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9. März 2025
„Wir sind ins Risiko gegangen, ohne zu wissen, ob alles funktioniert“

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„Wir sind ins Risiko gegangen, ohne zu wissen, ob alles funktioniert“

„Wir sind ins Risiko gegangen, ohne zu wissen, ob alles funktioniert“

Letzten Sommer hat Christof Moissl im Interview erzählt, wie er nach einer „Mid Work Crisis“ seinen Job als angestellter Makler aufgab und fortan mit seiner Familie im Wohnmobil arbeitet und lebt. Nun wollte AssCompact wissen, ob er seinen Traum, als Makler durch die Welt zu reisen, weiterleben kann.

Interview mit Christof Moissl, selbstständiger Versicherungsmakler
Herr Moissl, unser erstes Interview hatten wir im August 2024. Was hat sich bei Ihnen seitdem verändert?

Wir erhielten nach Erscheinen des ersten Interviews Einladungen zu Podcasts, eine Kooperations­anfrage der Campingfreunde von OCC und gründeten im November 2024 unseren neuen Geschäftszweig: Coaching „Digitales Arbeiten für Versicherungsvermittler“. Das positive Feedback von Kollegen, die ebenfalls mobil arbeiten möchten, zeigte sich in konkreten Fragen zur Umsetzung. Aktuell unterstützen wir einen Kollegen aus der Ausschließlichkeit dabei, sein digitales Set-up zu finden, um mit seiner Familie längere Zeit in Ungarn zu leben und dort zu arbeiten. Ein weiterer Kunde erhält Beratung zur passenden Fahrzeugwahl und Technik für seinen ersten Businesscamper.

2024 war geprägt von Ausprobieren, Unsicherheiten und dem Aufbau erster Routinen. Wir sind ins Risiko gegangen, ohne zu wissen, ob das alles funktioniert. 2025 profitieren wir bereits von gesammelten Erfahrungen, steigern das Tempo und sehen tolle Entwicklungen bei Umsatz und Ertrag – eine zusätzliche Motivation und Bestätigung unseres Weges.

Gibt es nach einem weiteren halben Jahr im Wohnmobil wieder neue Learnings und vielleicht auch typische Fehler, die man (trotzdem) macht?

Unser Hauptfehler: zu schnell und im Dunkeln reisen. Wenn wir zu schnell reisen, geht zu viel Zeit für die Organisation des Alltags und die Fahrt drauf – Hektik kommt auf. Unser „bester“ Fehler 2024: Anfahrt von Galizien nach Barcelona. Übermotiviert am zweiten Anreisetag bei schönstem Wetter und toller Musik verkündet Pilot Christof Moissl der restlichen Crew, dass die geplante Zwischenübernachtung nicht notwendig sei und die Moissls heute noch Barcelona erreichen werden. Blöd, dass bei der Ankunft um 19 Uhr der Campingplatz unerwartet voll war. Auf der Suche nach einer Parkmöglichkeit für eine Nacht am Flughafen machte der bereits stark ermüdete Fahrer, also ich, einen gravierenden Abbiegefehler und so fanden wir uns kurzerhand mit unserem 12,5-Meter-Gespann auf der Express-Abholspur am Terminal 1 wieder – das nur für Taxis und Pkw ausgelegt ist! Vorbei an engen Pylonen und vielen ungläubigen Zuschauern kamen wir komplett schweißgebadet endlich heraus, fuhren dann zur Strafe noch 35 km im Dunkeln weiter zu einem freien Stellplatz, um dort übernachten zu können. Daher Learning 1: Auch wenn es gut läuft, wird ab 15 Uhr nach einem Übernachtungsplatz gesucht.

Learning 2: Für Vollzeitreisende im Camper gibt es eine Community mit monatlichen Zoom-Stammtischen und regem Austausch auf der Camp&Work-Plattform. Als Sahnetüpfelchen trafen wir einige Mitglieder vor Ort auf der CMT-Messe in Stuttgart.

Learning 3: Ein 100% digitales Büro und Vollzeit­reisen schließen Vor-Ort-Termine nicht aus. Im Kern­geschäft entstand unser bester Umsatz durch klassische Empfehlungen aus dem Kundenbestand.

Wie steht es mit weiteren erwähnenswerten Entwicklungen und Entdeckungen?

Im Business: Gemeinsam mit einer Kollegin arbeiten wir an einem Webinar: „Erfolgreich sichtbar & 100% digital – Dein Weg zum modernen Versicherungsbusiness“. Stephanie Wisgott, Expertin für digitales Marketing, übernimmt den Part „Erfolgreich sichtbar“ und zeigt, wie man sich in den sozialen Medien authentisch positioniert. Ich decke „100% digitales Büro“ ab, basierend auf unserer papierlosen und ortsunabhängigen Arbeitsweise als Vollzeitreisende. Unser Angebot richtet sich an alle Kollegen, die sich mehr Flexibilität bei Zeit und Aufenthaltsort wünschen – ohne ihr ganzes Leben umzukrempeln. Ein digitales Büro macht hier aus einem „Muss“ ein „Kann“.

Und privat: Wir planen den Kauf eines VW Bulli, um mehr Arbeitsfläche und einen Raum für Videocalls sowie Podcast-Aufnahmen zu schaffen. Zudem nutzen wir den Bulli als unser Alltagsauto für Ausflüge und Einkäufe. Dank zusätzlicher Solar- und Batteriekapazität gewinnen wir mehr Unabhängigkeit – aktuell sind wir hier noch eingeschränkt. Künftig reisen wir also mit Wohnmobil, Wohnwagen und VW Bus.

Wie erleben Sie derzeit die Community der „Mobile Professionals“, vor allem auch die, die Sie persönlich kennengelernt haben?

Unserer Kenntnis nach gibt es in der Versicherungsbranche kaum eine Community für mobiles Arbeiten – das wollen wir ändern. Auf der DKM 2025 sind wir auf alle Fälle mit unserem Camper dabei, um uns weiter zu vernetzen. Mobile Professionals gibt es aber ja in vielen Branchen. Wir haben Freelancer aus der virtuellen Assistenz, dem Marketing, der Programmierung und Buchautoren kennengelernt – sogar Pflegekräfte, die an verschiedenen Orten arbeiten. Selbst eine Beamtin haben wir getroffen, die sich für zwei Jahre einen Remote-Job-Deal ausgehandelt hat.

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Seite 2 Wie darf man sich denn einen ganz „normalen“ Arbeitstag im Wohnmobil bei Ihnen vorstellen?

 
Ein Interview mit
Christof Moissl