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Steuern & Recht
10. Juli 2023
BGH: Vorzeitiger Ruhestand begründet keine Dienstunfähigkeit
BGH: Vorzeitiger Ruhestand begründet keine Dienstunfähigkeit

BGH: Vorzeitiger Ruhestand begründet keine Dienstunfähigkeit

Laut DU-Klausel eines Versicherers gilt die Pensionierung als alternative Voraussetzung für eine BU-Leistung. Gleichzeitig behielt sich der gleiche Versicherer an anderer Stelle weitere ärztliche Untersuchung zur Feststellung der BU vor. Wie ist die Rechtslage?

Die Versetzung oder Entlassung in den Ruhestand eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit begründet im Einzelfall noch keine Leistung aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Das haben die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) in einem aktuellen Urteil entschieden.

Versicherte Person will sich nicht ärztlich checken lassen

Geklagt hatte ein Bürgermeister als BU-versicherte Person gegen seinen BU-Versicherer. Dieser wurde aufgrund psychischer Beeinträchtigungen in den Ruhestand versetzt. Daraufhin beantragte der Bürgermeister Leistungen von seinem BU-Versicherer. Doch der beklagte Versicherer lehnte ab. Der Grund: Der Versicherer habe die erforderliche Prüfung der Leistungspflicht nicht abschließen können, da der ehemalige Bürgermeister nicht bereit gewesen sei, sich einer fachärztlichen Untersuchung zur Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit zu unterziehen.

Der BU-versicherte Bürgermeister allerdings fühlte sich an die Untersuchung nicht gehalten, denn die Vorlage des Versetzungsbescheids in den Ruhestand begründe bereits eine unwiderlegbare Vermutung seiner Berufsunfähigkeit.

Klage bis vor den BGH

Daher zog der pensionierte Beamte vor Gericht. Doch mit seiner Klage hatte er weder beim Landgericht Trier (6 O 427/20) noch beim Oberlandesgericht Koblenz (10 U 959/21) Erfolg. Und auch beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe unterlag er.

In der Dienstunfähigkeitsklausel heiße es, so der BGH, zwar, dass es alternativ zu der Voraussetzung für eine bedingungsgemäße BU bereits ausreiche, dass die versicherte Person als Beamter zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig ist und in den Ruhestand versetzt oder entlassen worden ist. In den weiteren Tarifbedingungen des BU-Versicherers wurde aber auch vereinbart, dass „wir [...] außerdem – allerdings auf unsere Kosten – weitere ärztliche Untersuchungen durch von uns beauftragte Ärzte [...] verlangen [können], insbesondere zusätzliche Auskünfte und Aufklärungen.“

Versicherer muss der Beurteilung des Dienstherren nicht folgen

Die Richter stellten nun klar, dass die Formulierung der Dienstunfähigkeitsklausel nicht dazu führe, dass der Versicherungsnehmer daraus den Schluss ziehen könne, die körperlichen Gebrechen könnten nicht vom Versicherer nachgeprüft werden. Denn der durchschnittliche, um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer könne nicht annehmen, dass der Versicherer entgegen dem eindeutigen Wortlaut seiner Vertragsklausel auf eine eigene Prüfung der Dienstunfähigkeit verzichten würde und sich so der Beurteilung der allgemeinen Dienstunfähigkeit durch den Dienstherren unterwerfen werde, argumentieren die Richter am BGH.

Vielmehr obliege es der eigenverantwortlichen Entscheidung des Versicherers im Rahmen seines Leistungsangebotes, ob bei Entlassungen oder Pensionierungen unwiderlegbar von vollständiger BU auszugehen ist oder ob dafür weitere Schritte notwendig seien. Die Anordnung weiterer ärztlicher Tests, um die BU bei dem Ex-Bürgermeister zu prüfen, sei daher rechtens. (as)

BGH, Urteil vom 31.05.2023 – Az. IV ZR 58/22

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