Ein Artikel von Björn Thorben M. Jöhnke, Fachanwalt für Versicherungsrecht und Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte
Liegt der Abschluss des BU-Vertrages vor dem Jahr 2006, können Klauseln vereinbart worden sein, die bestimmte Behandlungsobliegenheiten beinhalten. Der Versicherungsnehmer hat jedoch nur solchen Behandlungen zur Verbesserung des Gesundheitszustands zu folgen, die ihm der behandelnde Arzt auferlegt. Weisungen des Versicherers sind jedenfalls unbeachtlich. Ist in dem Vertrag jedoch Gegenteiliges vereinbart, kann darin ein Eingriff in die Persönlichkeitssphäre des Versicherungsnehmers liegen. Zudem kann ein weiterer Verstoß darin gesehen werden, wenn die Klausel den Versicherungsnehmer verpflichtet, den Behandlungsanordnungen eines vom Versicherer beauftragten Arztes nachzukommen.
Was fällt unter den Begriff der ärztlichen Anordnung?
Es können nur solche Behandlungsanordnungen auferlegt werden, die sich im Rahmen des „Zumutbaren“ bewegen. Ob eine ärztliche Anordnung vorliegt, ist nach der Personenbezogenheit zu beurteilen. Bei der Anordnung darf es sich nicht um einen allgemeinen medizinischen Ratschlag handeln. Vielmehr muss sich die Weisung des Arztes konkret auf die Verbesserung des Gesundheitszustands beziehen, um die Beeinträchtigung bestenfalls zu verbessern. Es muss also ein konkreter ärztlicher Ratschlag vorliegen und keine „bloße Empfehlung“.
Wie weit geht das Mitbestimmungsrecht des Versicherers?
Der Versicherer kann keine eigenen Behandlungen beauftragen oder dem Versicherungsnehmer auferlegen, sich von einem durch ihn beauftragten Arzt behandeln zu lassen. Wurde trotz des Verbots einer solchen Formulierung eine entsprechende Klausel vereinbart, so sollte diese rechtlich überprüft werden. Besonderheiten ergeben sich bei Beamten, da diese eine Gesunderhaltungspflicht gegenüber ihren Dienstherren trifft. Es kann dann im Zweifel auf die Verwendung einer bestimmten Beamtenklausel ankommen.
Behandlungsobliegenheit aufgrund des Grundsatzes von Treu und Glauben
Grundsätzlich gilt, dass der Versicherungsnehmer nicht zu Maßnahmen zur Wiederherstellung der Berufsfähigkeit verpflichtet werden kann. In Ausnahmefällen kann aber in einer Verweigerung zu einer Heilmaßnahme ein Verstoß gegen Treu und Glauben vorliegen. Dafür muss der Versicherungsnehmer ausnahmsweise durch das Unterlassen der Heilbehandlung oder andere zumutbare Kompensationsmöglichkeiten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen. Hierbei könnte darauf abgestellt werden, wie sich eine Person verhalten würde, die nicht gegen eine Berufsunfähigkeit versichert ist. Die entsprechenden Heilmaßnahmen müssen selbstverständlich im Rahmen des Zumutbaren liegen.
Schadensminderungspflicht des Versicherungsnehmers?
Eine Pflicht des Versicherungsnehmers kann sich auch aus der allgemeinen Schadensminderungspflicht ergeben. Darunter können bestimmte Arbeitserleichterungsmaßnahmen verstanden werden, aber nur, wenn die Arbeit ohne Qualitätseinbuße verübt werden kann. Dafür müssen die Arbeitserleichterungsmaßnahmen auf einfache und gefahrlose Art geeignet sein, den Versicherungsfall abzuwenden oder diesen wieder zu beseitigen. Die Kosten für eine solche Schadensminderungspflicht hat jedoch der Versicherungsnehmer zu tragen.
Praxistipp
Bis zu einem gewissen Maß muss eine ärztliche Anordnung oder auch Heilmaßnahme im Sinne von Treu und Glauben befolgt werden, um die Berufsfähigkeit wiederherzustellen. Auch kann sich zur Verhinderung oder Wiederherstellung der Berufsfähigkeit eine Pflicht zur Schadensminderung ergeben. Es gilt aber, dass eine Behandlungsobliegenheit oder eine Schadensminderungspflicht immer nur in einem zumutbaren Rahmen erfolgen darf. Operationen gehören in aller Regel jedoch nicht dazu.
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