Eine aktuelle Studie der Allianz zeigt auf, wie viel Geld aufgrund von geringer Finanzkompetenz in Deutschland „verloren“ gehen könnte. Der Studie zufolge könnte dieses geringe Wissen über Finanzen einen durchschnittlichen Haushalt in Deutschland pro Jahr rund 2.300 Euro kosten. Auf zehn Jahre läge der Betrag dann schon bei bis zu 36.663 Euro im Vergleich zu durchschnittlicher Finanzkompetenz. Für die Studie wurden über 1.000 Personen in Deutschland und in sechs weiteren Ländern befragt, um ihr Wissen über finanzielle Grundlagen wie Zinssätze, Inflation sowie Anlagerisiken und -erträge zu testen.
28% der Deutschen haben nur „geringe Finanzkompetenz“
Ergebnis für Deutschland: 28% kann nur eine „geringe Finanzkompetenz“ bescheinigt werden. Heißt: Ihr Wissen und ihre Fähigkeiten reichen nicht, um solide finanzielle Entscheidungen zu treffen. 56% verfügen der Allianz-Studie gemäß über durchschnittliches Finanzwissen. Ein hohes Finanzwissen zeigten 16% der Befragten. Dies entspricht auch ungefähr den Ergebnissen in den anderen untersuchten Ländern. Übrigens: 66% der global Befragten schätzen ihr Wissen über Finanzmärkte und Investieren geringer ein als das des Durchschnitts.
Die Allianz hat auch berechnet, wie sehr sich Finanzwissen lohnt: Eine Person mit hoher Finanzkompetenz etwa könne damit rechnen, 2.690 Euro jährlich zusätzlich zu verdienen. Im Laufe von 30 Jahren summiere sich das dann zu einer Summe von 196.502 Euro.
„Kluge Finanzentscheidungen zu treffen, ist keine Raketenwissenschaft“
Ludovic Subran, Chefökonom der Allianz, meint: „Geringe Finanzkompetenz tut richtig weh. Über lange Anlagezeiträume, z. B. beim Sparen für den Ruhestand, kann es Sie buchstäblich ein Vermögen kosten.“ Die gute Nachricht aber sei: „Kluge Finanzentscheidungen zu treffen, ist keine Raketenwissenschaft“, so Subran. Wenn man sich grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten aneigne, könne man bereits von einer geringen zu einer durchschnittlichen Finanzkompetenz gelangen und deutlich mehr Geld im Portemonnaie haben, sagt der Allianz-Chefökonom.
Zinsbasierte Geldanlagen verursachen hohen Kaufkraftverlust
Union Investment meldete zuletzt, dass die meisten Sparer in Deutschland von weiter steigenden Preisen und Zinsen ausgehen würden. Deshalb befassten sich viele nun mit der eigenen Geldanlage und zögen auch Konsequenzen. Der Anteil derjenigen, die ihre Geldanlage nun häufiger überprüfen, klettert demnach auf 26%. Eine große Mehrheit, und zwar 70%, überprüft die eigene Geldanlage allerdings trotz allem nicht öfter als bisher. 55% möchten bei ihrer Geldanlage alles so belassen, wie es ist. Und ein Viertel wird Umschichtungen vornehmen. 15% möchten sich zunächst bei ihrer Bank beraten lassen. Laut Union Investment hat sich der Anteil an zinsbasierten Geldanlageformen am Gesamtvermögen 2022 weiter erhöht. Damit verdreifache sich der Kaufkraftverlust aus Zinsprodukten durch den negativen Realzins für 2022 im Vergleich zum Vorjahr auf 324 Mrd. Euro.
Erwartungen in Bezug auf finanzielle Zukunft
Die Teilnehmer der Allianz-Studie wurden außerdem nach ihren Erwartungen in Bezug auf ihre finanzielle Zukunft gefragt. Sechs von zehn Befragten schätzen die wirtschaftlichen Aussichten für Deutschland als eher schlecht bis sehr schlecht ein. Der Anteil derjenigen mit geringer Finanzkompetenz, die das Gleiche über ihre eigenen wirtschaftlichen Aussichten sagen, beträgt 66%. Rund 14% der Befragten mit hoher Finanzkompetenz geben an, sehr zuversichtlich zu sein, was ihre eigene finanzielle Situation betrifft.
Frauen verfügen in Deutschland im Schnitt über mehr Finanzwissen als Männer
Dieser Mangel an Selbstvertrauen ist laut der Studie in den meisten der betrachteten Länder vor allem bei den Frauen beachtenswert. Jedoch ist das in Deutschland etwas anders: Hier sind es eher die Männer, denen es an Vertrauen in Finanzangelegenheiten fehlt, hat die Studie ergeben. 62% von ihnen sind nicht sicher, was ihre finanzielle Situation angeht. Auch interessant: In Deutschland haben mehr Männer als Frauen ein geringes Finanzwissen, nämlich 37% der Männer gegenüber 20% der Frauen. Frauen antworteten allerdings häufiger auf eine oder mehrere Fragen des Quiz zum Finanzwissen mit „Weiß nicht“. Dies führt die Allianz auch auf ein geringes Vertrauen in das eigene Finanzwissen und die Entscheidungsfähigkeit zurück.
Generation Gap beim Finanzwissen
Auch zwischen den Generationen zeigt die Studie Unterschiede auf. Demnach wachsen die Finanzkenntnisse und -fähigkeiten mit dem Alter. Hier fällt auf, dass der Anteil der Personen mit hoher Finanzkompetenz bei den Babyboomern mit 21% höher ist als bei der Gen Z (6%) und den Millennials (11%) zusammen.
„Finanzwissen ist mehr als Mathematik“
Patricia Pelayo Romero, Senior Economist bei der Allianz und Mitautorin der Studie weist auf Folgendes hin: „Typischerweise konzentrieren sich Programme zur Vermittlung von Finanzwissen auf die Förderung von Rechenfertigkeiten. Dabei ist Finanzwissen mehr als Mathematik. Jede erfolgreiche Maßnahme zur Vermittlung von Finanzwissen, insbesondere solche, die sich an Frauen und junge Menschen richten, sollte mit der Stärkung des Selbstvertrauens beginnen.“ (lg)
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