Ein Artikel von Dr. Alexander Ströhl, AssCompact
Alles beginnt mit einem Deal: Mit dem europäischen „Green Deal“ wollen die 27 EU-Mitgliedsstaaten bis 2050 klimaneutral werden. In einem ersten Schritt sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% gegenüber dem Stand von 1990 sinken. Zur Verwirklichung der Ziele des europäischen „Green Deals“ sind daher erhebliche Umweltinvestitionen nötig. Um die derzeitigen Klima- und Energieziele bis 2030 zu erreichen, müssen nach Schätzungen der EU-Kommission jährlich mindestens 260 Mrd. Euro zusätzlich in Infrastruktur, Technologie und Unternehmen investiert werden. Das entspricht etwa 2% des Bruttoinlandsprodukts aller 27 EU-Staaten des Jahres 2020 – Zahlen, die verdeutlichen, dass die grüne Transformation nur durch die Mobilisierung privaten Kapitals zu stemmen ist.
Was ist die Taxonomie?
Herzstück der Neuorientierung im Finanzsektor hin zu Investitionen in klima- und umweltfreundliche Aktivitäten ist die sogenannte EU-Verordnung über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen – kurz: die EU-Taxonomie. Dieses komplexe Regelwerk legt EU-weit fest, was künftig als ökologisch nachhaltige wirtschaftliche Aktivität gilt. Nach Artikel 1 der Taxonomie-Verordnung lautet der Anspruch, mit den festgelegten Kriterien „den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können“. Das Klassifizierungssystem soll so verhindern, dass Unternehmen, Fondsgesellschaften oder Investmentfonds Greenwashing betreiben – sich also als grüner ausgeben, als sie es wirklich sind. Im besten Fall werden dadurch Unternehmen, die von 2022 an glaubhaft nachweisen, dass bestimmte Umsatzanteile Taxonomie-konform sind, attraktiver für Investorinnen und Investoren. Die EU beabsichtigt damit, das Vertrauen unter den Anlegerinnen und Anlegern in nachhaltige Finanzprodukte zu fördern, um verstärkt privates Kapital in klima- und umweltfreundliche Aktivitäten zu lenken.
Wie definiert die Taxonomie Nachhaltigkeit?
Um entsprechend der Taxonomie innerhalb der EU als nachhaltige Wirtschaftsaktivität zu gelten, muss sie – erstens – einen signifikanten Beitrag zu mindestens einem der sechs Umweltziele der EU-Klimapolitik leisten.
Die sechs Umweltziele der EU-Klimapolitik:
- Klimaschutz
- Anpassung an den Klimawandel
- Schutz von Wasser und Meeren
- Übergang zur Kreislaufwirtschaft
- Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmtuzung
- Schutz der Ökosysteme
Laut Taxonomie ist beispielsweise der Ausbau klimaneutraler Mobilität wie durch den Elektromotor ein solcher wesentlicher Beitrag zum Umweltziel „Klimaschutz“. Zweitens darf eine Wirtschaftsaktivität innerhalb der anderen fünf Umweltziele keine erhebliche Beeinträchtigung anrichten. Beim Umweltziel „Klimaschutz“ trifft das beispielsweise auf alle Aktivitäten zu, die zu erheblichen Treibhausgasemissionen führen wie eben die Produktion von Verbrennungsmotoren durch die Autohersteller. Drittens muss eine Wirtschaftsaktivität auch sozialen Kriterien entsprechen. Diese beziehen sich auf anerkannte international gültige Rahmenwerke wie beispielsweise die „Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“ der Vereinten Nationen (UN) sowie die „Leitsätze für multinationale Unternehmen“ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Eine Wirtschaftsaktivität, die nachweislich alle drei Definitionskriterien erfüllt, ist Taxonomie-konform und gilt dann innerhalb der EU als nachhaltiges Geschäftsmodell.
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