In seiner Kabinettssitzung am 11.03.2020 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler sowie Honorar-Finanzanlagenberater auf die BaFin beschlossen.
Schrittweise Übertragung ab Januar 2021
Die bisher geltende Zuständigkeit der Industrie- und Handelskammern und Gewerbeämter soll gemäß des Gesetzentwurfs ab dem 01.01.2021 schrittweise auf die BaFin übertragen werden. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) begründet den Schritt damit, dass auf diesem Wege eine einheitliche und qualitativ hochwertige Finanzaufsicht erreicht werden solle und der Anlegerschutz dadurch gestärkt werde.
BMF will Aufsicht einheitlich und effektiv aufstellen
Der zuständige Staatssekretär Dr. Jörg Kukies lässt zu dem Gesetzentwurf verlauten, dass mit der Übertragung der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler auf die BaFin die bisher zersplitterte Aufsichtsstruktur beseitigt würde und eine einheitliche, spezialisierte und wirksame Aufsicht entstünde, die der zunehmenden Komplexität in dem Bereich Rechnung tragen würde. „Dadurch, dass die Aufsichtsaufgaben bei der BaFin gebündelt werden, steigern wir die Qualität und Effektivität der Aufsicht insgesamt“, betont Kukies.
Vorschriften werden ins Wertpapierhandelsgesetz übertragen
Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf vor, dass die bisher geltenden Vorschriften aus Gewerbeordnung und Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) aufgehoben und größtenteils unverändert in das Wertpapierhandelsgesetz überführt werden.
Bestehende Erlaubnisse unter Vorbehalt weiter gültig
Bereits bestehende Erlaubnisse sollen grundsätzlich weiter gelten, sofern das Überprüfungs- bzw. Nachweisverfahren durch die BaFin dies bestätigt. Hierfür sollen jedoch Übergangsvorschriften in Kraft gesetzt werden, die gerade im Hinblick auf fortbestehende Erlaubnisse und die erforderliche Zusammenarbeit der bisherigen Aufsichtsbehörden mit der BaFin einen reibungsarmen Transformationsprozess garantieren sollen.
Aufsichtskapazitäten sollen gegen Geldwäsche eingesetzt werden
Das BMF stellt in Aussicht, dass die neue Aufsicht kostenschonend ablaufen soll. Dies gedenkt man durch ein risikoorientiertes und weitgehend digitalisiertes Verfahren gewährleisten zu können. Des Weiteren plant man vonseiten des Gesetzgebers, dass die freiwerdenden Aufsichtskapazitäten der Länder verstärkt zur Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzbereich eingesetzt werden sollen.
Kritik von Branchenverbänden
Für diesen Schritt der Bundesregierung hagelt es Kritik vonseiten der Vermittlerverbände. In ersten Stellungnahmen äußern sich beispielsweise der VOTUM Verband, der BVK und der AfW – Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. Dabei greifen sie die bereits im bisherigen Gesetzgebungsverfahren genannten Kritikpunkte auf, ergänzen diese aber vor allem um ein aktuelles Geschehen.
AfW sieht mittelstandsfeindliches Gesetz
So sieht es der Geschäftsführende Vorstand des AfW, Norman Wirth, gerade jetzt – in Zeiten zunehmender Verunsicherung der Wirtschaft durch das neuartige Coronavirus – als äußerst schädlich an, dass eine derart mittelstandsfeindliche Gesetzgebung vorangetrieben wird.
Kritik des Nationalen Normenkontrollrats außer Acht gelassen
Zweifel hegt der AfW auch an der in Aussicht gestellten kostenschonenden Durchführung der Aufsichtsübertragung auf die BaFin. So habe sich die Bundesregierung mit ihrer Entscheidung auch über die Kritik des Nationalen Normenkontrollrats hinweggesetzt. Dieser hatte zuvor angemerkt, dass die Notwendigkeit des Vorhabens nicht begründet sei und die in Aussicht gestellten Kosten nicht nachvollzogen werden könnten.
Einheitliche Standards unter Aufsicht der IHK
Der AfW unterstützt jedoch das Bestreben der Regierung nach einheitlichen Qualitätsstandards, die bundesweit durchgesetzt werden. Dies sei aber ohne Weiteres unter dem Dach der Industrie- und Handelskammern möglich. Eine Art Fachaufsicht vonseiten der BaFin zum Setzen und Überwachen von Qualitätsstandards würde der AfW dementsprechend unterstützen.
VOTUM hält Zeitpunkt für unverantwortlich
Der VOTUM Verband teilt die genannte Kritik des AfW größtenteils und sieht es geradezu als Pflicht der Bundesregierung, in Zeiten der sogenannten Coronakrise alle Maßnahmen einzustellen, die eine Rezession heraufbeschwören oder verstärken könnten.
BVK will weiter für Erhalt der bisherigen Aufsicht werben
In ähnlicher Weise äußert sich auch der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK). „Wir kämpfen jedoch weiterhin für den Erhalt der langjährig erprobten und praktizierten Aufsicht, da wir überzeugt sind, dass dieser Gesetzentwurf nur Bürokratiekosten für Finanzanlagenvermittler und keinen Mehrwert für Verbraucher bringen wird“, so BVK-Präsident Michael Heinz.
Verbraucherschutzverbände begrüßen Vorhaben
Naturgemäß anders fallen die Reaktionen der Verbände der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) und des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) aus. So sieht der Vorstand des vzbv, Klaus Müller, eine einheitliche Aufsicht über den Finanzvertrieb als seit Jahren überfällig an und begrüßt den Schritt der Bundesregierung.
vzbv sieht IHK in ihrer Doppelrolle ungeeignet
Den Hauptgrund für eine Neuordnung der Aufsichtszuständigkeit sehen DK und vzbv darin, dass den Industrie- und Handelskammern eine Doppelrolle zuteilwird, indem sie einerseits als Aufsichtsorgane und andererseits als Interessenvertreter gewerblicher Berufe fungieren. DK und vzbv fordern nun eine zügige Umsetzung des Gesetzesvorhabens, damit die geplante Aufsichtsübertragung 2021 auch tatsächlich umgesetzt werden könne. (tku)
Bild: © desdemona72 – stock.adobe.com
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