Der deutsche Versicherungsmarkt hatte es zuletzt nicht leicht. Die Lebensversicherung dümpelte in den letzten Jahren aufgrund volatiler Zinsmärkte und herausfordernden wirtschaftlichen Bedingungen so vor sich hin, in der Kfz- und Wohngebäudeversicherung rissen Faktoren wie beispielsweise die hohe Schadeninflation und steigende Löhne große Löcher in die Taschen der Versicherer.
Nun sollen zwei Schweizer Versicherer darüber nachdenken, den deutschen Markt zu verlassen. Das haben mehrere Tages- und Branchenmedien in der letzten Woche übereinstimmend berichtet. Es handelt sich dabei um die Helvetia und die Baloise.
Rückzug aufgrund schwächelnden Geschäfts – Helvetia dementiert
Laut einem Bericht in der Süddeutschen Zeitung (SZ) vom 25.02.205 soll der Abschied der Helvetia vom deutschen Versicherungsmarkt bereits konkrete Formen annehmen. Der Versicherer soll von mehreren Bietern unverbindliche Angebote erhalten haben und wolle nun den digitalen Datenraum für ausgewählte Interessenten öffnen, wo diese einen Einblick in die internen Daten der Gruppe gewinnen können. Auf dieser Basis können die Interessenten dann ein verbindliches Kaufangebot machen.
Verkaufen will der Versicherer laut Medienberichten zwei Tochtergesellschaften sowie die Niederlassung in Frankfurt am Main mit rund 800 Mitarbeitenden und Prämieneinnahmen von rund 1 Mrd. Euro. Hintergrund soll das schwächelnde Geschäft aufgrund der „stotternden deutschen Wirtschaft und eingeschränkter Bautätigkeit“ sein, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg bereits im Januar berichtete.
Auf AssCompact Nachfrage schweigt der Versicherer. „Gerüchte kommentieren wir nicht“, heißt es vonseiten des Unternehmens.
Baloise dementiert Berichte – Fokus auf profitable Segmente
Die Baloise dagegen dementiert die Berichte über einen potenziellen Rückzug. Der Schweizer Versicherer, damals noch die Basler, nahm den Geschäftsbetrieb in Deutschland bereits im Jahr 1864, nur ein Jahr nach Gründung, auf.
Nun sollte der Versicherer nach Ansicht von Lars Förberg, dem Chef des schwedischen Investmentfonds Cevian, das Deutschlandgeschäft aufgeben. Cevian ist der größte Anteilseigner der Baloise. In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung kommentierte Förberg, dass die Baloise in Deutschland nicht erfolgreich sei und es wohl auch nie sein werde. „Deshalb sollte sie sich von da zurückziehen“, wird Förberg in dem Interview zitiert.
Laut dem Versicherer hat das Unternehmen aber keine konkreten Pläne, den Markt zu verlassen. „Wir überprüfen unsere Portfolien kontinuierlich, aber wir arbeiten nicht am Rückzug aus Deutschland“, so ein Sprecher von Baloise auf AssCompact Nachfrage. „Wir arbeiten hart an der Umsetzung unserer Refokussierungsstrategie und entwickeln damit das Geschäft zu einem maßgeblichen Beitrag von Ertrag und Barmitteln. Ziel ist, dass das deutsche Geschäft im Jahr 2027 30–50 Mio. Schweizer Franken [Anm. d. Red.: ca. 32 – 53 Mio. Euro] Barmittel generiert. Dies ist eine materielle Steigerung des aktuellen Niveaus.“ Details dazu habe der Versicherer während des Investorenupdates im vergangenen September vorgestellt.
Infolge der oben genannten Refokussierungsstrategie hat der Versicherer im Oktober 2024 bekannt gegeben, den Portfoliobestand des Tochterunternehmens FRIDAY in Deutschland und Frankreich, an die Allianz Direct zu verkaufen. Die Baloise sagte zu dem Zeitpunkt, man wolle sich „künftig auf profitable Segmente, in welchen wir eine relevante Größe haben“ zu konzentrieren. Der Digitalversicherer FRIDAY setzt vor allem auf flexible Versicherungsprodukte in der Kfz- und Hausratversicherung. (js)
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