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27. August 2024
BFH: Steuerrückzahlungen in Milliardenhöhe an Fondsanleger

BFH: Steuerrückzahlungen in Milliardenhöhe an Fondsanleger

Eine Entscheidung mit großer Tragweite: Der Bundesfinanzhof hat geurteilt, dass ein ausländischer Investmentfonds, der mit Kapitalertragsteuer belastete Dividenden inländischer Aktiengesellschaften bezog, einen Anspruch auf Erstattung dieser Steuer hat. Es geht um Rückzahlungen in Milliardenhöhe.

Der deutsche Fiskus hat über Jahre hinweg ausländische Investmentfonds benachteiligt. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), das bereits im März gefällt, aber erst jetzt veröffentlicht wurde. Das Urteil betrifft Personen, die in ihrem Depot einen Aktien- oder Mischfonds halten, der im EU-Ausland zugelassen ist und in deutsche Aktien investiert. Über Jahrzehnte hinweg mussten diese Fonds auf deutsche Dividenden Steuern zahlen, während inländische Fonds davon befreit waren.

Im Urteil des BFH heißt es: Ein ausländischer Investmentfonds, der unter der Geltung des Investmentsteuergesetzes 2004 (InvStG 2004) mit Kapitalertragsteuer belastete Dividenden inländischer Aktiengesellschaften bezog, hat nach dem Unionsrecht im Grundsatz einen Anspruch auf Erstattung dieser Steuer. Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen, da viele ausländische Fonds Erstattungsanträge gestellt haben, die sich nach Schätzungen des Bundesrechnungshofs auf eine Gesamtsumme im Milliardenbereich belaufen. Zudem fallen noch ordentliche Zinsen an. Die „WirtschaftsWoche“, die sich schon lange mit dem Thema beschäftigt, schreibt, dass der Bundesrechnungshof die gesamten Forderungen auf mindestens 4 Mrd. Euro schätzt – inklusive Verzugszinsen könnte es sogar das Doppelte werden. 

Französischer Investmentfonds klagte gegen Benachteiligung

Im Streitfall hatte ein französischer Investmentfonds in mehreren Jahren Dividenden inländischer Aktiengesellschaften bezogen. Auf diese Einkünfte war jeweils Kapitalertragsteuer einbehalten und an die deutschen Finanzbehörden abgeführt worden. Der Fonds beantragte später die Erstattung dieser Steuern. Zur Begründung führte er an, dass ein inländischer Fonds steuerbefreit sei und keine Kapitalertragsteuer anfalle. Die im deutschen Investmentsteuerrecht angelegte Ungleichbehandlung zwischen einem in- und einem ausländischen Fonds sei nicht zu rechtfertigen. Das zunächst angerufene Finanzgericht folgte dieser Argumentation nicht und wies die Klage ab.

Ausländische Fonds dürfen nicht schlechter behandelt werden

Der Streitfall ging vor den BFH, der wie beschrieben anders entschied. Seiner Entscheidung nach müssen auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auch einem ausländischen Fonds die in § 11 InvStG 2004 geregelten Steuervergünstigungen zugestanden werden. Da inländische Fonds im Ergebnis keine Steuer auf die von ihnen erzielten Dividenden zu zahlen haben, dürfen ausländische Fonds nicht schlechter behandelt werden. Ansonsten ist die im Unionsrecht verbürgte Freiheit des Kapitalverkehrs verletzt.

Kapitalertragssteuer muss erstattet werden – plus 6% Zinsen

Dass nach den deutschen Gesetzesregelungen die Besteuerung bei den Anlegern des steuerbefreiten inländischen Fonds „nachgeholt“ wird, während diese Folge am Sitz des klagenden Fonds nicht sichergestellt war, ist im Ergebnis unbeachtlich. Die bei der Ausschüttung an den ausländischen Fonds angefallene Kapitalertragsteuer muss daher an diesen zurückerstattet werden. Auch dies ist Folge der Rechtsprechung des EuGH. Außerdem ist der Erstattungsanspruch im Grundsatz mit 6% p. a. zu verzinsen. (bh)

BFH, Urteil vom 13.03.2024 – Az: I R 1/20

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