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18. Juni 2024
Elementarschäden: Kommt jetzt die Versicherungspflicht?

Elementarschäden: Kommt jetzt die Versicherungspflicht?

Die Diskussion um eine Pflichtversicherung für Elementarschäden ist nicht neu. Aber jüngste Hochwasserereignisse haben sie wieder neu entfacht. Bisher konnte sich die Politik nicht auf eine gemeinsame Vorgehensweise einigen. Aber diese Woche könnte eine Entscheidung ins Haus stehen.

Die Pegelstände in Süddeutschland sind zurückgegangen, aber die durch die jüngsten Hochwasserereignisse wieder aufgelebte Diskussion um eine Versicherungspflicht gegen Elementarschäden schlägt weiterhin hohe Wellen.

Die Debatte um die Elementarschadenversicherung hält die Politik und die Versicherungsbranche schon seit Jahren in Atem. Nun könnte diese Woche eine Entscheidung fallen. Die Diskussion um die Einführung einer Pflichtversicherung steht nämlich auf der Agenda für die am Donnerstag, den 20.06.2024, anstehende Ministerpräsidentenkonferenz, wo Bundeskanzler Olaf Scholz sich mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder beraten wird.

Länder drängen auf Versicherungspflicht

Die Länder werden auf eine Entscheidung für die Pflichtversicherung drängen. Vergangene Woche verabschiedete der Bundesrat einen Entschließungsantrag, in dem er die Bundesregierung aufforderte, „unverzüglich einen geeigneten Vorschlag zur Einführung einer bundesweiten Pflichtversicherung gegen Elementarschäden zu unterbreiten“. Ziel der Versicherungspflicht müsse es sein, für die Betroffenen eine „wirksame finanzielle Absicherung gegen die massiven materiellen Schäden zu schaffen, bei der auch die Bezahlbarkeit für alle gewährleistet ist“, heißt es in der Entschließung.

Vor allem für Hausbesitzer mit besonderem Risiko seien die Prämien derzeit „astronomisch hoch“, kritisierte die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger von der SPD. Eine Pflichtversicherung würde eine Beitragsgestaltung ermöglichen, die dafür sorgen würde, dass alle Hausbesitzer sich eine solche Versicherung leisten können, so die Politikerin. Die Deutsche Aktuarvereinigung e. V. teilt diese Meinung nicht. Laut den Versicherungsmathematikern würde eine Elementarschadenpflicht sehr wahrscheinlich nicht zu niedrigeren Prämien führen.

Ampelparteien uneinig

Auf Bundesebene ist die Forderung nach einer Pflichtversicherung umstritten. In seiner Regierungserklärung von Anfang Juni sagte Scholz, man „komme voran“ in Sachen Elementarschadenversicherung. Laut dem Kanzler müssen sich Eigentümer von Häusern und Wohnungen gegen Elementarschäden versichern können. Damit bekannte sich der Kanzler zwar nicht klar zu einer Versicherungspflicht, aber zumindest doch zu einer Lösung, die es zulassen würde, alle Gebäude in der Bundesrepublik gegen Elementarschäden abzusichern. Viele Immobilienbesitzer, deren Gebäude in einem Hochrisikogebiet steht, haben derzeit oft Probleme, Versicherungsschutz zu erhalten.

Das von Koalitionspartner FDP geführte Bundesjustizministerium (BMJ) hat seine Position bereits des Öfteren klar gemacht. Eine bundesweite Pflichtversicherung könne das Problem der Gebäudeschäden und der finanziellen Belastung der Bürger nicht lösen. Zudem sei eine Kontrolle einer solchen Versicherungspflicht aufwendig und kostenintensiv, heißt es vonseiten einer Sprecherin des BMJ.

Versicherer sehen Pflichtversicherung nicht als Lösung

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) hat angesichts der anstehenden Gespräche seine Position noch einmal bestärkt. Der Branchenverband sieht eine Pflichtversicherung nicht als alleinige Lösung. „Im Moment versuchen die Bundesländer die notwendigen Investitionen in den Schutz von Menschenleben und Sachwerten durch den ‚Ruf nach einer Pflichtversicherung‘ zu ersetzen“, sagt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin, auf Nachfrage von AssCompact. „Versicherungsschutz ist jedoch kein Substitut für Prävention und Klimafolgenanpassung. Angesichts der zunehmenden Extremwetterereignisse brauchen wir jetzt einen ganzheitlichen Ansatz. Nur so werden Vulnerabilitäten gesenkt, die Finanzmarktstabilität auch bei Größtschäden gewährleistet und die Versicherungsdichte erhöht“, so Käfer-Rohrbach weiter.

Das Gesamtkonzept des Branchenverbandes, das aus den drei Elementen Prävention, Versicherungsschutz und eine finanzielle Regelung für Naturkatastrophenfälle besteht, sei von den Gremien des Verbandes immer wieder geprüft und bestätigt worden, denn es durchbreche die „Spirale aus steigenden Schäden und steigenden Prämien ohne massiv in die Vertragsfreiheit der Versicherer einzugreifen“.

Versicherer nutzen oft Opt-out-Modell

Laut Statistiken des GDV besteht für 54% der Gebäude in der Bundesrepublik eine Elementarschutzversicherung. Verschiedene Versicherer bieten eine sogenannte Opt-out-Lösung an. Das bedeutet, Wohngebäudeversicherungen werden im Neugeschäft immer mit Elementarschutz angeboten. Wenn ein Kunde diesen nicht möchte, muss er ihn aktiv abwählen.

BDVM will bestehendes System vorantreiben

Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e. V. (BDVM) möchte an der Verbreitung der Elementarschadenversicherung über den privatwirtschaftlichen Weg festhalten. Neben einer Angebotspflicht für Versicherer für den Einschluss von Elementargefahren – dem oben genannten Opt-out – fordert der BDVM zudem eine Abschaffung oder massive Senkung der Versicherungssteuer auf den Elementarbaustein. Dies würde die weitere Verbreitung der Elementarversicherung unterstützen, ebenso wie eine klare Kommunikation, dass nach Naturkatastrophen keine finanziellen Unterstützungen in Form von Soforthilfe, sondern nur noch in Härtefallregelungen im Einzelfall geleistet werden.

Anstelle einer Pflichtversicherung sollte das bestehende System aus Informationen der Bürgerinnen und Bürger, Prävention und privatwirtschaftliche Versicherung konsequent vorangetrieben werden, so der Verband.

Laut Informationen der Hessischen Staatskanzlei wird am Ende der Beratungen ein Beschluss der Ministerpräsidenten stehen, der im Anschluss an die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) veröffentlicht werden wird. Hessen hat zum 01.10.2024 turnusgemäß den Vorsitz der MPK übernommen. Der Vorsitz der MPK wechselt jährlich zwischen den Bundesländern nach einer festgelegten Reihenfolge. (js)

Bild: © Berit Kessler – stock.adobe.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Jan Lanc (392496) am 19. Juni 2024 - 08:44

Die Pflicht ist überfällig oder aber keine Hilfen mehr für die Opfer. Wenn eine Wohnung brennt kommt auch keine Hilfe vom Staat bei fehlender Hausratversicherung.