Ein Artikel von Cäsar Czeremuga, LL.M., Rechtsanwalt und Partner bei NORDEN Rechtsanwälte
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 18.01.2023 entschieden, dass die Ergo Versicherung den Ertragsausfall einer Hotelbetreiberin aus Niedersachsen wegen der teilweisen Einstellung ihres Hotelbetriebs im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie während des „zweiten Lockdowns“ ersetzen muss. Der Versicherer ist hingegen nicht verpflichtet, eine Entschädigung aus Anlass der Betriebsschließung während des „ersten Lockdowns“ zu zahlen (BGH Urteil vom 18.01.2023 – Az. IV ZR 465/21).
Vereinbarte Versicherungsbedingungen entscheiden
Ob die Versicherung zahlen muss, hängt von den vereinbarten Versicherungsbedingungen ab. In einer Variante, die auf dem Markt weit verbreitet war, gibt es schon ein Grundsatzurteil des BGH aus dem Januar 2022 (AssCompact berichtete: Betriebsschließungsversicherung: Das BGH-Urteil ist gefallen). Hier waren die Krankheiten, die zu einer behördlich angeordneten Schließung führen können, in den Versicherungsbedingungen einzeln aufgelistet. Covid-19 war nicht dabei. Betroffene Betriebe bekommen deshalb kein Geld. In der Variante, um die es jetzt beim BGH ging, gab es im Vertrag keine Liste der versicherten Krankheiten. Die Versicherungsbedingungen verwiesen auf die im Infektionsschutzgesetz genannten Krankheiten. Dort wurde Covid-19 zum 23.05.2020 aufgenommen. In den Versicherungsbedingungen war nicht eindeutig geregelt, ob die Fassung des Infektionsschutzgesetzes bei Vertragsschluss oder bei Eintritt des Schadens der Schließung des versicherten Betriebes maßgeblich sein soll. Deshalb, so der BGH, – gelte die für den Versicherten günstigere Variante, hier also der Zeitpunkt des Eintritts des Schadens.
Rechtsfrage ist für die Versicherer noch nicht ausgestanden
Gastronomen und Hoteliers können deshalb zwar nicht für eine Schließung ab März 2020 („erster Lockdown“) Geld vom Versicherer verlangen, weil Covid-19 noch nicht im Infektionsschutzgesetz namentlich aufgeführt war. Ihnen steht aber grundsätzlich für die zweite Schließung ab November 2020 eine Entschädigung von der Versicherung zu. Das Thema „Covid Betriebsschließungen“ ist damit für die Versicherer noch nicht ausgestanden. Einige Betriebe haben weiter realistische Chancen, eine Entschädigung zu erhalten.
Das Urteil des BGH lässt wichtige Fragen offen
Offen bleibt für viele weitere Fälle, ob Betriebe während des Lockdowns im Sinne der Versicherungsbedingungen überhaupt geschlossen waren oder nicht. Hier argumentieren die Versicherer, dass eine Betriebsschließung einen umfassenden Betriebsstillstand voraussetzt, sodass kein Versicherungsfall vorliege, wenn zum Beispiel Gastronomen ein Außerhausverkauf und Hotels die Beherbergung von Geschäftsleuten möglich war. Im aktuellen Fall mussten sich die Karlsruher Richterinnen und Richter nicht eingehend mit dieser Frage beschäftigen, da eine Teilschließung des Betriebes ausdrücklich versichert war. Das ist aber in den wenigsten Verträgen so klar geregelt.
Auch die Höhe des konkreten Entschädigungsanspruchs bleibt ungeklärt
Der BGH hat sich zudem nur zu dem grundsätzlichen Anspruch auf Entschädigung geäußert, nicht aber zur konkreten Höhe der Entschädigung, weil er es nicht musste. Auch bei der Frage der Entschädigungshöhe streiten Versicherer mit versicherten Betrieben über eine Reihe von Rechtsfragen, beispielsweise, ob Kurzarbeitergeld oder die sogenannten Novemberhilfe Ansprüche mindern. Wieder gilt: Man muss die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, um beurteilen zu können, welche weiteren Bedingungskonstellationen keine Aussicht auf Erfolg haben dürften und welche eben doch.
Bild: © nmann77 – stock.adobe.com

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