Was gilt bei der Ausübung des Anfechtungsrechts des Versicherers?
Ficht der Versicherer den Versicherungsvertrag an, so ist die Anfechtung auf Grund arglistiger Täuschung von allen weiteren Anfechtungsgründen abzugrenzen. Für die Frist und Form der Anfechtung sind zunächst die allgemeinen Regeln zu beachten. Bezüglich des Nachschiebens sind für die Anfechtung die Regeln des Rücktritts (siehe oben) entsprechend anwendbar.
Anderes gilt bei der Anfechtung aufgrund arglistiger Täuschung (§ 123 BGB). Die Rechtsprechung ist in diesem Bereich lückenhaft. Nach der gesetzlichen Frist des § 124 BGB kann ein Nachschieben eines weiteren Anfechtungsgrundes innerhalb eines Jahres ab Kenntniserlangung erfolgen. Es muss aber geprüft werden, ob es sich nicht tatsächlich um einen neuen Umstand handelt, der eine eigenständige Anfechtung begründet. Handelt es sich um einen neuen Umstand, beginnt für diesen auch eine eigene Jahresfrist ab Kenntniserlangung zu laufen.
Fazit und Hinweise für die Praxis
Welche Rücktritts- oder Anfechtungsgründe der Versicherer angibt, kann besonders für eine rechtliche Überprüfung von Bedeutung sein. Denn je mehr Gründe vorliegen, umso wahrscheinlicher ist eine Entscheidung zugunsten des Versicherers. Daher sollte genau geprüft werden, wann der Versicherer von den Gründen Kenntnis erlangt hat und ob er diese auch fristgerecht erklärt hat.
Besonders relevant ist bei der Anfechtung aufgrund einer möglichen arglistigen Täuschung, ob es sich um einen eigenständigen Grund handelt, der ein neues Rücktritts- oder Anfechtungsrecht begründet, oder ob der fragliche Grund mit der bereits getätigten Erklärung zusammenhängt und dadurch nur durch ein Nachschieben dem Sachverhalt zugeordnet werden kann. Mithin ist ein „Nachschieben von Gründen“ durch den Versicherer nur unter den vorgenannten Voraussetzungen möglich, darüber hinaus jedoch nicht.
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