Bereits als die vom Bundesministerium der Finanzen eingesetzte Fokusgruppe private Altersvorsorge im Sommer ihren Abschlussbericht vorgelegt hat, hatte die Deutsche Aktuarvereinigung e. V. (DAV) einige kritische Anmerkungen. Besonders der Vorschlag der Fokusgruppe, lebenslange Rentenzahlungen mit zeitlich befristeten Auszahlungsplänen gleichzustellen, stieß den Versicherungsmathematikern sauer auf.
Viele Menschen unterschätzen Wahrscheinlichkeit, sehr alt zu werden
Nun haben die Aktuare in der aktuellen Ausgabe (Dezember 2023) ihrer Zeitschrift „Aktuar aktuell“ die Bedeutung lebenslanger Rentenzahlungen betont. Viele Menschen unterschätzen nämlich „gravierend“ die Wahrscheinlichkeit, sehr alt zu werden.
So habe ein 2003 geborener Mann selbst bei einer „pessimistischen Einschätzung der Entwicklung der Lebenserwartung“ bei Renteneintritt mit 67 Jahren eine voraussichtliche Gesamtlebenserwartung von über 86 Jahren. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 37,65% wird er allerdings mindestens 90 Jahre alt. Die Wahrscheinlichkeit, mindestens 95 Jahre alt zu werden, beträgt 17,63%, und zu 4,64% wird er sogar mindestens 100 Jahre alt. Bei einer 2003 geborenen Frau ist die Wahrscheinlichkeit bei Renteneintritt von 67 Jahren sogar noch höher, sehr alt zu werden.
Laufende Kosten können nur durch lebenslange Zahlungen zuverlässig abgedeckt werden
Mit einem Rentenauszahlungsplan bis zum Alter von 85 Jahren würde aufgrund dieser Statistiken bei der Hälfte bis zwei Dritteln der im Jahr 2003 geborenen Bevölkerung, die das Rentenalter erreicht, die Rente vor dem Leben enden. Das sei „inakzeptabel und sogar finanziell gefährlich, insbesondere bei staatlich geförderten Produkten, die unter Einsatz staatlicher Mittel genau dieses Risiko absichern wollen“, schreiben die Aktuare.
Die Finanzierung lebenslang laufender Kosten wie Miete, Ernährung und andere Kosten sei maßgeblich für das Ziel der Lebensstandardsicherung im Alter, so der DAV. Und diese können nur durch eine lebenslange Auszahlung zuverlässig beglichen werden.
Attraktivität muss erhöht, Hürden verringert werden
Sehr gut geeignet, um den Lebensstandard im Alter zu sichern und damit Altersarmut zu verhindern, ist aus Sicht des DAV eine Kombination aus umlagefinanzierter gesetzlicher Rente und den kapitalgedeckten Säulen der betrieblichen (bAV) sowie privaten Altersversorgung (pAV). Hier betont der DAV die Notwendigkeit der Reform der bAV und pAV, um die Attraktivität geförderter Altersversorgung zu erhöhen und bestehende Hürden zu verringern.
Reformvorschläge der Aktuare beinhalten etwa die vereinfachte Förderung privater Altersvorsorge, die Möglichkeit höherer Erträge mithilfe reduzierter Garantien und damit einhergehend die Möglichkeit zu mehr sachwertorientierter Anlage wie etwa Aktien oder Infrastrukturinvestments.
Kollektive Ausgestaltung wesentlich bei geförderten Produkten
Wesentlich bei staatlich geförderten Produkten sei mit Ziel der Lebensstandardsicherung zudem die kollektive Ausgestaltung – also der Risikoausgleich mit anderen Versicherten, das sogenannte Kollektiv. Nur dadurch sei eine lebenslang laufende Rente möglich, und damit die Vermeidung von massenhafter Altersarmut ab einem gewissen Alter oder nach Auslaufen eines Kapitaltopfes. (js)
Bild: © Ingo Bartussek – stock.adobe.com
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können