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10. Januar 2025
BU-Rente: Profifußballer bleibt trotz Trainerjob berufsunfähig
BU-Rente: Profifußballer bleibt trotz Trainerjob berufsunfähig

BU-Rente: Profifußballer bleibt trotz Trainerjob berufsunfähig

Verweisungsregeln in der BU-Versicherung gelten auch für Profisportler: Ein Ex-Profifußballer, der nach einer schweren Knieverletzung Torwarttrainer wurde, stritt mit seiner Versicherung um die Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente. Das Gericht entschied zu seinen Gunsten.

Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe (OLG) beleuchtet die Rechte eines Profisportlers im Zusammenhang mit seiner Berufsunfähigkeitsversicherung. Im Mittelpunkt stand ein ehemaliger Profifußballspieler, der auf die Zahlung seiner Berufsunfähigkeitsrente klagte, nachdem die Versicherung im Rahmen einer Nachprüfung ihre Leistungen eingestellt hatte.

Profisportler wird nach Verletzung Torwarttrainer

Der 1982 geborene Kläger hatte im Jahr 1999 eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen. Nach einer erfolgreichen Karriere als Profifußballspieler, in der er Jahreseinkünfte von rund 587.000 Euro erzielte, zog sich der Torwart 2014 eine schwere Knieverletzung zu und wurde berufsunfähig. Die Versicherung erkannte zunächst die Leistungspflicht an und zahlte die vereinbarte monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 2.024,18 Euro.

Ab 2022 übte der Kläger jedoch eine neue Tätigkeit als Torwarttrainer bei einem Profifußballverein aus, die mit einem Jahreseinkommen von etwa 97.358 Euro vergütet wurde. Daraufhin stellte die Versicherung die Zahlungen ein und verwies darauf, dass der Kläger nun eine „seiner bisherigen Lebensstellung entsprechende“ berufliche Tätigkeit ausübt. Dies sah der Kläger anders und erhob Klage. Vor dem Landgericht wurde seine Klage zunächst abgewiesen, anders beim Berufungsgericht, wo der Versicherer das erstinstanzliche Urteil als zutreffend und ihre Verweisung als formell und materiell wirksam bezeichnete.

Entscheidung zur Fortzahlung der BU-Rente

Das OLG Karlsruhe entschied allerdings zugunsten des Klägers und verpflichtete den Versicherer zur Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente. Es begründete seine Entscheidung damit, dass die neue Tätigkeit als Torwarttrainer nicht die bisherige Lebensstellung des Klägers wahrt.

Zwei Hauptaspekte hat das Gericht hervorgehoben. Die Einkommensdifferenz zwischen der Tätigkeit als Profifußballer und der neuen Rolle als Torwarttrainer sei erheblich. Während der Kläger als Spieler ein durchschnittliches Jahreseinkommen von rund 468.000 Euro erzielte, lag das Einkommen als Trainer um mehr als 75% darunter. Eine solche Reduktion sei nicht mit der bisherigen Lebensstellung vereinbar, selbst wenn es sich bei Profisportlern um Berufe mit zeitlich begrenzten Spitzenverdiensten handelt. Zudem sei die soziale Wertschätzung der neuen Tätigkeit ebenfalls geringer. Als Profifußballer genoss der Kläger ein hohes öffentliches Prestige und stand im Fokus der medialen Aufmerksamkeit. Dagegen bewegt sich ein Torwarttrainer eher im Hintergrund und erfährt nicht denselben Grad an gesellschaftlicher Anerkennung.

Das Gericht betonte, dass bei der Berufsunfähigkeitsversicherung die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit in „gesunden Tagen“ als Referenz für die Lebensstellung dient. Auch das Argument der Versicherung, dass das Einkommen als Profifußballer nur für einen begrenzten Zeitraum erzielt werden konnte, änderte an dieser Bewertung nichts. Der Versicherer hatte argumentiert, dass der Kläger am Anfang einer möglicherweise sehr erfolgreichen Trainerkarriere stehe, während er demgegenüber, wenn er noch als Lizenzfußballspieler (Torwart) tätig wäre, mit einem baldigen Ende seiner Spielerkarriere aufgrund des erreichten Alters rechnen müsste. Vergleiche man daher nicht nur die bloßen Einkommenszahlen, sondern berücksichtige man auch die beruflichen Perspektiven, sei der jetzt ausgeübte Beruf dem nicht mehr ausgeübten Beruf gegenwärtig bereits „gleichwertig“. Das Gericht vertrat jedoch die Auffassung, der Versicherer hätte diese Besonderheit vertraglich berücksichtigen müssen, was hier nicht geschehen sei.

Freistellung von der Beitragspflicht

Zudem stellte das Gericht fest, dass der Versicherer den Kläger von seiner Verpflichtung zur Beitragszahlung aus dem Versicherungsvertrag freizustellen. Zudem bemängelte das Gericht, dass die Einstellungsmitteilung nicht ausreichend begründet war. Die Beklagte habe beispielsweise nicht dargelegt, wie sich die Lebensstellung des Klägers als Profifußballer nach dem Ende seiner aktiven Karriere ohne den Eintritt der Berufsunfähigkeit ihrer Auffassung nach typischerweise dargestellt hätte.

Unabhängig davon war die Leistungseinstellung aber auch materiell unberechtigt. Die Beklagte wäre nur berechtigt gewesen, ihre Leistungen einzustellen, wenn die Berufsunfähigkeit des Klägers weggefallen oder unter 50% gesunken wäre. Eindeutig war aber, dass der Kläger nicht in der Lage ist, seinen vor dem Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben.

Auch bei Profisportlern trägt der Versicherer das Risiko

Das Urteil verdeutlicht, dass Verweisungstätigkeiten bei Berufsunfähigkeitsversicherungen strengen Kriterien unterliegen. Insbesondere bei Berufen mit außergewöhnlich hohen Einkommen und gesellschaftlicher Anerkennung, wie es bei Profisportlern der Fall ist, können neue Tätigkeiten nicht ohne Weiteres als gleichwertig angesehen werden.

Versicherer müssen bei der Beurteilung von Verweisungstätigkeiten die individuelle Lebensstellung des Versicherten umfassend würdigen. Insbesondere bei Berufen mit besonderen Charakteristika, wie Profisport, sind generalisierte Ansätze unzureichend. (bh)