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5. Dezember 2022
Darf einem suizidgefährdeten Mieter gekündigt werden?
Darf einem suizidgefährdeten Mieter gekündigt werden?

Darf einem suizidgefährdeten Mieter gekündigt werden?

Ein vom Amtsgericht und Landgericht Köln behandelter Fall über eine gekündigte Mietwohnung ist nun zum Bundesgerichtshof vorgedrungen. Ein Vermieter wollte einer Mieterin die Wohnung kündigen – die widersprach dem Vorhaben, weil sie mit schwerer Depression und Suizidgedanken zu kämpfen habe.

Bereits im April 2017 kündigte ein Vermieter einer in Köln wohnenden, heute 80-jährigen Frau deren Mietwohnung zum 31.12.2017. Der Grund: Eigenbedarf. Er brauche die Wohnung für sich und seinen 75-jährigen Lebenspartner. Die 80-Jährige wohnte seit 1977 darin.

Ende Oktober 2017 widersprach sie dem Vorhaben mit der Begründung, dass sie u. a. an schwerer rezidivierender Depression und Suizidgedanken leide. Der Vermieter bot ihr daraufhin an, in eine Ersatzwohnung im selben Haus zu ziehen, was die 80-Jährige jedoch ablehnte. Der Vermieter reichte daraufhin Räumungsklage ein, die am Ende beim Bundesgerichtshof (BGH) auf dem Tisch lag und behandelt wurde – ohne Erfolg für den Vermieter.

Mietvertrag kündigen bei Suizidgefahr?

Zunächst behandelten das Amtsgericht und das Landgericht Köln die Räumungsklage. Diese ordneten an, dass der Mietvertrag unter Erhöhung der Nettokaltmiete auf monatlich 367 Euro (Amtsgericht) beziehungsweise 518 Euro (Landgericht) fortgeführt werden solle. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Rauswurf für die Frau eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeutet hätte.

Ein Sachverständigengutachten veranlasste das Amtsgericht zur Annahme, dass die Suizidgefahr bei der Frau stark ausgeprägt sei, wenn sie die Wohnung räumen müsse. Und auch die Ersatzwohnung sei keine Option gewesen, weil die 80-Jährige völlig auf ihre Bleibe fixiert sei. Gegen diese Entscheidung legte der Vermieter Revision beim BGH ein, welches im Oktober 2022 sein Urteil fällte.

Härtefall bleibt Härtefall

Der VIII. Zivilsenat des BGHs stellte sich auf die Seite des Kölner Landgerichts und blieb dabei: Die Mietkündigung wäre ein Härtefall. Dieser sei nicht dadurch auszuschließen, dass die Beklagte eine stationäre Therapie abgelehnt habe. Beim Mieter bestehe auch dann eine Schutzbedürftigkeit, wenn er an der Behandlung einer psychischen Erkrankung, aus der eine Suizidgefahr resultiert, nicht mitwirkt.

Weiterhin sei eine Härte gegeben, weil das Landgericht in einer „umfassenden Begutachtung und Zeugenvernehmung“ festgestellt habe, dass bei der Mieterin eine hohe Suizidgefahr bestehe und sie eine stationäre Therapie wegen ihrer völligen Fixierung auf die Wohnung abgelehnt habe. Dass die Suizidgefahr für sie nicht beherrschbar sei und sie die Notwendigkeit einer Therapie krankheitsbedingt nicht einsehe, sei unerheblich. Außerdem hätte die Beklagte krankheitsbedingt in der Ersatzwohnung keine Lösung für die aus ihrer Sicht ausweglose Situation gefunden.

Keine pauschale Beurteilung möglich

Kurzum also: Aufgrund der Suizidgefahr der 80-jährigen Frau und dem u. a. daraus resultierenden Vorliegen eines Härtefalls durfte der Vermieter den Mietvertrag nicht aus Gründen des Eigenbedarfs kündigen. Es sei laut BGH aber festzuhalten, dass dieses Urteil nicht pauschal angewendet werden könne. Die Ablehnung einer Ersatzwohnung sei stets zugunsten des Vermieters zu berücksichtigen und der Mieter könne in solch einem Fall die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht verlangen.

BGH, Urteil vom 26.10.2022, Az.: VIII ZR 390/21

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