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25. Oktober 2023
Diese Themen beschäftigen die Versicherer gegenwärtig stark

Diese Themen beschäftigen die Versicherer gegenwärtig stark

Zinswende, Arbeitgeberattraktivität, moderner Vertrieb: Die Liste an Herausforderungen für die Versicherungsbranche ist lang. Bei der als „Elefantenrunde“ bekannten Diskussion von Versicherungsvorständen auf der DKM 2023 kamen sie zur Sprache. Welche Antworten haben die Versicherer?

Manchmal sorgt der Zufall – dieser Moment des Unerwarteten – für die gewisse Portion Spannung, die die Dinge so ungemein anziehend macht. So auch auf der diesjährigen DKM 2023 in Dortmund. Wie es der Zufall nämlich so wollte, führte die auch als "Elefantenrunde" bekannte Diskussionsrunde von Versicherungsvorständen zwei derzeit im Rampenlicht der Branche stehende Persönlichkeiten zusammen: nämlich den Vorstand der Barmenia Versicherungen, Dr. Andreas Eurich, und den Vorstand des Gothaer Konzerns, Oliver Schoeller. Die Spannung hierin: die erst vor kurzem bekannt gegebenen Fusionspläne zwischen den beiden Häusern (AssCompact berichtete hier und hier).

Die Antwort der involvierten Vorstände fällt knapp aus

Und natürlich stand der geplante Zusammenschluss für einen kurzen Moment in der von Brigitte Horn, Chefredakteurin des Fachmagazins AssCompact, moderierten Gesprächsrunde im Mittelpunkt, an der neben den bereits genannten Vorständen auch Dr. Thilo Schumacher, Vorstandsvorsitzender der AXA Konzern AG, und Dr. Thomas Wiesemann, Mitglied des Vorstandes der Allianz Lebensversicherungs-AG und Allianz Private Krankenversicherungs-AG, teilgenommen hatten. Vor zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern wurden Dr. Eurich und Schoeller nach dem Stand der Dinge gefragt. Die Antwort fiel kurz aus: Alles gehe guter Dinge. Die BaFin sei nun am Zug, die Due-Diligence-Prüfung laufe. Man arbeite dran. Punkt.

Versicherer müssen nachhaltig und langfristig vorgehen

Danach gehörte die Bühne den übergreifenden Themen, die die Versicherer aktuell stark beschäftigen. Unter dem Motto „Treiber oder Getriebene? Die Multi-Transformation der Versicherungsbranche“ wurden insbesondere die Themen Zinswende, Arbeitgeberattraktivität und moderner Vertrieb diskutiert. Um das Fazit gleich vorwegzunehmen: „Wenn die Versicherer nachhaltig und langfristig denkend die Veränderungen angehen, dann kann die Branche damit hervorragend umgehen“, so die einhellige Meinung unter den Diskutanten. Und die Versicherungsbranche sei darauf gut vorbereitet.

Zinswende ist lediglich eine Normalisierung der Bedingungen

Doch der Reihe nach: Die Zinswende bewerten alle Beteiligten positiv. Schließlich stelle sie nur die Normalisierung der Marktbedingungen dar. Dass damit eine Beeinträchtigung des Einmalbeitragsgeschäfts bei Lebensversicherungen einher gehe, sei daher weniger dramatisch. Vielmehr erlebte dieser Bereich infolge des Niedrigzinsniveaus eine Sonderkonjunktur, so Wiesemann. Nach wie vor, so der Tenor, sei den Menschen die Relevanz von Vorsorge entweder durch eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) oder durch die Möglichkeiten der privaten Vorsorge bewusst. Davon profitiere das Geschäft mit laufendem Beitrag – insbesondere im Bereich bAV, das die Arbeitgeber im Wettbewerb um Fachkräfte als wichtiges Differenzierungsmerkmal für sich zu wissen nutzen.

Wettbewerb um Fachkräfte ist unter Versicherern groß

Apropos Fachkräftemangel: ein weiteres zentrales Thema, das die Branche – Versicherer wie Makler – gegenwärtig stark umtreibt. Überall fehlten die Mitarbeiter, das Servicelevel sei schwierig zu halten, der Wettbewerb zwischen den Versicherern um Fachkräfte sei ungemein groß, so die Vorstände der Versicherer. Aber das habe auch sein Gutes, ist etwa Gothaer-Vorstand Schoeller überzeugt. Denn die Gesellschaften unternähmen mittlerweile viele Anstrengungen, um sich als attraktiver Arbeitgeber in der Wirtschaft insgesamt, aber auch in der Branche zu positionieren. Eine attraktive Arbeitsplatzgestaltung zähle hierzu, genauso wie die frühzeitige Integration junger Menschen in Entscheidungsprozesse oder die Flexibilisierung von Arbeitsplätzen wie Teilzeit für Führungskräfte. Und: Alle Beteiligten müssen dorthin gehen, wo die jungen Menschen anzutreffen seien, also auf dem Smartphone, im Netz, bei Tiktok.

KI: auf Euphorie wird auch Frust folgen

An diesem Punkt leitete Moderatorin Brigitte Horn auf ein mit Tiktok und Co. verwandtes Thema: die Digitalisierung, insbesondere bei künstlicher Intelligenz (KI). Alle Diskussionsteilnehmer beteuerten, dass niemand vor einem Ersatz durch KI Angst haben müsse. Zwar könne die neue KI-Generation – die sogenannte generative KI – auf kreative Art und Weise Neues erzeugen. Niemand der anwesenden Vorstände sieht dadurch jedoch eine Abschaffung der persönlichen Beratung. Vielmehr könne KI unterstützen, das Serviceerlebnis für die Kundinnen und Kunden auf möglichst hohem Niveau zu halten. Ziel müsse sein, den Kundinnen und Kunden sofort eine Lösung zu bieten. Dazu müssten die Versicherer nun aber in die Identifizierung geeigneter „use-cases“ gehen. Unmittelbare Folgen auf Produktebene sieht AXA-Vorstand Dr. Schumacher in den nächsten drei bis fünf Jahren allerdings noch nicht. „Die Entwicklung wird sich wellenförmig bewegen. Auf Euphorie folge Frust und dann kommen wir langsam in eine kontinierliche Weiterentwicklung“, so Dr. Schumacher.

Vorstände sprechen sich klar für courtagebasierte Vergütung aus

Abschließend stand auch angesichts der aktuellen Debatte um eine Beschränkung oder gar Verbot der Provision die Frage im Raum, ob die Versicherer denn weiterhin „Lust auf Courtage“ hätten. „Wir wären wahnsinnig, wenn wir diese Vergütungsform opfern würden“, so Allianz Leben-Vorstand Dr. Wiesemann. Niedrige Einkommensgruppen profitieren dadurch von Beratung und Vorsorge, und das schütze vor Altersarmut, einem drängendem Problem der Zeit. Die versammelten Vorstände machten sich daher übereinstimmend für die Beibehaltung der courtagebasierten Vergütung stark. Denn: Zum einen koste auch Honorarberatung Geld, es werde eben nur an andere gezahlt. Zum anderen helfe im Schadenfall ohne zusätzliche Kosten nur eine oder nur einer: nämlich die vertraute Maklerin oder der vertraute Makler. (as)

Bild: © DKM; v. l. n. r.: Dr. Thomas Wiesemann (Mitglied des Vorstandes der Allianz Lebensversicherungs-AG und Allianz Private Krankenversicherungs-AG), Oliver Schoeller (Vorstandsvorsitzender des Gothaer Konzerns), Brigitte Horn (Chefredakteurin AssCompact), Dr. Andreas Eurich (Vorstandsvorsitzender der Barmenia Versicherungen), Dr. Thilo Schumacher (Vorstandsvorsitzender der AXA Konzern AG)