Unwirksamkeit von Klauseln zur Übersicherung?
Grundsätzlich besteht Vertragsfreiheit in Deutschland. Die Vertragsparteien können den Inhalt ihrer Verträge grundsätzlich selbst bestimmen. Besonders bei der Verwendung von AVB gegenüber Verbrauchern gilt aber ein besonderer Schutz für Versicherte. Die Wirksamkeit von Klauseln kann nämlich gerichtlich überprüft werden. Nach § 305 c Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) könnte es sich hier um eine überraschende Klausel handeln, da der Verbraucher nicht mit einer derartigen Klausel zu rechnen braucht. Dies wird besonders durch den Umstand unterstützt, dass eine Übersicherung nicht gesetzlich für die Berufsunfähigkeitsversicherung geregelt ist. Ginge man davon aus, dass es sich um eine überraschende Klausel handelt, wird sie nicht Bestandteil des Versicherungsvertrags, so dass der Versicherer sich nicht darauf berufen könnte.
Verstoß gegen das Transparenzgebot?
Aber auch bei der Annahme einer wirksamen Einbeziehung in den Vertrag könnte die entsprechende Klausel eine unangemessene Benachteiligung des Verbrauchers nach § 307 BGB darstellen. So kann in einer unverständlichen Formulierung, die den Versicherungsnehmer zur Überprüfung der Übersicherung auffordert, auch Berufsunfähigkeitsanwartschaften zu berücksichtigen, eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 BGB gesehen werden, da gegen das Transparenzgebot verstoßen (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) werden könnte. Versicherten könnte unklar sein, was von den Berufsunfähigkeitsanwartschaften überhaupt umfasst wird. So könnten neben weiteren Berufsunfähigkeitsversicherungen auch andere Rentenansprüche gemeint sein, wie zum Beispiel die Erwerbsminderungsrente. Nimmt man einen Verstoß gegen das Transparenzgebot an, wäre die Klausel unwirksam, so dass der Versicherer sich nicht darauf berufen könnte.
Praxistipp
Eine Dynamik in der Berufsunfähigkeitsversicherung stellt eine gute Lösung zum Ausgleich der Inflation und eine stetige Anpassung an den Lebensstandard des Versicherungsnehmers dar. Auch bezüglich der Gefahr der Übersicherung gilt, dass die Berufsunfähigkeitsversicherung als Summenversicherung grundsätzlich voll leisten muss. Bei Übersicherungsklauseln gilt jedoch besondere Aufmerksamkeit. Diese sollten zwingend auf ihre Wirksamkeit hin juristisch überprüft werden.
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