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1. März 2022
DIA: So hat die Pandemie Finanzen, Beruf und Wohnsituation beeinflusst
DIA: So hat die Pandemie Finanzen, Beruf und Wohnsituation beeinflusst

DIA: So hat die Pandemie Finanzen, Beruf und Wohnsituation beeinflusst

Wen hat die Corona-Situation wie stark getroffen und welche Schlüsse wurden daraus gezogen? Eine Bestandsaufnahme des Deutschen Instituts für Altersvorsorge anhand von beruflich-finanzieller und sozio-ökonomischer Lage versucht Antworten zu formulieren.

Von der Corona-Pandemie war bisher jeder Fünfte in Deutschland finanziell ganz erheblich betroffen: 8% hatten hohe Einkommensverluste von mehr als 5.000 Euro im Monat zu verkraften, 11% mussten finanzielle Mittel mobilisieren – also beispielsweise einen Antrag auf Sozialleistungen stellen, ein Darlehen aufnehmen oder Ersparnisse aufbrauchen. Ein weiteres knappes Fünftel hatte zwar keine finanziellen Probleme, arbeitete aber pandemiebedingt im Home-Office. Für drei Fünftel dagegen änderte Corona bei Einkommen und Berufsgestaltung gar nichts.

Das ergibt die jüngste Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) „Gibt es Long Covid beim Sparen und Wohnen?“, die nach zwei Jahren Pandemie eine Aussage über die Dimensionen der Betroffenheit durch die mit Corona verbundenen Be- und Einschränkungen machen möchte. Genauer betrachtet wurden vor allem die Themen „Konsumausgaben/Sparen“, „Ausbreitung Home-Office“ und „Wohnsituation“.

Beruflich-finanzielle und sozio-ökonomische Typisierung

Zur Beschreibung der unterschiedlichen Betroffenheiten wurden im Rahmen der Studie zwei Typisierungen durchgeführt: Neben die eingangs bereits beschriebene beruflich-finanzielle („Einkommensverlust“, „Mittelmobilisierung“, „nur im Home-Office“ und „unbetroffen“) wird auch eine sozio-ökonomische gestellt, indem Alter und Bildungsstatus mit der beruflich-finanziellen Situation verschnitten wird. Als sozio-ökonomische Haupttypen schälten sich so die drei Haupttypen „ungeschoren“, „angekratzt“ (durch die Corona-Situation zumindest ein paar finanzielle „Kratzer“ erhalten) und „geschoren“ (durch Corona größere finanzielle Einbußen erlitten“) heraus.

Ältere kommen weitestgehend „ungeschoren“ davon

Der DIA-Studie zufolge sind vor allem die Älteren weitestgehend „ungeschoren“ durch die Krise gekommen, ebenso eher unterdurchschnittlich Verdienende (z. B. Pflegeberufe) oder diejenigen mit geringem Bildungsabschluss (z. B. Baugewerbe).

Selbstständige und Freiberufler besonders betroffen

Größere finanzielle Einbußen hatten hingegen Selbstständige und Freiberufler in Bereichen wie Versicherungsmakler, Gastronomie oder Messebau zu beklagen, und andererseits auch die Einkommensschwächsten, den Studienautoren zufolge mutmaßlich vorwiegend Aushilfskräfte und 450-Euro-Jobber mit einfacher Dienstleistungstätigkeit wie Gebäudereinigung oder Gastronomie. Daher fallen sie alle in der Studie unter dem sozio-ökonomischen Typ der „Geschorenen“.

Erwartungsgemäß sind es diese „Geschorenen“, die allesamt von einer Verschlechterung ihrer finanziellen Situation sprechen. Auch was die Einschränkungen des Lebensstandards, den Verzicht auf größere Anschaffungen, Zahlungsschwierigkeiten oder einen eventuellen coronabedingten Umzug angeht, liegt diese Gruppe an der Spitze.

Aber auch diejenigen, die bisher der Studie zufolge ungeschoren durch die Pandemie gekommen sind, sowie die „Angekratzten“ berichteten laut DIA von Einschränkungen beim Lebensstandard. Allerdings handelte es sich dabei weniger um finanzielle Einschränkungen, sondern vielmehr um fehlende Konsummöglichkeiten und einen Mangel an Sozialkontakten.

Gutverdiener, Städter und Akademiker waren laut DIA-Studie zwar oft im Home-Office, hatten dort aber keine finanziellen Einbußen, sondern konnten im Gegenteil sogar mehr sparen als sonst.

Rücklagen werden ausgegeben, Sicherheitsbedürfnis gestiegen

Rücklagen aus eingeschränkten Konsummöglichkeiten während der Lockdowns will die Mehrheit der Befragten größtenteils noch ausgeben, indem man sich endlich wieder Restaurantbesuche gönnt oder den verpassten Urlaub nachholt. Nach Beobachtung der Studienautoren hat sich dabei aber auf jeden Fall das Sicherheitsbewusstsein verändert: So wollen die „Geschorenen“, die größere finanzielle Einbußen durch Corona zu beklagen hatten, eine größere Vorsichtskasse in konservativen Geldanlagen halten. „Angekratzte“ wiederum planen mehr langfristiges Sparen in Aktien und ETFs. Finanzielle Polster scheinen also aufgrund der Erfahrungen in der Pandemie für viele einen größeren Stellenwert bekommen zu haben. Außerdem gibt es der Studie zufolge Anzeichen dafür, dass das Vertrauen ins Wertpapiersparen bei den Deutschen mit Corona spürbar angewachsen ist.

Wunsch nach dauerhaftem Home-Office besonders bei Frauen und in ländlichen Gegenden

Vor allem jüngere, besser Ausgebildete und gut Verdienende waren wegen Corona erstmalig im Home-Office. Darunter auch viele Städter, die eher beengt auf der Etage wohnen. Unter den Jüngeren sowie denjenigen in ländlicher Wohngegend bzw. bei Frauen ist nun der Studie zufolge der Wunsch, auch weiterhin im Home-Office zu bleiben, besonders stark ausgeprägt. Bei Frauen dürfte den Studienautoren nach die Familienarbeit ein wichtiges Motiv dafür sein; bei denjenigen, die auf dem Land wohnen, sind es hingegen eher die gesparten Pendelzeiten und -kosten.

Wohnraum: Viele Selbstständige müssen sich verkleinern

Was die Wohnsituation angeht, so haben laut DIA vor allem Städter und Bewohner von Geschosswohnungen im Lockdown ihre bisherige Wohnsituation noch einmal gründlich überdacht. Dennoch ist die weitverbreitete Vermutung, dass Heimarbeiter jetzt in „große Wohnungen“ flüchten, der Studie zufolge nicht immer richtig: Zwar erfordere Home-Office tendenziell mehr Platz, korrelierende Einkommensverluste können jedoch auch einen Umzug in kleinere Wohnungen nahelegen. Die Zusammenhänge sind daher komplexer: Das Arbeiten im Home-Office ist eben nur einer von mehreren Bestimmungsgründen des Wohnumfeldes. So neigen laut DIA vor allem diejenigen, die bisher „ungeschoren“ davongekommen sind, eher zu einer Vergrößerung, während es „Geschorene“, die größere finanzielle Einbußen zu verkraften hatten, eher in kleinere Wohnungen zieht. Vor allem ehemals Selbstständige, die jetzt länger auf Hartz IV angewiesen seien, müssten sich verkleinern, weil andernfalls die Unterstützung vom Jobcenter gekürzt werde, kommentieren die Studienautoren.

Städtisches Umfeld nach wie vor beliebt

Aber auch nicht jeder, der im Lockdown oder im Home-Office unter der Enge zu leiden hatte, möchte nun unbedingt „ins Grüne“ oder „aufs Land“ ziehen, so die Studienergebnisse. Etliche ziehe es sogar in eine städtischere Umgebung, wofür es verschiedene Erklärungen gebe: Erstens hätten zwar Geringverdiener schon vor Corona die steigenden Mieten und Kaufpreise in den Städten nicht mehr bezahlen können und ihr Glück daher zunehmend im Umland gesucht – allerdings eher unfreiwillig. Sie seien sozusagen verdrängt worden und wären überwiegend lieber in der City geblieben. Zweitens hätten Gutverdiener im Home-Office ambivalente Erfahrungen gemacht: Man habe einerseits zwar Enge gespürt, andererseits aber auch soziale Kontakte vermisst – die man als Heimarbeiter dann eher in einem urbanen Wohnumfeld finden könnte. Und eine dritte Erklärung gibt es laut DIA-Studie für das Beharren vor allem von „Geschorenen“ oder „Angekratzten“ in der Stadt: Sie erhoffen sich dort eher neue und sicherere Jobs.

Über die Studie

Der DIA-Studie mit dem Titel „Gibt es Long Covid beim Sparen und Wohnen?“ liegen empirische Daten aus einer Repräsentativbefragung zugrunde, die im Frühjahr 2021 unter 1.006 Personen stattfand. Die Befragung wurde vom Meinungsforschungsinstitut INSA Cosulere durchgeführt. Die darauf aufbauenden typbezogenen Tiefeninterviews und die Auswertungen verantwortete ein Expertenteam des Berliner Forschungs- und Beratungsunternehmens empirica. Mehr Informationen gibt es hier. (ad)

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