Es hat schlicht und ergreifend nicht sollen sein. In Berlin gab es im Herbst letzten Jahres mehrere Vorsätze, um die Säulen der deutschen Altersvorsorge, wenn nicht gänzlich auszutauschen, zumindest zu stützen. Aber nach dem Rauswurf von Christian Lindner (FDP) aus dem Finanzministerium am 06.11.2024 und dem kurz darauffolgenden Aus der Ampel-Koalition war beim Betriebsrentenstärkungsgesetz II, dem Rentenpaket II und dem Altersvorsorgedepot schnell Schicht im Schacht.
Doch der deutschen Rente geht es nun mal nicht gut und sie braucht Lösungen. Dementsprechend steht vor der Bundestagswahl am 23.02.2025 die Altersvorsorge stark im Fokus der Parteien. Der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) hat sich die Programme der einzelnen Parteien zur Brust genommen und auf mehrere wesentliche Punkte zusammengefasst – darunter auch deren Pläne zur Altersvorsorge. Das haben CDU/CSU, Grüne, SPD und Co. vor.
„Frühstart-Rente“ der CDU/CSU
Laut den Plänen der Union sollen junge Menschen möglichst früh selbst kapitalgedeckt vorsorgen. „Deshalb werden wir für jedes Kind vom 6. bis zum 18. Lebensjahr pro Monat 10 Euro in ein individuelles, kapitalgedecktes und privatwirtschaftlich organisiertes Altersvorsorgedepot einzahlen“, heißt es in der Zusammenfassung des Union-Programms des BVK. Der in dieser Zeit angesparte Betrag könne durch private Einzahlungen ab dem 18. Lebensjahr bis zum Renteneintritt weiter bespart werden. Die „Frühstart-Rente“ entfalte erst so durch eine renditeorientierte, kapitalgedeckte Anlage ohne Garantien ihren vollen Effekt. Die Erträge aus dem Depot sollen außerdem bis zum Renteneintritt steuerfrei sein.
Für Selbstständige, die nicht anderweitig ausreichend abgesichert sind, will die CDU/CSU eine verbindliche Altersvorsorge einführen.
Auf der gesetzlichen Seite plant die Union, an der bestehenden Regelung zum Renteneintrittsalter festzuhalten. Die Regelung für besonders langjährig Versicherte mit 45 Versicherungsjahren soll beibehalten werden. Rentenkürzungen werde es keine geben.
48% sicher bei der SPD
Die Sozialdemokraten wollen ihrerseits das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung dauerhaft bei mindestens 48% sichern. Ein abschlagsfreier Renteneintritt nach 45 Beitragsjahren werde mit der SPD auch künftig zwei Jahre früher möglich bleiben, denn gerade Menschen, die früh zu arbeiten begonnen haben, hätten sich dies verdient.
Bei der privaten Altersvorsorge will die SPD nur eine staatliche Förderung für solche neuen Produkte zulassen, deren Kosten transparent und gedeckelt sind. Die staatliche Förderung soll differenziert ausgestaltet und auf kleine und mittlere Einkommensbezieher konzentriert werden, die sich sonst gar keine oder nur eine geringe private Altersvorsorge leisten können, so die SPD in ihrem Programm.
Grüne planen Bürger:innenfonds
Auch das Bündnis 90/Die Grünen wollen das gesetzliche Rentenniveau bei mindestens 48% halten. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sowie die Erwerbsmöglichkeiten für Frauen sollen gefördert werden – durch gleiche Löhne, gute Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeitmodelle, das Rückkehrrecht in Vollzeit und eine „faire Verteilung von Sorgearbeit“. Und auch mit der Anhebung des Mindestlohns und einem Abbau von prekärer Beschäftigung, insbesondere Minijobs, wollen die Grünen die Renten stärken.
Weiterhin soll, um alle drei Säulen zu stützen, ein „Bürger:innenfonds“ eingerichtet werden, wodurch in der gesetzlichen Rentenversicherung der Einstieg in eine „notwendige ergänzende Kapitaldeckung“ geschaffen werden soll. Mit den daraus resultierenden Erträgen planen die Grünen, geringe und mittlere Renten zu stärken, was insbesondere Frauen und Menschen in Ostdeutschland unterstütze.
Mithilfe des Bürger:innenfonds soll auch die private und die betriebliche Altersvorsorge gefördert werden. „Dafür werden wir die Freibeträge für Kleinsparer:innen erhöhen, sie dynamisch an die Inflation anpassen und die öffentliche Zulagenförderung auf niedrige und mittlere Einkommen fokussieren. Den Bürger:innenfonds öffnen wir als fairen und transparenten Weg auch für die betriebliche Altersversorgung, damit noch mehr Beschäftigte, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen, von Betriebsrenten profitieren.“
„Land der Aktionäre“
Die FDP will Deutschland von einem „Land der Sparer“ zu einem „Land der Aktionäre“ machen, heißt es im Programm. Die finanzielle Bildung soll in der Breite der Gesellschaft verbessert werden, um eine Kultur des langfristigen Investierens zu fördern. So wollen die Freien Demokraten attraktive Anlagebedingungen für Kleinanleger generieren. Das Nebeneinander von Honorar- und Provisionsberatung befürwortet die FDP.
Ebenfalls soll, wie in Schweden, ein kleiner Teil der Rentenbeiträge in einem unabhängig verwalteten Fonds angelegt werden, sodass „wir besser gegen das Risiko einer alternden Gesellschaft geschützt sind, die Rentenbeiträge finanzierbar bleiben und die Menschen stärker von den Chancen einer kapitalgedeckten Altersvorsorge profitieren“.
Schließlich fordert die FDP die Einführung eines steuerlich geförderten Altersvorsorgedepots, welches den langfristigen Vermögensaufbau für alle ermöglicht. Und auch in der betrieblichen Altersvorsorge müssten laut FDP höhere Aktienanteile ermöglicht werden. Die reine Beitragszusage soll allen Betrieben ermöglicht werden, vor allem Kleinstbetrieben, die bisher vor Haftungsrisiken zurückschrecken würden.
AfD will Renten erhöhen
Die AfD plant ihrerseits eine „signifikante“ Erhöhung der Renten, auch für „unsere derzeitigen Senioren, die in einem langen Arbeitsleben unser Land und unseren Wohlstand aufgebaut haben“. Das fernere Ziel sei es, in mehreren Schritten das durchschnittliche Rentenniveau der westeuropäischen Länder zu erreichen, das derzeit bei gut 70% des letzten Nettoeinkommens liege. Der Rentenversicherung sollen mehr Beitragszahler zugeführt werden, die Verrentung flexibler und gerechter gestaltet und Anreize für eine freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit gesetzt werden, bspw. durch die Limitierung von Verbeamtungen auf lediglich diejenigen, die „mit Hoheitsaufgaben betraut sind“, und durch die Einbeziehung von Politikern in die gesetzliche Rentenversicherung.
Weiterhin plant die AfD eine erweiterte steuerliche Absetzbarkeit für die private, kapitalgedeckte Altersvorsorge. Angesetzt ist eine Erhöhung des Sparerfreibetrags von 1.000 auf 2.400 Euro. Die Partei will steigende Rentenbeiträge durch sinkende Steuern für Menschen und Unternehmen ausgleichen.
Linke sieht „Gerechtigkeitsproblem“
Die Linke ist ihrerseits der Meinung, dass die Rente in Deutschland kein Demografieproblem, sondern ein Gerechtigkeitsproblem habe: „Für ein gerechtes Rentensystem zahlen alle Menschen mit Erwerbseinkommen – auch Beamt*innen, Selbstständige, Freiberufler*innen, Manager*innen und Abgeordnete – in eine solidarische Erwerbstätigenversicherung ein. Das Rentenniveau kann dann steigen“, schreibt sie in ihrem Programm. Betriebsrenten sollen mindestens zu 50% vom Arbeitgeber finanziert sein.
Das Rentenniveau will die Linke wieder auf 53% anheben sowie die Beitragsbemessungsgrenze verdoppeln.
Die Rente erst ab 67 bedeute Rentenkürzungen für alle, insbesondere in Berufen, in denen Beschäftigte nicht so lange durchhalten können. Daher fordert die Partei eine Regelaltersgrenze von 65 Jahren. Wer 40 Jahre lang gearbeitet und selbst Beiträge gezahlt hat, soll ab 60 abschlagsfrei in Rente gehen können.
BSW: Rentenreform wie in Österreich
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) will ein System wie in Österreich: „Langjährig Versicherte erhalten in Österreich laut Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages im Schnitt 823 Euro mehr Rente im Monat“, was für „unser Land“ ein Armutszeugnis sei. Daher sollten auch in Deutschland alle Erwerbstätigen, auch alle Bundestagsabgeordneten und Bundesminister, verpflichtend in die gesetzliche Rente einzahlen. In einem ersten Schritt sollen die Renten für alle als Ausgleich für die Inflation um 120 Euro pro Monat steigen. Weiterhin fordert das BSW nach 40 Versicherungsjahren eine Mindestrente von 1.500 Euro sowie ein Stufenmodell mit einer Mindestrente von 1.300 Euro nach 30 Versicherungsjahren und 1.200 Euro nach 15 Jahren. (mki)
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Leserkommentare
Comments
Nur 2 taugliche Konzepte
Erstaunlich, dass die angebliche "Partei der Arbeitnehmer" - die SPD, falls das möglicherweise nicht ganz klar wird - außer einer Absicht keine Idee hat.
Unter den vorgestellten Konzepten ergeben nur die der FDP und der Union, vorzugsweise in Kombination, einen Sinn. Darüber hinaus haben sie den Vorteil, dass man sie auch mit Zahlen belegen kann.
2 der 18,6 Prozent des Rentenbeitrags, wie bei der FDP vorgesehen, kann man für den "Eckrentner" für jeden Monat seit 1960 bestimmen und in Anteile geeigneter Fonds umrechnen. Dann kann man einfach nachsehen, was diese Anteile 45 Jahre später wert sind.
Ohne zu spoilern: es gibt keine 45 Jahre-Phase, in der die Rentenkasse mit dem FDP-Plan nicht enorme Gewinne gemacht hätte. Und da diese Mittel im Plan der Liberalen Eigentum der Versicherten und nicht Spielgeld der Politik sind, kämen die auch den Versicherten zugute.
Zusammen mit dem Unionsplan, dem Kind 720 € zwischen dem 6. und 18. Geburtstag zu überweisen - die sich vom 1.1.1976 (18. Geburtstag) bis 31.12.2024 z. B. im Akkumula zu knapp 54.500 € entwickelt hätten - wäre die Rente zumindest für die Generation unserer Kinder, Enkel und der noch folgenden gesichert.
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