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10. Januar 2023
Die Debatte um ein Provisionsverbot ist zurück
Die Debatte um ein Provisionsverbot ist zurück

Die Debatte um ein Provisionsverbot ist zurück

Die Europäische Kommission forciert ihren Plan, ein EU-weit geltendes Provisionsverbot bei der Vermittlung von Versicherungen und Finanzanlagen einzuführen. Denn MiFID II habe bisher kaum für Verbesserungen in der Finanzberatung gesorgt. Vermittler- und Beraterverbände bringen sich dagegen in Stellung und üben am Vorhaben scharfe Kritik.

Es kommt nur noch selten vor, dass heutzutage ausgerechnet ein Brief für viel Aufregung in der Vermittlerbranche sorgt. So sieht zum Beispiel der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) „das Aus für rund 200.000 Versicherungsvermittler in Deutschland“ kommen. Und auch beim Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V. (AfW) klingt es recht dramatisch, wenn von einem „Verlust einer Vielzahl von Arbeitsplätzen und der Vernichtung von Existenzen von vielen Gewerbetreibenden“ die Rede ist.

EU-Finanzkommissarin forciert Einführung eines Provisionsverbots

Doch worauf nimmt die heftige Kritik des BVK und des AfW Bezug? Richtig: auf einen Brief. Genauer gesagt auf einen Brief, den die EU-Kommissarin Mairead McGuinness – zuständig für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und die Kapitalmarktunion – an Markus Ferber (CSU), Abgeordneter im Europäischen Parlament, geschrieben hat – mit brisantem Inhalt. In dem Schreiben, das AssCompact vorliegt, konkretisiert die EU-Finanzkommissarin den Plan, ein EU-weites Provisionsverbot im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie bei der Anlageberatung einzuführen. Und dann könnte es der Fall sein, dass zukünftig in der gesamten Europäischen Union Finanz- und Versicherungsprodukte nur noch auf Honorarbasis vermittelt werden dürfen.

EU-Studien: Verkaufsanreize würden Anlageprodukte unnötig verteuern

Hauptargument der Kommissarin ist, dass die Änderungen an der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (MiFID II) zu keinen wesentlichen Verbesserungen hin zu einer vermehrt unabhängigen Finanzberatung geführt haben. Vielmehr sei, so das Schreiben, im Kleinanlegersegment der auf Verkaufsanreize – ergo Provisionen – gestützte Vertrieb weiterhin das wichtigste Modell für den Verkauf von Anlageprodukten. Und laut EU-Finanzkommissarin deuten Studien von EU-Kommission und EU-Aufsichtsbehörden wiederholt darauf hin, dass im provisionsbasierten System Kleinanlegern häufig Produkte verkauft werden, die teurer sind als andere, kostengünstigere Alternativen, die ebenfalls auf dem Markt erhältlich sind. Und McGuinness wird noch deutlicher. So geht sie auf Basis der Studien davon aus, dass Produkte, für die Verkaufsanreize gezahlt werden, im Durchschnitt etwa 35% teurer sind als Anlageprodukte, für die keine solche Verkaufsanreize gezahlt würden. Eine Stärkung der Verbraucherinteressen auf den Kapitalmärkten sei laut EU-Kommissarin mit MiFID II also nicht erreicht worden.

EU-Vorhaben deutete sich bereits im Dezember an

Dass die Europäische Kommission im Rahmen ihrer EU-Kleinanlegerstrategie nun zum wiederholten Mal die Einführung eines EU-weit geltenden Provisionsverbot forciert, war bereits im vergangenen Dezember abzusehen. Beim AfW-Hauptstadtgespräch war durch einen CDU-Finanzexperten im Bundestag bekannt geworden, dass die Provisionsverbot-Initiative in Brüssel demnächst in einem Verordnungsentwurf der EU-Kommission münden werde (AssCompact berichtete). Und die Äußerungen der EU-Finanzkommissarin McGuinness deuten nun in die gleiche Richtung.

BVK: EU schade dem Verbraucherschutz selbst

Doch Vermittler- und Beraterverbände bringen sich in Stellung und üben scharfe Kritik am EU-Vorhaben. BVK-Präsident Michael Heinz etwa wirft der EU-Kommission nun selbst die Schwächung des Verbraucherschutzes vor, sofern sie an der Einführung eines Provisionsverbotes festhalten sollte. „Die Kunden sind kaum bereit, vorab für eine Beratung ein dreistelliges Honorar zu bezahlen“, so Heinz. Heinz befürchtet zudem, dass viele Menschen, darunter insbesondere Geringverdiener, im Zuge der Pläne der Brüsseler Behörde auf eine nötige Absicherung verzichten müssten oder sich eben ohne Beratung um ihre Vorsorge kümmern müssten. Denn bereits jetzt zeige die geringe Akzeptanz der Honorarberatung, dass diese nicht im Kundeninteresse sei, schreibt der BVK-Chef. Der BVK halte daher ein Provisionsverbot für völlig unverhältnismäßig, da es eine gesamte Branche in ihrer Existenz gefährde – zumal Vermittler nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz bereits dazu verpflichtet seien, im bestmöglichen Interesse des Kunden zu beraten.

AfW: Qualifizierte Beratung gibt es nicht zum Nulltarif

Mit Verweis auf die Situation in Großbritannien übt man auch beim AfW scharfe Kritik an den Plänen von EU-Finanzkommissarin McGuinness. Denn dort hätten nach Einführung des Provisionsverbots auf Beratung angewiesene Kleinanleger keine persönliche Beratung mehr erhalten. In der EU wäre dies dann binnen kürzester Zeit der Fall, spekuliert man beim AfW. Außerdem befürchtet der Beraterverband, dass im Falle eines Provisionsverbots selbsternannte Experten ohne Qualifikation im Internet oder die Verbraucherzentralen noch mehr Zulauf erhalten würden. Doch „qualifizierte Beratung zu nachhaltigen Finanz- und Versicherungsprodukten aus der ganzen Breite des Marktes, die die Wünsche und insbesondere Bedürfnisse der Kunden abbilden, gibt es nicht zum Nulltarif“, so Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW. Der AfW werde – wie auch der BVK – in Zusammenarbeit mit den nationalen und europäischen Partnern alles dafür tun, dass die Pläne von EU-Finanzkommissarin McGuinness nicht realisiert werden. Dennoch: Die Debatte um ein Provisionsverbot bei der Vermittlung von Vorsorge- und Anlageprodukten ist eindeutig zurück. Und schon im Frühjahr will die EU-Kommission ihre konkreten Pläne für eine Privatanleger-Strategie vorstellen. Es braut sich etwas zusammen in Brüssel. (as)

Bild: © Menyhert – stock.adobe.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Uwe Hummel (433965) am 11. Januar 2023 - 11:08

Vielleicht wäre es das Beste aus dem überbezahlten "Technokratenverein" EU ( Europäischer Unsinn)  aus Brüssel der mit Verboten und Entmündigung der Bürger glänzt auszusteigen. Egal ob es um Umweltschutz geht wo man sich einem Grenzwertunterbietungswettbewerb hingibt, der sogar unter den stöchiometrischen Machbarkeit liegt bis hin zu Verboten von KFZ mit Verbrennungsmotor und nicht zuletzt auch die provisionsgestützte Beratung im Versicherungsbereich und Finanzanlagen.  Die Briten haben sich dieser unterqualifizierten aber hochgradig überbezahlten Transferleistungsempfänger rechtzeitig entzogen und lassen sich nicht mehr gängeln. 

Es ist mehr als bewiesen, dass Honorarberatung nicht angenommen wird und damit keine Beratung und Aufklärung mehr stattfindet. Nehmen wir mal das Thema Existenzabsicherung welcher sozialversicherungspflichtig Beschäftigte kennt sich denn mit den gültigen gesetzlichen Regelungen überhaupt aus ? Wer außer den Versicherungsmaklern informiert über diese Themen ? 

Welcher Politiker hat den Mut jungen Menschen zu erklären, dass man einen Anspruch erst nach der Zahlung von 60 Pflichtbeiträgen hat. Welcher Politiker kann erklären, dass es auch dabei noch unterschiedliche Regelungen je nach Alter und eventuellem Restleistungsvermögen gibt. Das verschweigt die Politik und überlässt es den Vermittlern sich darin zu schulen und verpflichtend weiterzubilden und die " Bedürftigen" aufzuklären.

Was passiert eigentlich wenn ein AZUBI nach 2 Jahren Einzahlung berufsunfähig wird und keinen Anspruch wegen fehlender Pflichtbeiträgen hat ? Was passiert wenn der noch zuhause wohnt und nun Bürgergeld oder früher Hartz 4 beziehen will ? Da geht es an die Ersparnisse der Eltern ! 

Diese Wahrheiten werden von der Politik ganz gezielt verschwiegen. Das kostet Wählerstimmen ! 

Dies soll nach dem Willen dieser an der Realität weit entfernten in einer exclusiven hochbezahlten Welt lebenden Politikern kostenfrei oder gegen Honorar vermittelt werden. Das Beispiel Großbritannien hat diesen bürokratisch verordneten Blödsinn als vollkommen untauglich entlarvt. Diese Fakten werden gezielt außen vor gelassen. 

Aus meiner Sicht wird mit diesem Versuch die provisionsgestützte qualifizierte Beratung auszuhebeln das eigentliche Kernproblem, nämlich die mangelhafte Aufsichtspflicht ( auch fehlerhaftes Verwaltungshandeln genannt ) zu verschleiern. 

Aus meiner Sicht ist der Vorstoß die provisionsgestützte Beratung zu verbieten eine Maßnahme um die Bürger für unmündig zu erklären und nebenbei auch " dumm" zu halten. Menschen die aufgeklärt sind über die staatlichen Enteignungsmaßnahmen und erkennen dass mancher Politiker ein infamer Lügner mit Erinnerungslücken (  selbst erklärte Teilzeitdemenz ) ist, könnten ja unbequem werden.   

Als Beispiel dazu kann man den früheren Wirtschaftsminister  CDU und den damaligen Finanzminister SPD ( heute Bundeskanzler) sogar namentlich benennen. Im Protokoll der Bundespressekonferenz vom 20.3.2020 wurden Hilfen für Soloselbstständige die nicht zurückgezahlt werden müssen von beiden unisono versprochen, ( natürlich kann ich das auch schriftlich beweisen)  , tausenden Selbstständigen ist mittlerweile eine Rückzahlungsaufforderung ins Haus geflattert. Natürlich will man von den damaligen Zusagen nichts mehr wissen, das hat man vergessen oder behauptet sogar dies nie gesagt zu haben. 

Einerlei ob Brüssel, (die haben gar kein Recht in Deutschland zu regieren) noch den überbezahlten in der Zahl viel zu hohen Abgeordneten in Berlin kann man wirklich vertrauen. Weder Minister noch Abgeordnete müssen eine Qualifikation vorlegen oder eine Eignung für diese Amt besitzen,  ganz anders Versicherungsvermittler und Finanzanlagenvermittler, die teilweise sogar grundgesetzwidrig ihre Geschäftsgrundlage offenlegen müssen.  

  

Uwe Hummel

Fachberater bAV ebs 

  

 

Gespeichert von Rainer Stieber… am 11. Januar 2023 - 16:05

Die EU-Kommission stellt Behauptungen auf, die durch die angebliche Überprüfung der MIFID-II nicht belegt sind.
Die Unterstellung, dass Provisionen falsche Anreize an den Vertrieb darstellen ist bislang durch keine valide Unterstellung belegt. Es wird eben behauptet, weil es sich eingängig anhört.
Fakt ist, dass durch mehrere Studien belegt ist, dass die Qualität der Beratung gegen Provision besser ist als gegen Honorar. Bei den validen Untersuchungen wurde immer wieder gesehen, dass Honorarberater kaum dauerhafte Kundenbeziehungen sehen wie dies bei Provisionsberatern der Regelfall ist. Gerade diese auf Dauer angelegte Kundenbeziehung stellt aber einen bedeutenden Kundennutzen dar.
Honorarberater sind überwiegend nicht bereit, die technischen Voraussetzungen für eine qualitätsorientierte Beratung zu schaffen.
Die Kommission, die Aufsicht und die meisten Politiker übersehen stets den großen volkswirtschaftlichen Vorteil der Provisionsberatung. Der Provisionsberater erhält sein Entgelt nur bei Abschluss. Er / Sie berät aber 2 - 3 mal ohne einen Abschluss zu tätigen. Diese kostenlose Beratung stünde dann nicht mehr zur Verfügung.
Weiterhin muss gesehen werden, dass 50% der Haushalte in Deutschland ein Haushaltseinkommen von EUR 2.000,00 / Monat oder weniger haben. Wovon sollen diese Haushalte dann die Honorare bezahlen?
Vor ein paar Jahren hat der Bundesverband Verbraucherschutz bereits gefordert, staatliche Subventionen für die Beratung von Verbraucher in Fragen der Finanzdienstleistung zu erhalten. Soll dieses Ziel wirklich angestrebt werden? 
Unsere Untersuchungen haben immer wieder ergeben, dass der Verbraucherschutz teilweise erhebliche fachliche Defizite in der Beratung aufweist. Bislang muss dieser seine Sachkunde nicht belegen.

In Großbritannien hat das Provisionsverbot bewirkt, dass die Private Vorsorge abgenommen hat. 
Wer kommt dann für die Schäden wegen mangelnder Risikodeckung auf?
Letztendlich würde dies dazu führen, dass die besser verdienenden dank Honorarberater vorsorgen können und der größte Teil der Bevölkerung bedarf der staatlichen Vorsorge.
Aber genau diese staatliche Versicherung wollte die EU nicht.

Dass Provisionsprodukte teurer sind, ist nur bedingt nachvollziehbar. Wir haben festgestellt, dass es keine Produkte ohne Vertriebskosten gibt. Die Abschlusskosten stellen hierbei nicht unbedingt den größten Posten dar. Letztendlich muss hier der Verbraucher entscheiden, ob er ein Produkt mit höheren Kosten wählt. Diese Kostentranzparenz ist heute bereits gegeben.