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17. Mai 2022
Flutkatastrophe hat keinen Einfluss auf Beschwerden über Versicherer
Flutkatastrophe hatte keinen Einfluss auf die Beschwerden über Versicherer

Flutkatastrophe hat keinen Einfluss auf Beschwerden über Versicherer

Den Ombudsmann für Versicherungen haben im Jahr 2021 insgesamt 14.106 zulässige Beschwerden erreicht. Nach Sparten dominieren Beschwerden im Bereich Leben und Rechtsschutz. Im Bereich Gebäude hatte die Starkregenkatastrophe im Juli 2021 hingegen keinen signifikanten Einfluss auf die Beschwerdezahlen.

Der Ombudsmann für Versicherungen, Dr. h. c. Wilhelm Schluckebier, hat am 17.05.2022 den Jahresbericht für 2021 vorgelegt. Demnach haben die Schlichtungsstelle im abgelaufenen Jahr insgesamt 18.344 Beschwerden erreicht, wovon 14.106 zulässig gewesen sind. Gegenüber 2020 bedeuten diese Zahlen einen leichten Anstieg der zulässigen Beschwerden von +6,6%. Vermittlerbeschwerden machten davon mit 677 Beschwerden allerdings weiterhin nur einen recht geringen Anteil aus. 13.732 Schlichtungsverfahren konnten 2021 beendet werden. Die Beschwerdewerte sind insgesamt klein; so lag in knapp 85% der Fälle der Streitwert bei maximal 5.000 Euro. Die durchschnittliche Dauer der Verfahren betrug 2021 rund 71 Tage. In 45% der Beschwerdefälle war die Schlichtung zugunsten des Beschwerdeführers auch erfolgreich.

Beschwerden bei Lebensversicherungen neuer Spitzenreiter

Die Zunahme liege aufs Ganze gesehen im Rahmen üblicher Schwankungen, erläutert der Ombudsmann diese Entwicklung. Hauptsächlich gehe sie – bedingt durch Sondereffekte – auf starke Zuwächse in den Sachversicherungen (Gebäude und Hausrat) sowie in der Lebensversicherung zurück, heißt es im Bericht. Die übrigen Sparten wiesen sogar Rückgänge der Beschwerdezahlen auf.

Die meisten Beschwerden gingen dem Bericht zufolge mit 3.412 Fällen im Bereich von Lebensversicherungen ein. Allerdings basiere der Zuwachs von rund 23% in dieser Sparte darauf, dass unmittelbar vor Jahresschluss 2021 zwei spezialisierte Rechtsanwaltskanzleien insgesamt mehr als 800 Schlichtungsanträge eingereicht hätten, die ganz überwiegend Fälle des Widerrufs von Lebensversicherungsverträgen beträfen. Dies habe erkennbar auch dazu gedient, die Hemmung der Verjährung durch einen Schlichtungsantrag zu bewirken und sich dabei die niedrigschwelligen formalen Anforderungen an einen solchen Antrag im Verbraucherschlichtungsverfahren zunutze zu machen, erläuterte Dr. Schluckebier die Hintergründe.

Die zweitmeisten Beschwerden erreichten die Verbraucherschutzstelle der Versicherer im Bereich Rechtsschutz. In 3.184 zulässigen Fällen musste der Ombudsmann zwischen Beschwerdeführer und Versicherer bzw. Vermittler tätig werden. Häufigster Streitpunkt im Berichtsjahr war wieder einmal die zeitliche Einordnung des Rechtsschutzfalls. Aber auch die Anwendung von Risikoausschlüssen sei ein häufiger Prüfungsschwerpunkt in den Schlichtungsverfahren.

Doppelte Beitragsforderungen infolge konfliktbehafteter Umdeckungsaktion

Der starke Anstieg der Beschwerden in der Gebäude- und Hausratversicherung (+77%) sei auf eine konfliktbehaftete Umdeckungsaktion durch ein großes Vermittlerunternehmen zurückzuführen, schreibt der Jahresbericht des Ombudsmanns. Ein als Versicherungsmakler registrierter Vermittler habe einen von ihm verwalteten großen Vertragsbestand von dem bisherigen Versicherer auf andere Versicherer umgedeckt. Da der bisherige Versicherer die durch den Vermittler erfolgte Kündigung der bei ihm bestehenden Altverträge für unwirksam erachte, neue Verträge bei anderen Versicherern aber bereits abgeschlossen und in Lauf gesetzt gewesen seien, hätten sich die Versicherungsnehmer doppelten Beitragsforderungen ausgesetzt gesehen. Insgesamt hätten sich allein im Jahr 2021 bereits über 290 Verbraucher an den Ombudsmann gewandt. Da oftmals mehrere Verträge betroffen seien und sich die Beschwerden sowohl gegen den Vermittler als auch gegen den alten Versicherer richteten, summierten sich die Schlichtungsanträge auf mittlerweile über 800 Beschwerdevorgänge. Damit werde auch die Frage nach dem Risiko von Interessenkonflikten bei einem Modell aufgeworfen, bei dem der Versicherer die Vertragsverwaltung an einen Vermittler auslagere, der Vermittler zugleich aber als Makler gegenüber dem Kunden auftrete und auch von diesem mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet sei.

Folgen der Starkregenkatastrophe nicht signifikant

Die Starkregenkatastrophe durch Tief „Bernd“ im Juli 2021, so schilderte Dr. Schluckebier auf der Pressekonferenz weiter, habe hingegen bislang nicht zu einem signifikanten Anstieg von Beschwerden geführt. Im Jahr 2021 seien lediglich 91 Beschwerden eingegangen – bei weit über 200.000 Schadenmeldungen –, die fast ausnahmslos auch im Jahr 2021 hätten beendet werden können. Etwa die Hälfte dieser Schlichtungsanträge hatte keinen Erfolg. In den übrigen Beschwerden kam es zu Abhilfen, Teilabhilfen und Vergleichen mit den Versicherern. Damit besteht also Grund zu der Annahme, heißt es im Jahresbericht des Ombudsmanns, dass es den Versicherern trotz der großen Zahl der Schadenfälle gelungen zu sein scheint, die Schadenregulierung sehr weitgehend ohne Konflikte zu bewerkstelligen. Allerdings seien im Zusammenhang mit dieser Naturkatastrophe auch im laufenden Jahr weitere Beschwerden zu verzeichnen. Ein verlässliches Bild ergebe sich daher erst Ende 2022, so Dr. Schluckebier weiter.

Auch die Vermittlerbeschwerden steigen

Insgesamt betrachtet sind auch die Vermittlerbeschwerden 2021 auf 677 Fälle kräftig gestiegen. Wenngleich der Großteil des Anstiegs auf die konfliktbehaftete Umdeckungsaktion zurückzuführen ist, bildeten einen inhaltlichen Schwerpunkt der Vermittlerbeschwerden wie in den Vorjahren die Beanstandungen der Beratung sowie die Vermittlung nicht benötigter Versicherungsverträge oder von nicht passendem Versicherungsschutz. Die Beschwerdeführer verfolgten daher überwiegend das Ziel, sich von den betreffenden Verträgen wieder zu lösen. Soweit es um Beratungsmängel beim Abschluss von Verträgen gegangen sei, darauf wies der Ombudsmann hin, habe sich erneut gezeigt, dass die Beratungsdokumentationen häufig wenig aussagekräftig seien. Oft würden nur vorgedruckte Antworten schematisch angekreuzt. Dies könne im Konfliktfall zu Beweiserleichterungen für den Versicherungsnehmer oder gar zur Beweislastumkehr führen. Aussagekräftige Beratungsprotokolle, die auch auf konkret bedeutsame Punkte inhaltlich eingingen, würden allen Beteiligten nützen und bei Meinungsverschiedenheiten im Schlichtungsprozess oft auch weiterhelfen, heißt es dazu vom Ombudsmann. (as)

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