AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
8. Januar 2025
Finanzinvestoren dürfen sich nicht an einer Anwaltskanzlei beteiligen

Finanzinvestoren dürfen sich nicht an einer Anwaltskanzlei beteiligen

Der EuGH hat das Beteiligungsverbot von Finanzinvestoren an Rechtsanwaltskanzleien bestätigt. Das Verbot sei gerechtfertigt, um die anwaltliche Unabhängigkeit zu gewährleisten. Das betrifft auch deutsche Rechtsschutzversicherer, die solche Beteiligungen anstreben.

Ein Mitgliedstaat darf die Beteiligung reiner Finanzinvestoren am Kapital einer Rechtsanwaltsgesellschaft verbieten. Diese Einschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs ist gerechtfertigt, um sicherzustellen, dass Rechtsanwälte unabhängig und im Einklang mit ihren Berufs- und Standespflichten tätig sein können. Das hat der Europäische Gerichtshof Mitte Dezember 2024 bestätigt.

Auch Rechtsschutzversicherer zeigen Interesse an Beteiligungen

Auch einige deutsche Rechtsschutzversicherer haben mehrmals Interesse gezeigt, sich an Rechtsanwaltskanzleien zu beteiligen. Dies geschieht vor allem mit dem Ziel, rechtliche Dienstleistungen effizienter anzubieten und vermutlich auch eine stärkere Kontrolle über die Kosten und Abläufe in der Rechtsberatung zu gewinnen. Zudem könnten die Versicherer ihren Kunden direkten Zugang zu eigenen Kanzleien bieten, was ein Vorteil in einem wettbewerbsintensiven Markt sein könnte. 

„Das Fremdbesitzverbot und das sehr weitgehende Verbot der außergerichtlichen Rechtsberatung sind nicht mehr zeitgemäß“, sagte Renko Dirksen, Vorstandssprecher der ARAG SE etwa bei der Bilanz-Pressekonferenz des Unternehmens. Im Ausland berät die ARAG bereits über eigene Anwaltskanzleien. Das ist in Deutschland bisher verboten. Deshalb dürfte das Urteil des EuGH von besonderem Interesse sein. Allgemein stoßen diese Vorhaben in Deutschland auch auf erhebliche Kritik, da eine Gefahr für die Unabhängigkeit der Anwaltschaft vermutet wird. Und so sieht dies auch der EuGH.

Kanzlei verliert Zulassung nach Beteiligung österreichischer Geldgeber

In dem oben genannten Fall hat die deutsche Rechtsanwaltsgesellschaft Halmer beim Bayerischen Anwaltsgerichtshof gegen einen Bescheid der Rechtsanwaltskammer München geklagt, mit dem ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft widerrufen wurde, nachdem eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung Geschäftsanteile an ihr zu rein finanziellen Zwecken erworben hatte. Nach der deutschen Regelung konnten aber nur Rechtsanwälte und Angehörige bestimmter freier Berufe Gesellschafter einer Rechtsanwaltsgesellschaft werden. Der Bayerische Anwaltsgerichtshof hat daraufhin den EuGH zur Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Unionsrecht befragt.

Allgemeininteresse geht vor Niederlassungsfreiheit

Der Gerichtshof stellt klar, dass das Unionsrecht – insbesondere der freie Kapitalverkehr und die Dienstleistungsrichtlinie zur Niederlassungsfreiheit – nicht gegen eine nationale Regelung verstößt, die den Verkauf von Anteilen einer Rechtsanwaltsgesellschaft an reine Finanzinvestoren untersagt. Eine solche Regelung, die bei Verstößen sogar den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vorsieht, ist zulässig.

Unabhängigkeit der Rechtsanwälte in Gefahr

Diese Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Kapitalverkehrs ist durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt, teilt der EuGH mit. Ein Mitgliedstaat kann nämlich legitimerweise davon ausgehen, dass ein Rechtsanwalt nicht in der Lage wäre, seinen Beruf unabhängig und unter Beachtung seiner Berufs- und Standespflichten auszuüben, wenn er einer Gesellschaft angehörte, zu deren Gesellschaftern Personen zählen, die ausschließlich als reine Finanzinvestoren handeln, ohne den Rechtsanwaltsberuf oder einen anderen, vergleichbaren Regeln unterliegenden Beruf auszuüben. (bh)