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10. September 2020
BSV: „Wir entscheiden hier zum Wohle unserer Kunden“

BSV: „Wir entscheiden hier zum Wohle unserer Kunden“

Die HDI hat frühzeitig bekannt gegeben, dass ihre Betriebsschließungsversicherung (BSV) bei coronabedingten Betriebsschließungen leisten wird. Nun erhalten Kunden eine Änderungskündigung und die Bedingungen für Neuabschlüsse werden geändert. Interview mit Wolfgang Hanssmann, Vorstandsvorsitzender der HDI Vertriebs AG.

Herr Hanssmann, HDI vertritt beim Thema Betriebsschließungsversicherung in der Corona-Krise eine völlig andere Meinung als der Markt. Sie leisten uneingeschränkt. Erklären Sie uns das.

Ich spreche hier nur für die HDI Versicherung und nicht für den Markt. Aber eines ist doch klar: Der Kerngedanke der BSV ist, Betrieben, vor allem in lebensmittelnahen Bereichen und dem Heilwesen, eine Möglichkeit zu geben, sich gegen Risiken aus einer Schließung aufgrund des Infektionsschutzgesetzes abzusichern. Dazu stehen wir. Natürlich sind wir alle dabei immer von lokal begrenzten Schadenereignissen wie Salmonellen oder Legionellen sowie behördlichen Einzelverfügungen gegen einen Betrieb ausgegangen. Ich kenne niemanden in der Branche, der eine flächendeckende Schließung zigtausender Betriebe aufgrund von präventiven Allgemeinverfügungen für möglich gehalten hätte. Aber das können wir jetzt nicht zum Problem der Kunden und deren Makler machen.

Für uns war daher immer klar, dass wir hier zum Wohle unserer Kunden entscheiden. Kunden, die eine BSV mit Bezug auf das Infektionsschutzgesetz abgeschlossen haben, durften aufgrund unserer Bedingungen zu jeder Zeit darauf vertrauen, dass auch neuartige Krankheiten und Erreger von ihrem Versicherungsschutz erfasst sind. Damit haben wir das neuartige Coronavirus den in unseren Bedingungen genannten Krankheitserregern gleichgestellt, auch wenn es nicht namentlich genannt wird. Dabei haben wir auch Allgemeinverfügungen akzeptiert. Somit sind behördlich angeordnete Betriebsschließungen aufgrund des neuartigen Coronavirus in den bestehenden Policen bei uns mitversichert. Das verstehen wir unter Verlässlichkeit.

Wenn Sie umfassend leisten, warum sind Sie auch noch der sogenannten bayerischen Lösung beigetreten?

Der Grund dafür ist einzig die besondere Situation vieler Hotels. Denn für Hotels gab es anders als bei Restaurants, Bars und Gaststätten, die behördlich geschlossen wurden, in der ganzen Zeit keine entsprechenden Schließungsanordnungen. Hotels hatten natürlich aufgrund der massiven Einschränkungen erhebliche Umsatzeinbußen, sie durften aber weiterhin geöffnet bleiben und wurden nicht behördlich geschlossen. Damit fehlt eine wesentliche bedingungsgemäße Voraussetzung für den versicherten Schadenfall. Hotels gerieten in wirtschaftliche Not und drohten zu diesem Zeitpunkt gänzlich leer auszugehen.

Um auch bei uns versicherten Hotel­betreibern schnell eine wirtschaftlich sinnvolle Lösung zu bieten und den Betrieben in der Krise Sicherheit zu geben, ist die HDI Versicherung sofort der bayerischen Lösung beigetreten. Den Restaurantanteil eines Hotels regulieren wir natürlich nach unseren Bedingungen und nicht nach dem bayerischen Modell.

Jetzt scheinen Ihnen die Schadenfälle aber über den Kopf zu wachsen, denn Sie haben damit begonnen, Änderungskündigungen zu versenden.

Die Schäden haben uns tatsächlich hart getroffen. Dies ist aber nicht der Grund. Durch die flächendeckenden Betriebsschließungen in der Corona-Krise wurde ein Konstruktionsfehler in den Bedingungen der BSV deutlich, den wir jetzt korrigieren. Auch wenn wir in der aktuellen Situation geleistet haben – Betriebsschließungen aufgrund von präventiven Allgemeinverfügungen entsprechen nicht dem Grundgedanken der BSV. Außerdem müssen auch Preis und Risiko in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Dementsprechend haben wir unsere neuen Bedingungen präzisiert und angepasst.

Das heißt, das Pandemierisiko ist jetzt ausgeschlossen?

Nein, auch die betrieblichen Folgen einer Pandemie in einer BSV sind weiter bei uns versicherbar. Treten in einem Betrieb, auch infolge einer Pandemie, meldepflichtige Krankheiten oder Krankheitserreger auf, und wird dieser durch eine behördliche Einzelanordnung geschlossen, werden wir auch zukünftig leisten. Das gleiche gilt, wenn ein Betrieb aufgrund einer Einzelanordnung geschlossen wird, um ein Übergreifen meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger aus einem fremden Betrieb auf den versicherten Betrieb zu verhindern. Noch mal deutlich gesagt: Auch Pandemiefolgen sind über die BSV versicherbar, aber nicht Betriebsschließungen auf der Grund­lage von Allgemeinverfügungen.

Ist das die einzige Änderung bei den neuen HDI-Bedingungen für die BSV?

Die wesentliche Änderung habe ich gerade genannt. Wir haben in die neuen Bedingungen außerdem eine vierwöchige Wartezeit aufgenommen. Wer zum Beispiel den Bericht von frontal21 im ZDF gesehen hat, weiß, dass es bei uns Kunden gab, die erst einen Tag vor dem Shutdown eine BSV abgeschlossen haben. Diese haben wir natürlich genauso entschädigt wie alle anderen Kunden auch. In Zukunft wollen wir aber einen Anreiz bieten, rechtzeitig vorzusorgen. Daneben wurden einige Punkte in den Bedingungen klargestellt, zum Beispiel zur Anrechnung staatlicher Leistungen oder der Ausschluss von Mehrfachleistungen für einen Versicherungsfall innerhalb eines Jahres.

Die BSV ist ja nun in den letzten Wochen wirklich in aller Munde. Welche Zukunft sehen Sie für dieses Produkt?

Die BSV ist und bleibt für Betriebe im lebensmittelnahen Bereich und im Bereich Heilwesen eine existenziell wichtige Versicherung. Nach den Erfahrungen in der Corona-Krise bin ich auch davon überzeugt, dass Makler im Kundeninteresse künftig stärker das Verhalten eines Versicherers im Schadenfall bei ihrer Empfehlung berücksichtigen werden. Das ist letztlich der entscheidende Punkt, auf den es ankommt, und hieran misst ein Kunde auch die Empfehlung seines Maklers. Die Erfahrungen aus dieser Krise werden auch dazu führen, dass sich andere Branchen für eine BSV interessieren. Hier sehe ich deutliches Geschäftspotenzial für Makler. Denn in den vergangenen Wochen haben wir ja gesehen, dass Geschäfte und Betriebe aufgrund des Infektionsschutzgesetzes schließen mussten, an die man bis dato in diesem Zusammenhang nicht unbedingt gedacht hat.

Was bis jetzt undenkbar war, kann aber jederzeit wiederkommen. Als zweite Corona-Welle oder durch neue Erreger ausgelöst. In der Bekämpfung der Corona-Pandemie sieht man aktuell die Tendenz, dass Behörden nicht mehr flächendeckend schließen, sondern gezielt gegen die Hotspots vorgehen, und zwar da, wo wirklich eine Infektion vorliegt. Das kann jeden treffen. Deswegen bin ich mir sicher, dass wir hier bald die BSV für Handwerksbetriebe, das produzierende Gewerbe, Handelsunternehmen über alle Branchen und die freien Berufe sehen werden. Als Spezialist für Firmenversicherungen wird HDI Vorreiter in diesem Bereich sein und sich für die Zukunft sehr gut aufstellen.

Dieses Interview lesen Sie auch in der AssCompact 07/2020 und in unserem ePaper.