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10. März 2025
Der Versicherungsmakler: Das Berufsbild im Wandel
Der Versicherungsmakler: Das Berufsbild im Wandel

Der Versicherungsmakler: Das Berufsbild im Wandel

Der Beruf des Maklers steht im Spannungsfeld zwischen rechtlichen Vorgaben, Marktveränderungen und wachsenden Kundenansprüchen. Seit seiner Entstehung hat sich der Beruf stetig weiterentwickelt. Rechtsexpertin Julie Schellack vom BDVM zeigt, wie sich das Berufsbild aus juristischer Sicht verändert hat.

Ein Artikel von Julie Schellack, Vizepräsidentin beim Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e. V.

Das Berufsbild des Versicherungsmaklers reicht bis ins Mittelalter zurück. Damals waren Makler unabhängige Vermittler, die verschiedene Dienstleistungen anboten, darunter auch den Abschluss von Versicherungsverträgen. Besonders im maritimen Handel, wo es um die Absicherung von Waren und Schiffen ging, spielten Makler eine zentrale Rolle.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Versicherungsmakler haben sich seither erheblich verändert. Schon früh entstanden Regeln für den Berufsstand. Nach der Hamburgischen Mäklerordnung von 1642 durften nur „…gute, tüchtige Personen zu geschworenen Maklern angenommen werden …“. Das durch unterschiedliche Maklerordnungen manifestierte Monopol des beeidigten Maklertums fand jedoch ein Ende mit Einführung des HGB (1861), der Gewerbeordnung (1869) und dem 1871 ergangenen „Gesetz, betreffs Aufhebung des Institutes der beeidigten Makler …“ . Die Gewerbeordnung schuf erstmals einheitliche Regelungen für den Zugang zu gewerblichen Berufen, einschließlich des Versicherungsmaklers. Von da an trat ein einfacher Gewerbeschein an die Stelle der Vereidigung.

Aktuelle Regulierung

Wesentliche Änderung des seither nahezu unregulierten Berufszugangs brachten die EU-Vermittlerrichtlinie (22.05.2007) und die EU-Versicherungsverordnung (20.12.2018). Die Umsetzung in Deutschland erfolgte durch unterschiedliche gesetzliche Neuregelungen wie das Versicherungsvermittler-Gesetz und Anpassungen bestehender Gesetze, insbesondere im VVG und der GewO. Diese Vorschriften haben zu deutlichen Verschärfungen der Regeln für die Zulassung und Berufsausübung geführt.

Versicherungsmakler müssen seither eine Sachkundeprüfung ablegen, eine Berufshaftpflichtversicherung nachweisen und sich bei der zuständigen IHK registrieren lassen. Daneben sind unterschiedliche (teilweise sehr detaillierte) Vorgaben für die Beratung und Dokumentation sowie eine laufende Weiterbildungsverpflichtung eingeführt worden.

Die Maßnahmen zielen vor allem darauf ab, die Qualität der Beratung und den Verbraucherschutz zu erhöhen. Sie bringen aber auch einen hohen Aufwand mit sich und werfen die Frage auf, ob die Vielzahl bürokratischer Vorgaben, Informations- und Dokumentationspflichten einen echten Mehrwert für den Kunden bringt.

Aus Sicht der Verbraucherzentralen, die sich fast ausschließlich mit Negativ-Beispielen befassen müssen, ist zu verstehen, dass immer „noch mehr“ Regeln zum Schutz der Verbraucher gefordert werden. Der Eindruck von systematischen Fehlberatungen wird aber gerade vom Ombudsmann, der für Verbraucherbeschwerden eingeführten Schlichtungsstelle, nicht bestätigt. Und auch die Maßnahmen der BaFin zur Eindämmung von Missständen wie zuletzt bei der Restschuldversicherung greifen in Deutschland mit Erfolg bei der Bekämpfung von Missständen.

Daneben setzen sich Vermittlerverbände selbst für hohe Qualitätsstandards ein. In eigenen Verbandsregeln wie dem „Code of Conduct“ des BDVM werden Leitlinien geschaffen, die sich am Bild des „ehrbaren Kaufmanns“ orientieren und die eigenen Mitglieder zu erhöhten Qualitätsstandards verpflichten.

Einfluss der Rechtsprechung

Daneben hat vor allem die Rechtsprechung das Berufsbild des Maklers in den letzten Jahrzehnten wesentlich geprägt.

Im „Sachwalter“-Urteil aus dem Jahr 1985 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Grundlage für eine Haftung des Versicherungsmaklers manifestiert. Der BGH betonte in diesem Urteil weitreichende Beratungspflichten des Maklers. Die Grundsätze dieser Entscheidung gelten auch heute fort und prägen das Berufsbild des Versicherungsmaklers als Sachwalter an der Seite seines Kunden.

Daneben hat der BGH unter anderem mit einem Urteil aus dem Jahr 2016 erneut die Positionierung des Maklers als Interessenvertreter des Kunden betont. Die bis dahin in der Praxis von Versicherern oftmals an Vermittler „ausgelagerte“ Schadenbearbeitung ist mit dieser Entscheidung für Versicherungsmakler deutlich eingeschränkt worden. Der Makler kann und muss seinen Kunden bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber Versicherern unterstützen. Eine vom Versicherungsmakler für den Versicherer durchgeführte Schadenregulierung aber birgt Interessenkonflikte und ist wegen der Stellung des Maklers an der Seite des Kunden nicht mit der aktuellen Gesetzeslage vereinbar.

Möglicherweise im Gegensatz hierzu findet sich ein aktuell kontrovers diskutiertes Thema: die Nutzung des Begriffs „unabhängig“. Zwei Urteile (Oberlandesgericht Köln und Landesgericht Bremen) scheinen die Auffassung der Verbraucherzentrale zu bestätigen, dass Makler den Begriff „unabhängiger Berater“ nur dann verwenden dürfen, wenn keinerlei wirtschaftliche Verflechtungen mit Versicherungsunternehmen bestehen und insbesondere keine Vergütung durch Courtagen vom Versicherer erfolgt. Ob die Urteile indes verallgemeinerungsfähig sind, wird zu Recht bezweifelt. Das LG Leipzig hat Ende 2024 entschieden, dass sich Versicherungsmakler sehr wohl als unabhängig bezeichnen dürfen, denn sie erzielen ihr Einkommen zwar aus Courtagen, aber verteilt über den gesamten Versicherungsmarkt.

Aktuelle Diskussionen und Herausforderungen

Die Versicherungsbranche und das Berufsbild des Maklers stehen weiterhin im Fokus regulatorischer und gesellschaftlicher Diskussionen. Neben der bereits angesprochenen bürokratischen Belastung prägt vor allem die Frage der Vergütungsmodelle die politische Diskussion. Die oftmals ideologisch überlagerten Forderungen einer Abschaffung oder Begrenzung von Provisionen zugunsten einer Honorarberatung sind ein Dauerthema. Während Befürworter argumentieren, dass eine Honorarberatung die Unabhängigkeit stärkt, sehen Kritiker darin eine Gefahr für die Erreichbarkeit von Beratung für breite Bevölkerungsschichten – wie auch die Beispiele anderer europäischer Länder zeigen.

Auch die Forderung nach mehr nachhaltigen Versicherungsprodukten und einer entsprechenden Beratung prägen die aktuellen gesetzlichen Vorstöße. Makler müssen sich intensiv mit ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) auseinandersetzen, um den wachsenden Anforderungen in der Beratung gerecht zu werden.

Fazit: Ein Berufsbild im Wandel

Das Berufsbild des Versicherungsmaklers hat sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt und bleibt auch heute dynamisch. Die rechtlichen Vorgaben, die sich von der Gewerbeordnung bis hin zu modernen Vermittlervorschriften erstrecken, haben den Beruf professionalisiert und gleichzeitig komplexer gemacht. Auch wachsende Ansprüche der Kunden und der Regulatorik an Beratung, Transparenz und Nachhaltigkeit sowie der Digitalisierung fordern eine kontinuierliche Weiterentwicklung.

Versicherungsmakler, die diesen Wandel aktiv gestalten, können sich auch in Zukunft erfolgreich behaupten. Dabei gilt es, die Balance zwischen den eigenen wirtschaftlichen Interessen, regulatorischen Anforderungen und den Bedürfnissen der Kunden zu finden.

Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2025 und in unserem ePaper.

Bild: © Julie Schellack, Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler e. V.

 
Ein Artikel von
Julie Schellack