Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zwei Teilklauseln im Telematik-Tarif einer Berufsunfähigkeitsversicherung der Dialog Lebensversicherung für unwirksam erklärt. Der Tarif „SBU-professional Vitality“ ist mit dem Vitality-Programm der Generali verknüpft. Dieses verspricht unter anderem Nachlässe bei der Versicherungsprämie als Belohnung für gesundheitsbewusstes Verhalten, das über eine App erfasst wird. Die Auswertung des Verhaltens kann über die Überschussbeteiligung positive Auswirkungen auf die Prämie haben.
Der Rechtsstreit zwischen dem Bund der Versicherten (BdV) und dem Versicherer läuft bereits seit 2020. Der BdV hatte die Klauseln als intransparent und benachteiligend für die Versicherten angesehen. „Telematiktarife, die auf die Fitnessdaten von Versicherten zielen, sind nicht unproblematisch. Wir freuen uns, dass wir mit unserer Verbandsklage nun wenigstens für mehr Transparenz sorgen konnten“, kommentiert BdV-Vorstand Stephen Rehmke das Urteil. „Verbraucherinnen und Verbraucher sollen klar erkennen und verstehen können, was sie bekommen, wenn sie dem Versicherer Informationen zu ihrer Gesundheit preisgeben. So können sie sich fragen, ob es ihnen wert ist, den Vertrag gegen eine lose Aussicht auf Rabatte abzuschließen.“
Die Generali antwortet auf AssCompact Nachfrage derart, dass man erwartet habe, dass der BGH das gesundheitsfördernde Vitality-Programm nicht grundsätzlich in Frage stellt. Die beiden in dem Verfahren monierten Teilklauseln wird die Dialog Lebensversicherung entsprechend anpassen und die knapp 100 betroffenen Kunden anschreiben. Das Vitality-Programm selbst sei nicht Gegenstand der Entscheidung gewesen, so dass die Kundinnen und Kunden auch weiterhin an dem Programm teilnehmen und die dort gewährten Vorteile in Anspruch nehmen könnten. Das BGH-Urteil mache lediglich die Anpassung der beiden Teilklauseln in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen erforderlich.
BdV beklagte Intransparenz und Benachteiligung des Versicherten
Der BdV begründete seine Klage damit, dass die Versicherungsnehmer nicht erfahren würden, welches konkrete Verhalten zu welchen tatsächlichen Vergünstigungen führen würde. Darüber hinaus weise der Versicherer nicht darauf hin, dass die in Aussicht gestellten Rabatte bei fehlenden Überschüssen auch gänzlich ausbleiben können (Überschussklausel).
Des Weiteren monieren die Verbraucherschützer: Erfährt der Versicherer nicht termingerecht vom gesundheitsbewussten Verhalten der versicherten Person, wird dieses nicht vergünstigend in die Prämienberechnung einbezogen – auch wenn der Versicherer die Nichtübermittlung selbst zu vertreten hat (Informationsklausel).
Nach einer Entscheidung des OLG München hatte zuletzt der Versicherer Revision beim BGH eingelegt.
Verbraucherschützer bekommen Recht
Der BGH hat nun die Revision des Versicherers zurückgewiesen. Die beiden vom Kläger angegriffenen Teilklauseln halten einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB nicht stand, so der BGH.
Dem Versicherungsnehmer wird durch besagte Klausel nicht hinreichend verdeutlicht, nach welchen Maßstäben die vorgesehene weitere Modifizierung seiner Überschussbeteiligung (und damit mittelbar die Höhe der von ihm zu leistenden Versicherungsprämie) vorgenommen wird. Für nicht ausreichend erachtet das Gericht zudem den Verweis auf den Geschäftsbericht des Versicherers, weil auch dort keine abstrakten Regelungen zur Modifikation der Überschussbeteiligung enthalten sind. Aus demselben Grund wird die Transparenz der Klausel auch nicht durch den Versicherungsnehmern übermittelte Informationsschreiben hergestellt.
Des Weiteren benachteilige die Informationsklausel den Versicherungsnehmer. Eine Auslegung der Klausel ergebe, dass zu Lasten des Versicherungsnehmers für jeden Fall des Ausbleibens einer Mitteilung über sein sonstiges gesundheitsbewusstes Verhalten unterstellt wird, es habe ein solches Verhalten nicht gegeben. (bh)
BGH, Urteil vom 12.06.24 – Az. IV ZR 437/22
Vorinstanzen:
LG München I – Urteil vom 28.01.2021 – 12 O 8721/20
OLG München – Urteil vom 31.03.2022 – 29 U 620/21
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