Die Dialog Lebensversicherung bzw. ihr Mutterkonzern, die Generali Deutschland, musste vor dem Landgericht (LG) München I eine Niederlage gegen den Bund der Versicherten (BdV) einstecken. Die Verbraucherschützer hatten zwei Klauseln im Vertragswerk des Tarifs „SBU-professional Vitality“ kritisiert und auf Unterlassung geklagt. Vor dem LG München I konnte sich der Verbraucherschutzverein nun mit seiner Klage durchsetzen.
Belohnung für gesundheitsbewusstes Verhalten
Bei dem Tarif handelt es sich um eine Berufsunfähigkeitsversicherung, in der gesundheitsbewusstes Verhalten belohnt wird. Die Verbraucher nehmen in Kombination mit dem Tarifabschluss an einem Gesundheitsprogramm namens „Vitality“ teil, das von der Generali angeboten wird. Weist der Versicherungsnehmer über das Programm gesundheitsbewusstes Verhalten nach, erhält er eine höhere Überschussbeteiligung, die per Sofortverrechnung seinen Zahlbetrag reduziert.
BdV bemängelt unzureichende Transparenz
Der BdV kritisierte daran in erster Linie, dass die Verbraucher nicht nachvollziehen könnten, welches konkrete Verhalten zu welchen Vergünstigungen führe. Außerdem bemängelten die Verbraucherschützer, es werde nicht auf die Möglichkeit hingewiesen, dass Rabatte ganz ausbleiben könnten, wenn keine Überschüsse erzielt werden.
Unangemessene Benachteiligung durch Übermittlungsrisiko
Das Gericht gab dem BdV nun recht und verurteilte den Versicherer, zwei Klauseln des Vertragswerks nicht mehr zu verwenden und sich bei bereits bestehenden Verträgen nicht mehr auf sie zu berufen. Die erste Klausel sah vor, dass der Vertrag bei Ausstieg aus dem Gesundheitsprogramm „Vitality“ oder dem Widerspruch der Datenübermittlung, hinsichtlich der in Aussicht gestellten Überschüsse so behandelt würde, als hätte die versicherte Person sich nicht „sonstig gesundheitsbewusst verhalten“. Das Gericht sah darin eine unangemessen Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Ihm werde mit einer derartigen Klausel das komplette Übermittlungsrisiko aufgebürdet – selbst wenn er die Nichtübermittlung überhaupt nicht zu verantworten habe.
Verstoß gegen das Transparenzgebot
Die zweite Klausel legte fest, dass sich das sonstige gesundheitsbewusste Verhalten des Versicherungsnehmers auf die Überschussbeteiligung und somit den zu zahlenden Nettobeitrag der BU auswirkt. Da in der Klausel jedoch nicht spezifiziert werde, welches konkrete Verhalten welche konkreten Folgen nach sich zieht, verstoße die Klausel gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Auch diese Klausel stelle dementsprechend eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar. „Für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, nach denen er ansatzweise nachvollziehen kann, wie sich sein sonstiges gesundheitsbewusstes Verhaltens bei Programmteilnahme auswirkt und wie dieses […] die Überschussanteile weiter modifiziert“, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung.
BdV erhofft sich Umdenken der Versicherer
Der BdV spricht in seiner Reaktion auf das Urteil davon, dass man den Fitness-Tarif der Generali lahmgelegt habe. Man hoffe nun, so Vorstandssprecher Axel Kleinlein, dass Versicherer zukünftig darauf verzichteten, „in Personenversicherungen das individuelle Verhalten einzelner Versicherter bei der Prämienkalkulation in irgendeiner Weise zu berücksichtigen.“
Generali legt Berufung ein
Bei der Generali sieht die Interpretation des Urteils anders aus. Da das Urteil noch nicht rechtskräftig sei, könne von „Lahmlegen“ keine Rede sein. Man habe das Urteil eingehend analysiert und mittlerweile Berufung beim OLG München eingereicht. Des Weiteren verweist der Versicherer darauf, dass lediglich einzelne Klauseln vom Gericht gekippt wurden. Gegen das Versicherungsprodukt an sich und das Prinzip der Berücksichtigung gesundheitsbewussten Verhaltens habe das Gericht jedoch keine Bedenken formuliert. (tku)
Landgericht München I, Urteil vom 28.01.2021 – 12 0 8721/20
Bild: © rangizzz – stock.adobe.com
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können