AssCompact suche
Home
Steuern & Recht
9. Juli 2024
BU: Beratungsrisiken und -pflichten bei zwei oder mehr Policen
BU: Beratungsrisiken und -pflichten bei zwei oder mehr Policen

BU: Beratungsrisiken und -pflichten bei zwei oder mehr Policen

Der Versicherungsbedarf kann sich durch Veränderung von Lebensumständen auch Jahre nach dem Abschluss einer BU ändern. Neben der Vertragsanpassung stellt sich die Frage, ob auch der Abschluss mehrerer Policen möglich und sinnvoll ist. Diese und weitere Fragen erläutert Rechtsexperte Björn Thorben M. Jöhnke in seiner regelmäßig erscheinenden BU-Kolumne.

Ein Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Grundsätzlich ist der Abschluss mehrerer Berufsunfähigkeitsversicherungen rechtlich möglich und manchmal sogar auch geboten. Möchte man eine gründliche Gesundheitsüberprüfung des Versicherers bei der Beantragung einer hohen Rente umgehen und wünscht dennoch eine hohe Absicherung, so wird man um ein „Splitting“ nicht herumkommen.

Die Höhe des Versicherungsschutzes bzw. der vereinbarten Leistungen kann jedoch grundsätzlich auch innerhalb des Versicherungsvertrages erhöht werden, zum Beispiel über die Nutzung der vertraglich vereinbarten Nachversicherungsgarantien. Dann kann die Erhöhung der Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung meist auch ohne erneute Gesundheitsüberprüfung des Versicherten erfolgen. An die Inanspruchnahme der Nachversicherungsgarantie können aber bestimmte Voraussetzungen geknüpft sein, die es im Einzelfall zu beachten gilt. Auch kann bei einem frühen Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung die maximale Erhöhung der Berufsunfähigkeitsrente ab einem gewissen Betrag nach Vereinbarung mit dem Versicherer erreicht werden. Dann kann der Abschluss einer weiteren Berufsunfähigkeitsversicherung, um den gewünschten Rentenbetrag zu erreichen, durchaus sinnvoll sein.

Risiken und Pflichten beim Abschluss mehrerer Policen

Mit jedem neuen Abschluss einer weiteren Berufsunfähigkeitsversicherung findet auch eine erneute Gesundheitsüberprüfung statt. Im Zuge dessen kann natürlich die Gefahr einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung bezüglich der Gesundheitsfragen auftreten. Es gilt auch darauf zu achten, in jedem Fall das Bestehen der anderen Berufsunfähigkeitsversicherung dem neuen Versicherer anzuzeigen, wenn dieser danach fragt. Geschieht dies nicht, kann auch hierin eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung gesehen werden.

Neben der Gefahr einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung bei der Beantwortung der Gesundheitsfragen gilt es auch das Zusammenspiel der bereits bestehenden und neu abzuschließenden Berufsunfähigkeitsversicherung zu beachten. Es gilt, dass die Rente insgesamt zum Einkommen passen muss. Im Zuge dessen müssen beide Berufsunfähigkeitsversicherungen (ggf. aber auch Versorgungswerke etc.) in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Wird eine zu hohe Rente versichert, obwohl das Einkommen nicht passend ist, kann auch darin eine vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung liegen. Auch ist darauf zu achten, ob der Versicherer möglicherweise eine Höhenbegrenzung der Berufsunfähigkeitsrente in den allgemeinen Versicherungsbedingungen vorgesehen hat.

Hoher Aufwand bei mehreren Berufsunfähigkeitsversicherungen

Neben den Risiken bei der Antragstellung können sich auch bei Eintritt des Versicherungsfalls Probleme ergeben. Möchte der Versicherungsnehmer von mehreren Versicherern eine Berufsunfähigkeitsrente beziehen, würde das auch mehrere eigenständige Leistungsüberprüfungen bedeuten. Die Versicherer sind auch nicht wechselseitig an die jeweiligen Leistungsprüfungsergebnisse gebunden. Als Folge dessen müssen mehrere Antragsverfahren durchlaufen werden, was einen deutlich höheren Aufwand für den Versicherten bedeuten kann. In der Folge von Leistungsanerkenntnissen können auch mehrere Nachprüfungsverfahren durch die Versicherer erfolgen.

Ist ein Abschluss mehrerer Policen sinnvoll?

Soll lediglich die Erhöhung der Berufsunfähigkeitsrente erzielt werden, kann dies auch in der Regel mit dem bestehenden Vertrag erreicht werden. Über Nachversicherungsgarantien ist eine Leistungsanpassung grundsätzlich ohne Gesundheitsprüfung möglich, darüber hinaus häufig mit Gesundheitsprüfung. Bei mehreren Versicherungen ist der Aufwand in der Leistungsprüfung nicht zu unterschätzen. Auch können Versicherer unterschiedlich entscheiden, was häufig unbefriedigend ist.

Im Ergebnis gilt es dem Bedarf des Versicherten bestenfalls zu genügen und eine bestmögliche Absicherung zu empfehlen. Ob über einen oder mehrere Verträge, bestimmt der Bedarf des Kunden im Einzelfall.

Weitere wissenswerte Beiträge zum Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung sind hier auf der Website der Kanzlei Jöhnke & Reichow zu finden.

Diese BU-Kolumnentexte werden auf asscompact.de häufig gelesen

Lesen Sie weitere relevante BU-Kolumnenbeiträge von Björn Thorben M. Jöhnke auf asscompact.de:

Bild: © Studio_East – stock.adobe.com; © Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Matthias Helbe… am 10. Juli 2024 - 09:07

Um 2 Verträge kommt man auch bei Nachversicherungen oftmals nicht herum, denn inzwischen werden viele Nachversicherungen in einem separaten Vertrag dokumentiert: Mit den dann aktuellen Bedingungen und Tarifen. Man spart sich "nur" die Gesundheitsprüfung.

In den Leistungsfällen unserer Kunden mit 2 BUs, bei denen wir bisher geholfen haben, war es oft so, dass sich der eine (z.B. langsamere) Versicherer der Entscheidung des anderen (z.B. schnelleren) Versicherers angeschlossen hat.

Aufpassen muss man bei jedem Abschluss, egal, ob es die erste oder dritte BU eines Kunden ist. Aus meiner Sicht überwiegen bei entsprechend hohem (zu erwartendem) Einkommen die Vorteile zweier Parallelanträge ganz klar.