Von Heinz-Gerd Pinkernell, Rechtsanwalt und Partner bei LPA-GGV in Hamburg
Finanzanlagenvermittler fungieren auf dem Finanzmarkt sowohl für erfahrene als auch für neu einsteigende Anleger als Unterstützungs- und Richtungsweiser für eine erfolgreiche Finanzanlage. Unter der Anlagevermittlung versteht man die Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten, wobei davon aber bereits jede Tätigkeit umfasst wird, die den Abschluss einer solchen Anschaffung oder Veräußerung herbeiführen soll – mithin auch bei Beratung hinsichtlich der Produkte.
Strenge Voraussetzungen für die Anlagevermittlung
Um einen verstärkten Anlegerschutz im Bereich der gewerblichen Finanzvermittlung rechtlich garantieren zu können, ist die Anlagevermittlung strengen Voraussetzungen unterworfen. So ist sie nach § 34f GewO grundsätzlich erlaubnispflichtig, bei bestehenden Versagungsgründen ist eine Erlaubnis zwingend zu verweigern. Wer ohne die Erlaubnis tätig wird, der setzt sich einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro aus. Damit einher gehen wesentliche Pflichten des Anlagenvermittlers, angefangen bei Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten bis zur Pflicht zur Abgabe eines jährlichen Prüfungsberichts bei der zuständigen Aufsichtsbehörde.
Der Tippgeber als Vorteilskonstrukt
Umso attraktiver erscheint in dem Lichte dieser eng gestrickten Maschen aus Voraussetzungen und Pflichten daher die Tätigkeit als Tippgeber, die eine naturgemäße und zulässige Umgehung der Regelungen des Anlagenvermittlers ermöglicht. Anders als der Anlagenvermittler dient der Tippgeber lediglich als Informationsquelle für potenzielle Anlagemöglichkeiten: Statt einer ausführlichen Beratung über verschiedene Anlagen mit dem Ziel der Zeichnung einer solchen weist der Tippgeber nur unverbindlich und allgemein auf bestehende Anlagemöglichkeiten hin, ohne danach näher mit dem Zeichner bzw. Anleger in Kontakt zu treten. Einer Erlaubnis für eine solche Tätigkeit bedarf es nicht. Man vermeidet so eventuelle Beratungsrisiken, die Provisionierung bleibt (bei einer tatsächlichen Zeichnung) dennoch bestehen, so die theoretische Idee. Auf den ersten Blick ein simples, rein vorteilhaftes Konstrukt, sowohl für den Tippgeber als auch für den Endvermittler, dem im Endergebnis neue Anleger zugespielt werden.
Rechtliche Handhabung oftmals schwieriger als angenommen
Mangels einer gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit des Tippgebers gestaltet sich die genaue rechtliche Handhabung in der Praxis im Einzelnen jedoch schwieriger als vielerseits angenommen. Fehlende Regelungen sind Segen und Fluch zugleich. Um einen Missbrauch der erlaubnisfreien Tätigkeit als Tippgeber zu verhindern, werden von behördlicher Seite strenge Maßstäbe angesetzt: Bereits das zielgerichtete Fördern der Abschlussbereitschaft des Anlegers gilt als Anlagevermittlung. Eine fahrlässige Ausgestaltung der Tippgebertätigkeit kann damit schnell eine behördliche Einordnung als erlaubnispflichtige Anlagevermittlung zur Folge haben. Es besteht zwischen beiden Tätigkeiten ein schmaler Grat. Bereits kleinste Feinheiten können den Ausschlag geben. Es bedarf daher klarer vertraglicher Strukturen, um einer Vermischung der Grenzen der beiden Tätigkeiten vorzubeugen und so gegebenenfalls eine unbeabsichtigte Anlagevermittlungstätigkeit von vornherein auszuschließen. Nur so kann rechtliche Sicherheit für den Tippgeber erreicht werden.
Praktische Umsetzung
In der Praxis erfolgt die vertragliche Umsetzung oft in Form eines dreiseitigen Vertrages zwischen dem Anleger, dem Tippgeber und dem Endvermittler. Der Anleger versichert bei der Zeichnung, dass eine Beratung seitens des Tippgebers nicht erfolgt ist. Der Tippgeber erhält aufgrund der zwischen ihm und dem Endvermittler geschlossenen Vereinbarung bei Zeichnung eine prozentuale Provision.
Problematische Risikoverteilung
Eine solche Umsetzung erweist sich bereits aufgrund der Risikoverteilung als problematisch. Das Risiko der Qualifizierung des Tippgebers wird dem Anleger aufgebürdet. Der Endvermittler entzieht sich so jeder Verantwortung. Bedenklich ist ebenfalls die enge Verstrickung des Tippgebers in den Zeichnungsvorgang als solchen – als Tippgeber soll er daran gerade nicht wesentlich mitwirken. Die Grenzen zwischen Anlagenvermittler und Tippgeber verschwimmen zu stark, klare Abgrenzungen sucht man in derartigen Konstellationen vergeblich. Vorzugswürdig ist daher das Modell, nach dem der Tippgeber als solcher lediglich auf die Zeichnungsstrecke der Emittentin bzw. des tatsächlichen Anlagenvermittlers gegenüber dem Anleger hinweist. Ein konkreter Hinweis auf das Produkt an sich bleibt aus, allgemeingültige Informationen wie zum Beispiel über den Anbieter selbst dürfen dagegen mitgeteilt werden. Nach dem erteilten Hinweis liegt es selbst in der Hand des jeweiligen Anlegers, mit der Emittentin bzw. dem Endvermittler in Kontakt zu treten.
Reiner technischer Dienstleister
Es erfolgt eine strikte Trennung zwischen der Hinweistätigkeit des Tippgebers und der Zeichnung des Anlegers, auch in vertraglicher Hinsicht: Die Rechte und Pflichten des Tippgebers ergeben sich aus einem eigenständigen mit dem Endvermittler geschlossenen Vertrag, unabhängig von jeglichen Zeichnungen der Anleger. Der Tippgeber tritt damit lediglich als technischer Dienstleister auf, der im Falle einer tatsächlichen Zeichnung mit einer Provison beteiligt wird. Insbesondere werden vertraglich die stark eingeschränkten Tätigkeitsfelder des Tippgebers festgehalten. Die Vornahme beratender oder vermittelnder Tätigkeiten wird ausdrücklich ausgeschlossen und um klare Formulierungen der zulässigen Tätigkeit ergänzt.
Kundenschutzvereinbarung bleibt möglich
Eine solche Gestaltung ist insbesondere für den Tippgeber vorteilhaft: Seine Tätigkeit ist genau abgesteckt, das bestehende Risiko der Überschreitung der Grenze wird auf ein Minimum reduziert. Der Tippgeber erhält klare Spielregeln, an denen er sich orientieren kann. Hervorzuheben ist dabei auch die Möglichkeit der Vereinbarung eines Kundenschutzes. Tippgebermodelle hindern den Endvermittler grundsätzlich nicht daran, durch die über den Tippgeber geschaffene Verbindung zu den potenziellen Anlegern in Zukunft selbst mit diesen in Verbindung zu treten und ihnen weitere Angebote – diesmal ohne den Tippgeber als Zwischenschritt – zu unterbreiten. Der Tippgeber fungiert damit lediglich als eine billige Kundenbeschaffung für den Endvermittler, ohne mit Sicherheit an zukünftigen Zeichnungen beteiligt zu werden. Ein solches Vorgehen kann durch klare vertragliche Regelungen verhindert werden.
Ausblick
Trotz und gerade wegen fehlender gesetzlicher Regelungen bedarf es bezüglich der Tippgebertätigkeit einer fachgerechten und ausführlichen juristischen Auseinandersetzung, um den Tippgeber selbst vor Risiken und Nachteilen, die diese Tätigkeit unstreitig mit sich bringen kann, zu schützen. Auch bleibt abzuwarten, ob der Tippgeber als solcher zukünftig weiter gesetzlich unbescholten bleibt oder ob der Gesetzgeber aufgrund des vorherrschenden Ziels, den Finanzanlagenmarkt für Anleger sicherer zu gestalten, doch noch bei Tippgebermodellen eingreifen wird.
Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2019, Seite 114f und in unserem ePaper.
Bild: © Sergey Nivens – stock.adobe.com

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