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16. Januar 2023
BU-Antrag: Eine „Untersuchung“ ist keine „Behandlung“
BU-Antrag: Eine „Untersuchung“ ist keine „Behandlung“

BU-Antrag: Eine „Untersuchung“ ist keine „Behandlung“

Beim Abschluss einer BU stellt der Versicherer Antragsfragen, um den Gesundheitszustand des künftig Versicherten einschätzen zu können. Dass es dabei zwischen den Begriffen „Untersuchung“ und „Behandlung“ einen Unterschied gibt, hat nun das OLG Dresden klargestellt.

Eine Frau schloss im Juni 2013 eine Lebensversicherung in Kombination mit einer Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BU) ab. Drei Jahre später, im Februar 2016, wurde sie infolge einer posttraumatischen Belastungsstörung berufsunfähig und stellte einen Leistungsantrag bei ihrer BU-Versicherung. Der Versicherer lehnte jedoch die Zahlungen ab. Denn bei seiner Recherche entdeckte der Versicherer, dass die Kundin einige Jahre vor der Antragsstellung mehrere Sitzungen bei einem Psychotherapeuten hatte. Bei den Gesundheitsfragen in ihrem BU-Antrag gab sie diese jedoch nicht an. Damit habe sie ihre vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt, argumentierte der BU-Anbieter.

Psychotherapeut sah keine Krankheit

Allerdings nahm die Frau lediglich an sogenannten probatorischen Sitzungen teil. Diese sollen klären, ob überhaupt eine behandlungsbedürftige Krankheit vorliegt und eine Psychotherapie sinnvoll wäre. Bei der Frau war das nicht der Fall: Sie litt lediglich an Lampenfieber. Da sie kurz vor den Abiturprüfungen stand, erschwerte ihr das Lampenfieber zwar das Leben sehr. Der Psychotherapeut sah darin aber keine Krankheit, die behandelt werden muss. Daher ordnete er keine Therapie an. Und da die Gesundheitsfragen im BU-Antrag sich um Erkrankungen drehen, gab die Frau die Probesitzungen beim Psychotherapeuten nicht an. Damit habe sie ihre vorvertragliche Anzeigepflicht nicht schuldhaft verletzt, argumentierte sie.

Richter: Es lag gar keine Behandlung vor

Sowohl die Vorinstanz als auch das Oberlandesgericht Dresden (OLG) schlossen sich dieser Argumentation an und gaben der Leistungsklage der Frau statt. „Zwar darf der Versicherer auch solche Beeinträchtigungen erfragen, die noch keinen Krankheitswert haben, weil ihm allein die Entscheidung obliegt, unter welchen Voraussetzungen er einen Versicherungsvertrag abschließen will. Die weit gefasste Pflicht des Versicherungsnehmers zur Offenbarung findet aber ihre Grenze bei Gesundheitsbeeinträchtigungen, die offenkundig belanglos sind, oder alsbald vergehen“, so das Dresdener Oberlandesgericht. Und in den Antragsfragen der Berufsunfähigkeitsversicherung wurde eben nicht nach „Untersuchungen“, sondern nach „Behandlungen“ gefragt, betonten die Richter nun in ihrem Urteil weiter. Eine Behandlung liege aber erst dann vor, „wenn eine Therapie eingeleitet wird, etwa durch eine Medikation oder einen Eingriff“. Bleibe eine Untersuchung hingegen, wie im Fall der Frau, ohne Befund, handele es sich auch nicht um eine Behandlung. Die Richter ließen keine Revision gegen ihre Entscheidung zu. (as)

OLG Dresden, Urteil vom 06.12.2022 – Az. 4 U 1215/22

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