Angesichts der aktuellen finanziellen Lage wird wohl auch der Europäische Rechnungshof vorsichtig. Das finanzielle Kontrollorgan der Europäischen Union hat in seinem Sonderbericht 12/2023 „EU-Aufsicht über Kreditrisiken von Banken“ auch die Europäische Zentralbank genauer unter die Lupe genommen. Die EZB hat unter anderem die Aufgabe, das Kreditrisikomanagement der rund 110 Banken mit Systemrelevanz in der EU zu überwachen.
Allgemein betrachtet sei die EZB ihrer Aufgabe hier auch gut gefolgt – allerdings, so der Europäische Rechnungshof, müsse sie dennoch ihre Aufsicht verstärken, insbesondere in Bezug auf Kreditnehmer, die ihre Kredite nicht zurückzahlen. Schließlich könne ein schlechtes Kreditrisikomanagement der Banken deren Existenz und die des gesamten Finanzsystems gefährden.
EZB soll Kreditrisikomanagement der EU-Banken beobachten
Jedes Jahr bewertet die EZB bei den rund 110 Banken in 21 EU-Ländern verschiedene Risiken: das Kreditrisiko (zum Beispiel schlechte Kreditvergabestandards) sowie Risiken bezüglich der Unternehmensführung, des Geschäftsmodells und der Liquidität. Außerdem wird bewertet, inwieweit die Banken diese Risiken im Griff haben. Um identifizierten Risiken zu begegnen, könne die EZB Banken zusätzliche Eigenkapitalanforderungen auferlegen wie auch Korrekturmaßnahmen zur Risikoverringerung. So soll laut Europäischem Rechnungshof sichergestellt werden, dass die Banken die EU-Aufsichtsanforderungen erfüllen und vertrauenswürdig sind.
Kürzlich wies die EZB darauf hin, dass sich die Aussichten für Banken in einem derzeit schwierigen wirtschaftlichen Umfeld verschlechterten, wobei vergangene Krisen gezeigt hätten, dass unzureichende Wertberichtigungen die Lebensfähigkeit der Banken gefährden könnten.
Banken sollen Risiken vollständig decken können
Den Prüfern zufolge waren die Bewertungen der Kreditrisiken und -kontrollen der Banken durch die EZB im Allgemeinen von guter Qualität, heißt es vom Europäischen Rechnungshof. Doch die EZB nutze ihre Instrumente und Aufsichtsbefugnisse nicht effizient, um sicherzustellen, dass die ermittelten Risiken vollständig durch zusätzliches Kapital gedeckt würden, oder um die Banken anzuweisen, dieses Risiko besser zu steuern. Seit 2021 wende die EZB bei der Bestimmung des Kapitalbetrags, den eine Bank über das aufsichtsrechtlich vorgeschriebene Minimum hinaus halten muss, einen neuen Ansatz an.
Dieser garantiere jedoch nicht, dass verschiedene Risiken angemessen abgedeckt seien. Außerdem habe die EZB den Ansatz nicht konsequent angewendet. Konkret habe die EZB Banken mit höheren Risiken keine proportional höheren Anforderungen auferlegt. Die Konsequenz: Risiken seien nicht eindeutig mit der auferlegten Anforderung verknüpft. Die EZB habe für die Banken mit dem höchsten Risiko sogar durchgehend die niedrigsten unter den vordefinierten Anforderungen ausgewählt. Darüber hinaus stellten die Prüfer fest, die EZB habe es systematisch versäumt, die Aufsichtsmaßnahmen ausreichend auszuweiten, wenn das Kreditrisiko hoch und anhaltend war und die Kontrollschwächen fortbestanden.
Zu wenige Mitarbeiter in der Bankenaufsicht
Die Prüfer kritisieren den Mangel an Mitarbeitern – sowohl bei der EZB als auch bei den nationalen Aufsichtsbehörden –, die an der Bankenaufsicht mitwirken, wie auch die Länge des Aufsichtszyklus 2021, die dazu führen könnte, dass die Bewertungen nicht mehr aktuell sind. Dagegen loben die Prüfer, dass die aus der Zeit vor April 2021 stammenden Altbestände an notleidenden Krediten seit 2015 zurückgegangen seien, was unter anderem auf die Maßnahmen der EZB zurückzuführen sei. Die EZB habe jedoch in Fällen, in denen Banken nicht über solide Verfahren und Daten zur Ermittlung und Bewertung notleidender Kredite verfügten, ihre Aufsichtsbefugnisse nicht systematisch genutzt. (mki)
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