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7. April 2025
Generationenberatung: Nichts geht ohne Vorsorgevollmachten
Generationenberatung: Nichts geht ohne Vorsorgevollmachten

Generationenberatung: Nichts geht ohne Vorsorgevollmachten

Viele Vermittler fragen sich, warum rechtliche Vorsorgeregelungen auch zu ihrer Beratung gehören sollten. Steffen Moser, Generationenberater, berichtet aus seinem Arbeitsalltag, um dies mithilfe echter Praxisfälle zu erläutern. Dabei zeigt er u. a. die Folgen auf, wenn keine Vorsorgevollmachten vorliegen.

Ein Artikel von Steffen Moser, Versicherungs- und Finanzmakler, Generationenberater (IHK)

In den letzten zwölf Jahren meiner Arbeit als Notfallmanager und Generationenberater habe ich nicht nur einige Notfälle begleitet, sondern auch viele Situationen erlebt, in denen eine funktionierende Notfallplanung geholfen hat oder hätte, wenn Vermittler diese denn angesprochen hätten.

Viele Vermittler und Berater stellen sich immer noch die Frage, warum insbesondere rechtliche Vorsorgeregelungen zu ihrer Beratung dazu gehören sollten. Deshalb folgen hier ein paar Beispiele aus meinem Alltag, um Klarheit zu schaffen.

Gerichtlicher Betreuer nach Arbeitsunfall

Im Jahr 2021 hatte ein 36-jähriger Mann, verheiratet, zwei Kinder, einen Arbeitsunfall. Er war auf einer Baustelle 12 Meter in die Tiefe gestürzt und aufgrund der Verletzungen Vollinvalide geworden – mit körperlicher und geistiger Beeinträchtigung. Aufgrund der Geschäftsunfähigkeit bekam er vom Gericht einen Betreuer gestellt.

Die finanzielle Absicherung bestand aus den Leistungen der Berufsgenossenschaft und einer BU-Rente. Diese beiden monatlichen Zahlungen reichen aus, um die laufenden Kosten (u. a. Zuzahlung im Pflegeheim) zu zahlen. Zusätzlich besteht ein Anspruch aus der privaten Unfallversicherung in Höhe von 350.000 Euro und einem Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld in Höhe von 7.500 Euro.

Das Problem: Die Versicherungsleistungen müssen beantragt werden. Auf den Leistungsanträgen bzw. Schadenmeldungen muss zwingend die versicherte Person unterschreiben. Da der Verletzte dazu selbst nicht in der Lage ist, übernimmt dies der Betreuer. Alle genannten Beträge werden auf das Girokonto des Versicherten gezahlt. Da dieser nun unter gerichtlicher Betreuung steht, unterliegt auch die Verwaltung und Verwendung der Gelder den gesetzlichen Vorgaben des Betreuungsrechts und sind damit zweckgebunden. Die laufenden Kosten sind durch BG- und BU-Rente gedeckt. Das Geld aus der Unfallversicherung wird derzeit nicht benötigt.

Ohne Vorsorgevollmacht in der Zwickmühle

Nach weiteren neun Monaten beantragt die Ehefrau aufgrund von Differenzen mit dem Betreuer, die Betreuung für ihren Mann zu übernehmen. Das Gericht stimmt dem zu. Aber auch sie unterliegt den Vorgaben des Betreuungsrechtes und muss dem Gericht über alle Angelegenheiten Rechenschaft ablegen.

Um den Alltag mit den zwei Kindern nun alleine zu bewältigen, kann sie nicht mehr Vollzeit in ihrer eigenen Physiotherapiepraxis arbeiten. Wenn sie halbtags in die Praxis geht und die restliche Zeit für die Familie hat, würde es funktionieren. Allerdings sind die laufenden Kosten mit dem Firmenkredit so hoch, dass dies nicht funktioniert. Da die Leistung aus der Unfallversicherung (350.000 Euro) nicht benötigt wird, wäre es eigentlich möglich, aus dem Kapital den Firmenkredit (48.400 Euro) zurückzuzahlen, damit sie damit Job und Familie organisiert bekommt. Das Gericht verwehrt ihr allerdings die Rückzahlung, da das Geld nur für die versicherte Person verwendet werden darf.

Wäre es nicht auch im Sinne der ganzen Familie, die vorhandenen Gelder so zu verwenden, wie es der Familie am ehesten hilft, um alles „unter einen Hut zu bekommen“? Hätte die Ehefrau für ihren Mann eine Vorsorgevollmacht gehabt, wäre dies ohne Weiteres möglich gewesen und die Existenz der Familie wäre nun nicht doppelt gefährdet.

Vorsorgevollmacht hätte Lösung gebracht

In einem weiteren Praxisfall aus dem Jahr 2023 wird ebenfalls deutlich, wie wichtig eine funktionierende Notfallplanung ist: Ein Makler aus Kassel hatte neben biometrischen Absicherungen seiner Kunden auch verschiedene Lösungen zum Vermögensaufbau vermittelt. Konkret bestanden bei seinen Kunden zwei Fondspolicen, drei verschiedene Depotkonten (für Eltern und Kinder) ein Bausparvertrag und eine „alte“ Kapitallebensversicherung mit hohen Garantiewerten. Aufgrund eines Schlaganfalles wird der Ehemann zum Betreuungsfall. Da auch hier keine Vorsorgevollmachten bestehen, wird die Ehefrau als gerichtlich bestellte Betreuerin eingesetzt.

Das Betreuungsrecht schreibt vor (§1835 BGB), dass zu Beginn eine vollständige Vermögensaufstellung erstellt werden muss und künftig alle Einnahmen und Ausgaben erfasst und mit Belegen dem Gericht vorgelegt werden müssen. Des Weiteren ist gesetzlich vorgeschrieben, dass alle Vermögenswerte, die nicht für die laufenden Ausgaben der nächsten ca. drei bis vier Monate benötigt werden, auf einem sogenannten verzinslichen Konto bei einem zur Anlage geeigneten Kreditinstitut angelegt werden müssen (§1841 BGB). Dazu kommt laut §1845 BGB eine Sperrvereinbarung, durch die nur durch Genehmigung des Betreuungsgerichtes die Ehefrau als Betreuerin darüber verfügen kann.

Ein verzinsliches Konto bei einem Kreditinstitut ist in der Regel lediglich ein sogenanntes „Tagesgeld“ oder „Sparkonto“. Das bedeutet konkret, alle vorhandenen oben genannten Verträge, Depotkonten des Kunden müssen aufgelöst werden. Das betrifft auch die Konten, die für die Kinder gedacht waren, aber auf den Ehemann liefen.

In dem konkreten Fall hätte ebenfalls eine Vorsorgevollmacht die Lösung gebracht und der Ehefrau die Möglichkeit gegeben, eigenständig und im Sinne der gesamten Familie zu entscheiden, wie die Verwaltung der bestehenden Vermögenswerte weitergeführt wird. Der Makler war mit den beiden Fondspolicen noch in der Stornohaftung und musste anteilige Courtagen zurückzahlen. Dazu kommt, dass die Kundenverbindung seitens der Familie beendet wurde, weil das Vertrauensverhältnis nicht mehr gegeben war.

Als Makler über den Tellerrand denken

Es ist an der Zeit, dass die Branche aufwacht und im Sinne ihrer Kunden und dem gegebenen Vertrauen über den sogenannten „Tellerrand“ hinaus denkt und handelt. Da das Erstellen einer Vorsorgevollmacht und weiterer Dokumente nicht nur eine gewisse Zeit und Fachkenntnis erfordert, sondern auch in den Bereich der Rechtsdienstleistung fällt, dürfen Vermittler nicht einfach „drauf los“ beraten. Hilfreich ist es hier, auf ein Netzwerk zuzugreifen und die Beratung an spezialisierte Juristen zu übergeben.

Über Steffen Moser

Steffen Moser ist der Familienbeschützer®, zertifizierter Generationenberater und Notfallmanager. Er und sein Team bieten zu den Themen im Artikel weitreichende Unterstützung für Vermittler an. Kunden bekommen in einem kostenfreien Erstgespräch einen Überblick über die Auswirkungen gerichtlicher Betreuung im Alltag und die Möglichkeiten, Vorsorgedokumente zu erstellen. Auf Wunsch werden sie auch bei der Einrichtung der Notfallplanung begleitet. Dafür stehen verschiedene Lösungen zur Verfügung. Die Rechtsberatung wird durch spezialisierte Fachanwaltsgesellschaften persönlich durchgeführt. In der Zusammenarbeit stellen Vermittler lediglich den Kontakt her, haben selbst aber weder Zeit- noch Beratungsaufwand und bekommen laut Moser dennoch das gesamte Cross-Selling-Potenzial geliefert.

 
Ein Artikel von
Steffen Moser