Interview mit Simone Deike, Finanzberaterin bei MLP in Bremen
Frau Deike, Sie sind langjährige Finanzberaterin bei MLP. Wie war Ihr Start und was hat sich seither für Frauen in der Finanzberatung geändert?
Ich kam im Sommer 1995 gerade aus dem Examen und wollte als frisch gebackene Diplom-Volkswirtin endlich beruflich loslegen. Bei MLP fand ich die richtige Mischung aus Eigenverantwortlichkeit und Zugehörigkeitsgefühl, denn einerseits konnte ich als selbstständige Finanzberaterin meine eigene Chefin sein, andererseits sind damals knapp 50 Kolleginnen und Kollegen mit mir gestartet, zu denen ich teilweise heute noch engen Kontakt habe. Gemeinsam haben wir uns ein vielschichtiges Fachwissen angeeignet und gelernt, wie man Kunden ganzheitlich und kompetent berät – das schweißt zusammen. Dieses Wir-Gefühl habe ich auch verspürt, als ich mich 2009 für die Weiterbildung zum Financial Planner an der MLP Corporate University angemeldet habe, nach deren Abschluss ich zum Certified Financial Planner (CFP) zertifiziert wurde. Das ist der höchste international anerkannte Ausbildungsstandard in der Branche und dementsprechend eine recht komplexe Qualifikation, die wir in unserem Jahrgang aber mit gegenseitiger Unterstützung gemeistert haben. Auch dass ich zwischenzeitlich Mutter geworden war, konnte ich gut mit meinem Beruf vereinbaren. Als Selbstständige habe ich viele Freiräume, um meine Familie gut zu organisieren und gleichzeitig für meine Kunden da zu sein. Hier profitieren Eltern sicherlich davon, dass sich das Thema über die Jahre deutlich weiterentwickelt hat und es mittlerweile noch mehr Unterstützungsangebote gibt.
Sind Sie bei MLP eine von vielen oder ist der Anteil der Männer in der Beratung weiter deutlich höher?
In meinem Juniorenjahrgang waren wir damals rund 20% Frauen und so ähnlich ist die Verteilung der Geschlechter in der Beraterschaft insgesamt auch heute noch. Deutlich gestiegen ist der Frauenanteil in unserem jungen Bereich, also bei denjenigen, die gerade bei MLP anfangen und durchstarten – hier sind es inzwischen fast 30%.
Es heißt oft, Männer vernetzen sich besser. Wie sieht das bei Ihnen aus – bei MLP, unter Beraterinnen oder auch mit Kundinnen?
Ein gutes Netzwerk ist ein wichtiger Karrierefaktor, der gerade bei Frauen oftmals zu kurz kommt. Diesem Umstand haben ein paar Beraterkolleginnen in Bremen und ich Rechnung getragen: 2001 haben wir dort den MLP Women’s Business Club gegründet und alle Kundinnen und Kontakte aus der Region zu Netzwerkabenden eingeladen. Es gab Vorträge zu businessorientierten Themen und anschließend haben wir die Teilnehmerinnen zum gegenseitigen Kennenlernen angeregt. Zugleich konnten wir uns und MLP vorstellen und für die Themen der Finanzplanung sensibilisieren. Dadurch haben wir uns einen Namen in der Region gemacht und auch in anderen Städten wurden vergleichbare Clubs gegründet – so konnten wir viele Frauen dazu animieren, sich städteübergreifend zu vernetzen.
Sind Sie den klassischen Karriereweg gegangen und kam Ihnen ein spezielles MLP-Förderprogramm zugute?
An der Tätigkeit bei MLP schätze ich, dass es eine Vielzahl an Karrieremöglichkeiten gibt – damals wie heute. Wer beispielsweise schon in jungen Jahren Führungsverantwortung übernehmen möchte, kann ein Hochschulteam leiten. Später dann auch eine Geschäftsstelle. Oder man wird Trainer an unserer Corporate University und vermittelt dort sein Fachwissen – an Kolleginnen und Kollegen oder seit Neuestem auch an externe Interessenten. Ich selbst wollte mich gerne fachlich auf höchstem Niveau weiterbilden – also habe ich mich für die Qualifikation zum CFP entschieden, die ich auch an der Corporate University absolvieren konnte und deren Kosten von MLP übernommen wurden.
Was würden Sie jungen Einsteigerinnen raten?
Die Beratertätigkeit bei MLP lebt – trotz Selbstständigkeit – schon immer von einem vertrauensvollen Miteinander und generationenübergreifenden Austausch. Junge Einsteigerinnen sollten also den Kontakt zu ihren Kolleginnen und Kollegen suchen, um an deren Wissen zu partizipieren. Davon profitieren sie selbst genau wie ihre Kundinnen und Kunden. Genauso nehme ich heute etwas von Jüngeren mit, vor allem ihre frischen Impulse. Zudem empfehle ich, einfach mit viel Freude und Elan in die Beratung einzusteigen. Finanzberatung ist ein höchst anspruchsvoller Job und man trägt viel Verantwortung für seine Kunden – für mich ist das die beste Motivation, die es gibt!
MLP holt Nachwuchskräfte an Hochschulen ab. Das bleibt nicht immer kritikfrei, für Sie dennoch ein guter Weg, für das Thema Finanzen und Finanzberatung zu sensibilisieren?
Ich schätze das universitäre Umfeld und stehe selbst in regelmäßigem Kontakt zur Hochschule in Wilhelmshaven, wo ich auch meinen Lebensmittelpunkt habe. Dort gibt es eine aktive Gründerszene und ich biete Hilfestellungen und Beratungen an, um Studenten mit Unternehmerspirit bei der Realisierung ihrer Ziele zu unterstützen. Grundsätzlich wird das Thema private Finanzen weder an Schulen noch an Universitäten gelehrt. Dabei besteht ein großer Bedarf und auch Interesse – das hat beispielsweise ein Workshop gezeigt, den ich vor ein paar Jahren für meine Kunden und deren Kinder im Alter ab 16 zum Thema „Zwei Generationen Financial Education“ veranstaltet habe. Von Brutto-Netto-Einkommen über Steuern bis hin zur Budgetplanung haben wir alles beleuchtet, was irgendwann einmal eigenverantwortlich zu organisieren ist. Noch kurz zu der von Ihnen angesprochenen Kritik: MLP rekrutiert wie eine Vielzahl anderer Unternehmen den eigenen Nachwuchs unter anderem direkt an Hochschulen – auch wir gehen dabei den Weg über Kooperationen mit den Career Centern. Dort bieten wir Workshops zu Karriere- und Finanzthemen an. Die Studierenden lernen uns und unsere Kompetenz darüber kennen. Wer außerdem auch Interesse an einer Finanzberatung bekundet – im Übrigen schriftlich –, wird dann von einem Berater dazu kontaktiert. Kritik daran kann ich nicht nachvollziehen. Und das kontinuierlich erhobene sehr gute Feedback der Teilnehmer spricht hier auch eine sehr deutliche Sprache.
Sehen wir auf die Kundenseite: Lässt sich Finanzberatung für Frauen und Männer heute noch unterscheiden?
Tatsächlich sind es fast gleich viele Frauen und Männer, die ich in allen wichtigen Finanzthemen berate. Oftmals kümmert sich in Familien jedoch nur einer von beiden Partnern aktiv um die Finanzen und der andere wird punktuell in Entscheidungen miteinbezogen. Diese Arbeitsteilung ist grundsätzlich in Ordnung – jedoch sollten genau wie bei Einkommen und Vermögen auch die Finanzentscheidungen individuell und persönlich getroffen werden.
Geld und Vermögen sind unterschiedlich verteilt. Haben Frauen überhaupt so viele Möglichkeiten der Vorsorge?
Der Gender Gap ist sicherlich gesamtgesellschaftlich gesehen ein Nachteil für Frauen – doch auch hierfür gibt es Lösungen, die Finanzberaterinnen gemeinsam mit ihren Kundinnen auf den Weg bringen können. Denn im Ergebnis ist es nie zu spät, mit der eigenen Finanzplanung zu starten und auch mit kleinen Beträgen Spielräume für die Zukunft zu schaffen. Und insbesondere bei Notfällen ist man froh über die persönliche Absicherung – sei es mit Rücklagen oder Versicherungen.
Erwarten Sie, dass sich die Situation ändert?
Ich bin erstens Optimistin und sehe zweitens keinen Grund, warum die Welt sich nicht positiv wandeln sollte. Deshalb erwarte ich, dass sich die Gender Gaps irgendwann schließen werden. Ich für meinen Teil arbeite jedenfalls stetig daran – indem ich versuche, Frauen Freude an Finanzen zu vermitteln.
Über MLP
Karrieren bei MLP
Rund 20% der Beraterschaft bei MLP sind weiblich. In den Nachwuchsjahrgängen liegt dieser Anteil laut MLP bei 30%. Bei den Karrierewegen wird jedoch nicht zwischen den Geschlechtern unterschieden. Führungspersönlichkeiten können beispielsweise ein Hochschulteam leiten oder später eine Geschäftsstelle. Auch Trainer für die unternehmenseigene Corporate University (CU) sind gefragt.
Weiterbildung und Zertifikate
An der CU steht allen MLP-Beratern eine Vielzahl an Qualifizierungen und Spezialisierungen offen, etwa die Weiterbildung zum Direktimmobilienvermittler oder Ruhestandsplaner. Zudem können sie sich zum Financial Advisor (CU) und Financial Planner (CU) qualifizieren und zum European Financial Advisor® EFA, Certified Financial Planner®, Finanzcoach (FH) zertifizieren lassen. Berufsbegleitend können Studieninteressierte den Bachelor of Arts in „Finanzberatung für Unternehmen und Privatkunden“ und den Master „Financial Planning and Management“ (M. Sc.) absolvieren.
Fördermöglichkeiten
MLP unterstützt laut eigenen Angaben seine Berater auch finanziell: So übernimmt das Unternehmen die Kosten für die Weiterbildung zum Financial Planner (CU), woran die Zertifizierung zum CFP® anschließt. Berufseinsteiger bekommen laut MLP eine Weiterbildungsprämie, die ihnen den Start in die Selbstständigkeit erleichtern soll. Zudem erhalten neue Berater Unterstützung von Mentoren und der MLP-Zentrale und können diverse digitale Tools nutzen.
MLP und Familie
MLP hat 2019 das Audit „berufundfamilie“ durchlaufen, das eine familien- und lebensphasenbewusste Unternehmenskultur attestiert, und ist Mitglied bei „Erfolgsfaktor Familie“, einer bundesweiten Plattform für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Dieses Interview lesen Sie auch in AssCompact 05/2022, S. 84 f., und in unserem ePaper.
Bild: © Jacob Lund – stock.adobe.com
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