Wenn ein Rechtsanwalt aus Versehen Geld an seinen Mandanten überweist, anstatt es der Rechtsschutzversicherung zu übermitteln, hat diese nicht unbedingt ein Recht auf Begleichung von Zinsschaden, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) letztinstanzlich am 23.07.2019. Zumindest dann nicht, wenn kein Schuldnerverzug gemäß § 286 BGB vorliegt.
Anwältin überweist an Mandanten statt Versicherer
Im konkreten Fall ging es um ein Verfahren aus dem Jahr 2012, welches von der betreffenden Anwältin für ihren Klienten gewonnen wurde. Die Rechtschutzversicherung des Mandanten hatte das Geld für die Kosten des Verfahrens vorgestreckt. Nachdem die gegnerische Partei zur Kostenübernahme verpflichtet wurde, überwies sie den geschuldeten Betrag an die Rechtsanwältin. Diese überwies das Geld an ihren Mandaten, obwohl sie es eigentlich dem Versicherer hätte zukommen lassen müssen.
Versicherer erkundigt sich nach Verfahrensstand
Drei Jahre lang fiel weder dem Versicherer noch der Anwältin auf, dass hierbei ein Fehler passiert ist. Im Jahre 2015 erkundigte sich der Rechtsschutzversicherer schließlich nach dem Verfahrensstand. Die Anwältin informierte den Versicherer, dass sie das Geld an ihren Mandanten überwiesen habe. Daraufhin erhielt sie eine Mahnung und überwies dem Unternehmen die geschuldeten knapp 8.000 Euro.
Versicherer klagt auf Zinsschaden
Die Zahlung stellte die Rechtsschutzversicherung jedoch nicht zufrieden. Sie forderte die entgangenen Zinsen in Höhe von knapp 1.100 Euro ein. Zuerst am Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, dann am Landgericht Berlin und schließlich am 6. Zivilsenat des BGH. Die Klage wurde in allen drei Instanzen abgelehnt.
Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass kein Schuldnerverzug feststellbar war. Die Anwältin sei das Geld zwar schuldig gewesen, habe sich jedoch nicht im Verzug befunden. Dazu hätte eine Mahnung des Versicherers vorliegen müssen. Dies war nicht der Fall. Als die Zahlung eingefordert wurde, bezahlte die Anwältin. Darüber hinaus entstehende Kosten dürfe der Kläger nicht geltend machen.
Kein Schutzgesetz verletzt
Einzig in Frage gekommen wäre somit eine Schadensersatzverpflichtung nach §823 Abs. 2 BGB. Da die Beklagte jedoch kein Schutzgesetz verletzt habe, welches zugunsten der Klägerin bestünde, kam auch eine diesbezügliche Wertung des Gerichts nicht in Betracht. Die Anwältin habe zwar die Pflicht gehabt die Zahlungen an die Rechtschutzversicherung unverzüglich zu leisten, aber diese Verpflichtung ergebe sich nur aus den in § 43a BRAO verankerten berufsrechtlichen Grundpflichten und sei kein Schutzgesetz, welches die Anwendung von §823 BGB rechtfertige. (tku)
BGH, Urteil vom 23. Juli 2019, Az.: VI ZR 307/18
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