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18. Mai 2023
Die Zukunft der privaten Altersvorsorge in Deutschland
Die Zukunft der privaten Altersvorsorge in Deutschland

Die Zukunft der privaten Altersvorsorge in Deutschland

Die Bundesregierung hat Ende des vergangenen Jahres die „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ eingerichtet. Diese soll bis Sommer 2023 Empfehlungen für die geplante Rentenreform erarbeiten. Vor diesem Hintergrund hat das IVFP ein eigenes Konzeptpapier vorgelegt.

Ein Artikel von Prof. Michael Hauer, Geschäftsführer der Institut für Vorsorge und Finanzplanung GmbH

Wie sieht die Zukunft der privaten Altersvorsorge in Deutschland aus? Um eine Lösung zu finden, hat die Bundesregierung am 30.11.2022 die Einsetzung einer sogenannten „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ beschlossen. Betrachtet man die Lösungsvorschläge aller Beteiligten, so stellt man beachtliche Unterschiede fest. Das Institut für Vorsorge und Finanz­planung (IVFP) will mit seinem Konzeptpapier einen Überblick über die verschiedenen Ansätze geben und darauf aufbauend eine Lösung entwickeln, die sowohl praktikabel ist als auch den verschiedenen Strömungen gerecht wird.

Das IVFP stellt drei Optimierungsvorschläge für die staatlich geförderte Altersvorsorge vor.

Vorschläge zu Basis- und Riester-Rente

Zum einen soll die staatlich geförderte private Altersvorsorge der ersten Schicht in Form der Basisrente im Wesentlichen unverändert bleiben. Die Optimierungsvorschläge zur staatlich geförderten privaten Altersvorsorge beziehen sich also auf die sogenannte „Riester-Rente“. Die im Rahmen der Riester-Förderung eingeführte Zulagensystematik stellt die einzige vom Steuersatz unabhängige staatliche Förderung dar. Sie ist deshalb insbesondere für Niedrigverdiener, sozial Schwache und kinderreiche Familien außerordentlich gut geeignet – diese dürfen in der Altersvorsorge nicht abgehängt werden.

Das Institut schlägt hier die Übernahme der vorhandenen Zulagensystematik in vereinfachter Form für ein Nachfolgemodell der Riester-Förderung vor, sozusagen als „Zulagenrente“. Jeder Bürger unterhalb eines Bruttoeinkommens von rund 43.000 Euro soll die Grund- und Kinderzulage erhalten, und zwar ohne einen Mindesteigenbetrag – lediglich ein Vertragsabschluss muss vorliegen. Zahlt der Bürger freiwillig in die Zulagenrente ein, wird dies nochmals mit 50 Cent pro eingezahlten Euro gefördert. Die Leistungen aus der Zulagenrente sollen einkommensteuerfrei bleiben. Das heißt die sozial schwachen Bürger erhalten zunächst eine Zulage ohne Auflage vom Staat und die daraus resultierende Leistung steuerfrei. Ziel ist es, die Bürger mit diesem Anreizsystem für die Altersvorsorge zu gewinnen.

Für Bürger mit Einkünften über dem genannten Schwellenwert bietet sich die staatlich geförderte Altersvorsorge der ersten Schicht an – die Basisrente. Die geschilderte Zulagensystematik in die Basisrente der ersten Schicht zu integrieren, könnte eine Vereinfachung der gesamten Altersvorsorgesystematik in Deutschland bewirken. Als Produkte könnten sowohl kostengünstige standardisierte (digitale) Lösungen als auch eine ergänzende individuelle Lösung mit Beratung in Form von Fondssparplänen bzw. privaten Renten­versicherungen dienen.

Steuerliche Lösung für ungeförderte Altersvorsorge

Zum anderen soll es eine neue ergänzende steuerliche Lösung in der ungeförderten Altersvorsorge der dritten Schicht geben. Eine (deutlich) flexiblere Rentenphase ermöglicht es, den Bedürfnissen der Kunden besser gerecht zu werden. Beim Renteneintritt die Restlebenserwartung richtig einzuschätzen, ist für Kunden oft schwer. In sehr vielen Fällen wird vom Kapitalwahlrecht Gebrauch gemacht und auf eine Leibrente verzichtet. Dies führt unter Umständen dazu, dass das Geld schnell verbraucht ist und der eigentliche Zweck, eine finanzielle Absicherung bis zum Lebensende, verfehlt wird.

Eine Verlagerung der endgültigen Entscheidung über Kapitalauszahlung oder lebenslange Rente auf ein höheres Alter, beispielsweise das 85. Lebensjahr, kann das Problem zumindest abmildern. Vorstellbar ist daher, dass das angesparte Kapital zum Rentenbeginn zunächst als Entnahme- bzw. Auszahlplan schrittweise entnommen wird. Um Anreize für diesen Entnahmeplan zu schaffen, soll die Auszahlung bis zu einer bestimmten Grenze von beispielsweise jährlich maximal 3% des bei Auszahlungsbeginn vorhandenen Kapitalvermögens eine Steuerfreiheit erhalten, zum Beispiel über einen Zeitraum von 20 Jahren. Als Vorteil für den Gesetzgeber ergibt sich daraus, dass den Bürgern das für die Altersvorsorge angesparte Kapital für einen längeren Zeitraum zur Verfügung steht.

Die soeben aufgezeigte neue steuerliche Variante in der Auszahlungsphase soll für Produkte der dritten Schicht wie zum Beispiel privaten Rentenversicherungen gelten. Dadurch ergibt sich neben dem Halbeinkünfteverfahren und der Ertragsanteilsbesteuerung bei Wahl der Leibrente eine weitere Möglichkeit, sich steuerbegünstigt einen Entnahmeplan über einen bestimmten Zeitraum auszahlen zu lassen. Diese neue Regelung einer steuerfreien Entnahme im Rahmen eines Auszahlplans, beispielsweise über 20 Jahre, könnte man übrigens auch bei für die Altersvorsorge klassifizierten Fondsspardepots, wie vom BVI definiert, anwenden.

Fondsspardepot einbeziehen

Damit wäre das Fondsspardepot aus Sicht der Autoren des genannten Konzeptpapiers – Prof. Michael Hauer und Prof. Dr. Thomas Dommermuth – in der ungeförderten privaten Altersvorsorge der dritten Schicht als sinnvolle Ergänzung zum bestehenden System einzuordnen. Bei der privaten Rentenver­sicherung kann der Versicherungsnehmer bei Ruhestandsbeginn als Leistung eine lebenslange Rente mit der sogenannten Ertragsanteils­besteuerung wählen. Diese Option besteht bei den Fondsspardepots nicht – dies soll auch so bleiben. Die Absicherung des Langlebigkeitsrisikos bleibt also den privaten Rentenversicherungen vorbehalten.

Zudem empfiehlt es sich, bei der Besteuerung der Kapitalauszahlung auch beim Fondsspardepot auf ein bewährtes System zu setzen. Analog zu Kapitalauszahlungen bei Lebens- und Rentenversicherungen eignet sich dafür das Halbeinkünfteverfahren.

Fazit

Die aufgezeigten Reformvorschläge sollen die vorhandene einzigartige Zulagensystematik bei der geförderten Altersvorsorge in vereinfachter Form bewirken. Als Produktlösungen dafür eignen sich insbesondere auch private Rentenversicherungen, die das Langlebigkeitsrisiko absichern. Ist eher eine Kapitalauszahlung bzw. eine Auszahlung über einen bestimmten Zeitraum gewünscht, dann soll dies ebenfalls parallel dazu als ungefördertes Produkt für die private Altersvorsorge möglich sein. Dafür bieten sich neben privaten Rentenversicherungen auch entsprechend klassifizierte Fondsspardepots an.

Das IVFP schlägt bei der ungeförderten privaten Altersvorsorge eine dritte Möglichkeit der Auszahlung in Form eines steuerlich begünstigten Entnahmeplans vor, den es in dieser Art bisher nicht gibt. Aktuell bekannt ist das Halbeinkünfteverfahren bei Kapitalauszahlung und der Ertragsanteilsbesteuerung bei Wahl einer lebenslangen Rentenleistung. Das Institut für Vorsorge und Finanzplanung verfolgt die Absicht, die Altersvorsorge in Deutschland grundlegend zu reformieren, denn klar ist: Die Lösungen müssen schnellstmöglich her.

Das Konzeptpapier des IVFP in voller Länge findet sich unter: ivfp.de/research/studien

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 05/2023, S. 38 f., und in unserem ePaper.

Bild: © VRD – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Prof. Michael Hauer