Das Bundeskabinett hat in seiner Sitzung am 26.08.2020 einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, der die im Koalitionsvertrag vereinbarte Digitale Rentenübersicht ermöglichen soll. Das in Kurzform Rentenübersichtsgesetz (RentÜG) genannte Vorhaben, hat das Ziel transparent zu machen, wie es um die eigene Absicherung im Alter bestellt ist.
Säulenübergreifender Überblick
Um einen Gesamtüberblick über die persönlich zu erwartende Rente herzustellen, sollen die erworbenen Ansprüche aus der gesetzlichen und privaten Altersvorsorge sowie der betrieblichen Altersversorgung säulenübergreifend abrufbar sein. Zu diesem Zweck ist geplant, ein Online-Portal einzurichten, auf dem die Informationen zusammengeführt und so übersichtlich dargestellt werden, dass sie auch für Laien nachvollziehbar sind.
Straffer Zeitplan
Der Gesetzesentwurf sieht die Schaffung einer zentralen Stelle bei der Deutschen Rentenversicherung Bund vor, die das Online-Portal umsetzen soll. Die Bundesregierung plant das Gesetz noch in diesem Jahr zu verabschieden. Bereits 2021 soll das Online-Portal entwickelt und im Herbst 2022 der Betrieb der Digitalen Rentenübersicht erprobt werden. Für 2023, jedoch spätestens 2024, ist der Regelbetrieb des Portals vorgesehen. Der Zeitplan gilt als ambitioniert. Während die Teilnahme im Probebetrieb noch freiwillig ist, sind Anbieter von Leistungen zur Altersabsicherung ab 2023 verpflichtet, ihre Informationen bereitzustellen.
Überschaubare Kosten prognostiziert
Die Kosten für Entwicklung und Erprobung werden mit knapp 20 Mio. Euro veranschlagt und vom Bund übernommen. Im Regelbetrieb erwartet die Regierung dann jährlich anfallende Kosten von 4,5 Mio. Euro. Die Mehrausgaben für den Regelbetrieb sollen durch Einsparungen im Bundesministerium für Arbeit und Soziales ausgeglichen werden.
Vorbilder aus Skandinavien und der Privatwirtschaft
Das Vorhaben ist nicht neu. Gerade in den skandinavischen Ländern gibt es bereits digitale Rentenkonten, die alle Informationen über die Absicherung im Alter bündeln. Doch auch in Belgien und den Niederlanden existiert das Konzept. In Deutschland wurde das Vorhaben ebenfalls bereits erforscht und vereinzelt auch in Pilotprojekten umgesetzt. Die Allianz hatte zuletzt mit ihrem Rentenkompass von sich reden gemacht, doch bereits zuvor waren FinTechs mit Renten-Cockpits bzw. Vorsorge-Cockpits an den Start gegangen.
Kritik und Lob von Interessensverbänden
BdV kritisiert verengte Sicht des Vorhabens
Doch wenngleich das Vorhaben schon lange in den Startlöchern steht, stößt die geplante Umsetzung nicht überall auf Gegenliebe. Der Bund der Versicherten e. V. (BdV) beispielsweise kritisiert das Vorhaben als Stückwerk. Nach Ansicht des BdV liegt der Fokus des Gesetzentwurfs zu sehr auf den Lebensversicherern. Andere Sparformen der Altersvorsorge würden bis auf wenige Ausnahmen (Riester- und Rürup-Verträge) ignoriert.
Sparprodukte müssen einbezogen werden
Der BdV plädiert dementsprechend dafür, die Altersvorsorge weiter zu fassen und Sparprodukte in die Übersicht der persönlichen Altersvorsorgeaktivitäten mit einzubeziehen. Er verweist in diesem Zusammenhang auch auf die aktuell schlechte Verfassung der Lebensversicherer. So kommentierte BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein dazu: „Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung den toten Gaul Lebensversicherung nicht weiter reitet.“
VdK fordert Alternative für Personen ohne Internetanschluss
Der Sozialverband VdK weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass die Teile der Gesellschaft nicht vergessen werden dürfen, die noch immer keinen Internetzugang haben und dementsprechend nicht an dem geplanten Online-Portal partizipieren könnten. Wenngleich auch der VdK das Transparenzversprechen begrüßt, das mit dem Gesetzesvorhaben verbunden ist.
GDV hinterfragt technische Umsetzung
Positiv hingegen äußerte sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV). Der Verband begrüßt den Gesetzesentwurf grundsätzlich und merkt nur bei den Details der technischen Umsetzung Nachbesserungsbedarf an.
BVK sieht die Übersicht als Beratungsgrundlage
Auch der BVK glaubt, dass die Digitale Rentenübersicht zur Transparenz in der Altersvorsorge beitragen kann. So eine Übersicht stelle eine gute Grundlage für ehrbare Versicherungskaufleute dar, die ihre Kunden umfassend beraten wollten, merkte BVK-Präsident Michael Heinz an.
Lob und Ratschläge zum Datenschutz
Das Beratungsunternehmen Aon Solutions Germany äußert sich ebenfalls wohlmeinend zu dem Gesetzesvorhaben. Das ist jedoch kaum verwunderlich. Das Unternehmen hatte gemeinsam mit der Universität Ulm ein Gutachten zur Umsetzung des Online-Portals für die Digitale Rentenübersicht erstellt. Dieses Gutachten dient dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nun als Grundlage, wenn es um die im Gesetzesentwurf vorgesehene Etablierung des Online-Portals geht. Um den Datenschutz der Bürger zu gewährleisten, fordert Aon, dass die Daten nicht zentral bei der Deutschen Rentenversicherung Bund gelagert werden, sondern erst beim Abruf aggregiert würden.
Bild: © Bobboz – stock.adobe.com
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