Der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) warnt davor, dass sich die finanzielle Krise der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) weiter zuspitzen werde, und findet für die Notlage auch einen Schuldigen. „Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie ihre Arbeitgeber zahlen einen hohen Preis für Karl Lauterbachs Untätigkeit bei der Stabilisierung der GKV-Finanzen. Dabei könnte ein großer Teil des Kostendrucks genommen werden, wenn die Bundesregierung endlich an den richtigen Stellschrauben drehen würde“, sagt Anne-Kathrin Klemm, Vorständin des BKK Dachverbandes.
Zudem verspreche auch der vor Kurzem beschlossene Bundeshaushalt 2025 keine Besserung: Keine Dynamisierung des Bundeszuschusses an die GKV, keine bessere Finanzierung der Beiträge für Bürgergeldbeziehende, keine Erstattung der Pandemiekosten an die soziale Pflegeversicherung (SPV) und keine Übernahme der Kosten für die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige. Der Steuerzuschuss an die soziale Pflegeversicherung (SPV) ist weiterhin gestrichen. Geringeren Einnahmen stehen zudem immer weiter steigende Ausgaben gegenüber.
Zusatzbeitrag wird steigen
Für 2025 wird die heftigste Beitragserhöhung in der Geschichte der GKV prognostiziert. Sollte der durchschnittliche Zusatzbeitrag tatsächlich von 1,7% auf 2,45% steigen, wie manche Experten vorhersagen, hat dies erhebliche Auswirkungen sowohl auf Durchschnitts- als auch auf Besserverdiener.
Bereits ein Anstieg des Beitrags um nur 0,5 oder 0,6 Prozentpunkte würde Arbeitnehmer und Arbeitgeber stark belasten, wie Berechnungen des GKV-Spitzenverbands zeigen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber müssten dann im Jahr 2025 jeweils bis zu 198 Euro mehr zahlen, so der Verband. Die zu erwartenden Erhöhungen der Zusatzbeiträge zum Jahreswechsel seien aber erst der Anfang, so die Krankenkassen. Schon jetzt sei absehbar, dass sich die neuen Gesetzesvorhaben des Bundesgesundheitsministeriums sowie weitere Geschenke an die Leistungserbringer ab 2026 erneut mit Wucht auf den Beitragssatz durchschlagen werden. Nicht zu vergessen, dass einige Versicherte gerade erst ein Schreiben ihrer Krankenkasse erhalten haben, das sie über eine Erhöhung zum 01.08.2024 informiert. Beispielsweise ist dies bei der KKH der Fall.
Höchster Beitragsanstieg in der GKV in einer Wahlperiode
Ungemach droht aber natürlich nicht nur bei den Zusatzbeiträgen, sondern auch im Zusammenhang mit dem allgemeinen Beitragssatz. Zurzeit liegt der allgemeine Beitragssatz zur GKV bei 14,6%. Die Hälfte, das heißt 7,3%, trägt der Arbeitnehmer, die andere Hälfte der Arbeitgeber.
Die DAK-Gesundheit prognostiziert, dass in der GKV mit ihren 73 Millionen Versicherten in den nächsten zehn Jahren ein Beitragssprung von 16,3% auf 19,3% möglich ist. Für DAK-Versicherte berechnet sich der Beitrag aus dem allgemeinen Beitragssatz von 14,6% und dem kassenindividuellen Zusatzbeitrag der DAK von 1,7%.
Aus Analysen der DAK-Gesundheit geht hervor, dass die Kassenbeiträge zunächst 2025 voraussichtlich um 0,6 Prozentpunkte auf 16,9% ansteigen werden. „Mit einer Steigerung um einen vollen Beitragspunkt innerhalb von vier Jahren ist das der historisch höchste Beitragsanstieg in der GKV in einer Wahlperiode“, kritisiert der Kassenchef Andreas Storm. Storm hatte bereits zu Beginn der Wahlperiode Anfang 2022 vor einem drohenden „Beitrags-Tsunami“ gewarnt. Eine aktuelle Projektion des Berliner IGES Instituts im Auftrag der DAK-Gesundheit hat Folgendes ergeben: 2030 würden 18,1% erreicht und 2035 dann 19,35%, was einen Gesamtanstieg um 3,0 Beitragssatzpunkte bedeuten würde.
Zur Lösung der Finanzierungsprobleme in der GKV fordert der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit eine „Zeitenwende für Gesundheit und Pflege“ und schlägt einen zweistufigen GKV-Stabilitätspakt vor. „Die jahrelange Unterfinanzierung der GKV muss endlich beendet werden“, fordert Storm. So müssten den Kassen zum Beispiel die ihnen zustehenden Ausgaben für die Versicherung von Bürgergeldempfängern und -empfängerinnen in Höhe von aktuell 9,2 Mrd. Euro jährlich vom Bund erstattet werden. Ferner müsse der Bundeszuschuss für die GKV dynamisiert und jährlich angepasst werden. „Beide Forderungen stehen im Koalitionsvertrag der Ampel, wurden aber nicht umgesetzt“, kritisiert der DAK-Chef. Allein durch ein Ende der Unterfinanzierung könne der drohende Beitragssatzanstieg in der GKV langfristig um 0,6 Prozentpunkte reduziert werden.
Erhöhung der Zusatzbeiträge – Kündigung möglich
Die Entscheidung, ob und in welchem Umfang eine Krankenkasse ihren Zusatzbeitrag erhöht, fällt erst zum Jahreswechsel. Sollte es zu einer Erhöhung kommen, könnten sich mehr Versicherte für einen Wechsel der Krankenkasse entscheiden. Um dies zu verhindern, legen die Krankenkassen ihren Mitteilungen über Beitragserhöhungen Informationen zu ihren zusätzlichen Leistungen bei, wie etwa Familienleistungen, professionelle Zahnreinigung oder Präventionskurse. Diese zusätzlichen Angebote sollen die Versicherten überzeugen, trotz steigender Beiträge bei ihrer aktuellen Krankenkasse zu bleiben. Bitter werden kommende Erhöhungen dennoch schmecken. (bh)
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