlücke der GKV allein 2022 auf 28,5 Mrd. Euro – und ein Ende ist nicht in Sicht: Sollen die Beitragssätze auch in Zukunft konstant bleiben, summiert sich das Defizit laut einer Studie des PKV-Verbandes bis 2030 auf 472 Mrd. Euro. Daher konstatiert der Direktor des PKV-Verbandes, Florian Reuther: „Dauerhafte Steuerzuschüsse für die Kranken- und auch für die Pflegeversicherung rauben den Spielraum für dringend notwendige Investitionen etwa in Klimaschutz, Bildung und Digitalisierung. Der demografischen Entwicklung und den steigenden Gesundheitskosten können wir nur mit finanzieller Vorsorge begegnen. Die Nachhaltigkeit zu stärken, sollte Priorität in den anstehenden Koalitionsverhandlungen haben.“
Unverhältnismäßige Steuerfinanzierung
Die alleinige Fokussierung auf höhere Steuerzuschüsse ist auch nicht wirklich nachvollziehbar. „Es gibt systemgerechte Wege, um die Krankenversicherung finanziell zu entlasten“, erklärt Reuther. „Zum Beispiel würden im System schon rund 2,4 Mrd. Euro pro Jahr frei, wenn der Staat die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel auf 7% absenken würde.“ Eine Steuerfinanzierung wäre außerdem nicht generationengerecht. Die Lasten der aktuellen Gesundheitsausgaben würden dann nämlich nur den kommenden Generationen aufgebürdet.
Demografie als Herausforderung für die Umlagefinanzierung
Strukturell stellt der demografische Wandel die Umlagefinanzierung der GKV vor große Probleme. Im Zuge dessen ist zu erwarten, dass gerade ab 2025 die ersten Babyboomer in Rente gehen werden. Besonders markant dabei: das Verhältnis von Beitragszahlern und Leistungsempfängern wird sich dann permanent zulasten der erwerbstätigen jüngeren Generationen verändern.
Dazu hat das Wissenschaftliche Institut der PKV (WIP) berechnet, welche Folgen diese demografischen Trends für die GKV haben werden. Schon allein durch die Demografie – ohne sonstige Kostenanstiege – müsste der Bundeszuschuss bis 2030 bereits auf 30 Mrd. Euro im Jahr erhöht werden, wenn der bisherige GKV-Beitragssatz von 14,6% und der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz von 1,3% nicht weiter steigen soll.
Das Gefährliche an dieser Betrachtung: Diese Summe würde bei Weitem nicht reichen, denn es kommen noch die stetig steigenden Gesundheitskosten hinzu. Prognostiziert man die Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der GKV im gleichen Maße wie in den vergangenen 20 Jahren in die Zukunft, beträgt der Steuerzuschuss aus dem Bundeshaushalt 2030 rund 83 Mrd. Euro, um die GKV-Beiträge stabil zu halten. Summa summarum wären bis 2030 insgesamt sogar 471,7 Mrd. Euro zusätzliche Steuermittel erforderlich (siehe Grafik links).
„Die GKV steht unter wachsendem finanziellem Druck. Dauerhaft höhere Steuerzuschüsse dürfen dafür nicht die Lösung sein, denn sie würden die ohnehin schon intransparente Finanzierungsstruktur noch ausweiten. Steuerzuschüsse erzeugen lediglich eine Finanzierungsillusion und machen die GKV von der Haushaltssituation des Bundes und damit vom Finanzminister abhängig. Ausgabenstrukturen werden verzerrt und Verantwortlichkeiten verwischt. GKV-Versicherten muss also klar sein, dass die finanzielle Schieflage der GKV weiterhin existiert und es über kurz oder lang erneute Diskussionen über Beitragssatzerhöhungen oder gar noch unpopulärere Leistungskürzungen geben wird“, resümiert das WIP.
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(as)
Bild: © mekcar – adobe.stock.com
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