Erhebliche Defizite in der Finanzbildung der deutschen Jugendlichen und bei jungen Erwachsenen hat die aktuelle Jugendstudie des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. (BdB) festgestellt. Nach dem Ampel-Aus liegt nun die von BMF und BMBF in Angriff genommene nationale Finanzbildungsstrategie erst einmal wieder auf Eis. So bleibt eine grundlegende Verbesserung in der Vermittlung von Finanzwissen vorerst aus, um die junge Generation für die wirtschaftlichen Herausforderungen der Zukunft zu wappnen.
„Und da sich die meisten Bundesländer auch nicht bemüßigt fühlen, Finanz- und Wirtschaftsthemen an den Schulen den Stellenwert einzuräumen, der ihnen zukommen müsste, scheint Deutschland in Sachen Finanzbildung wieder in den bekannten Dornröschenschlaf zu versinken“, kommentiert der Bankenverband.
„So gut wie nichts“ über Wirtschaft und Finanzen gelernt
Unter den 14– bis 24-Jährigen machen 80% die Angabe, dass sie in der Schule „wenig“ oder „so gut wie nichts“ über Wirtschaft und Finanzen lernen bzw. gelernt haben. Der BdB bezeichnet das als „erschreckenden Befund“, wenn man bedenke, dass entsprechendes Wissen für die persönliche Zukunft der jungen Menschen entscheidend sein könne.
Finanzielle Bildung ist weit mehr als die Fähigkeit, das eigene Budget zu verwalten. Sie ist der Schlüssel zum Verständnis komplexer wirtschaftlicher Zusammenhänge wie Inflation, Investitionen und Altersvorsorge, gibt der BdB zu bedenken. Dennoch bleibt sie an den meisten Schulen – wenn überhaupt – ein Randthema.
Keine guten Voraussetzungen
Rund 35% der befragten Jugendlichen weiß, dass die Europäische Zentralbank (EZB) für die Sicherung der Preisstabilität in der Euro-Zone verantwortlich ist. Auch bei den älteren Befragten im Alter von 21 bis 24 Jahren weiß der Studie zufolge lediglich rund die Hälfte (51%), welche Aufgabe die EZB hat. Für das Vertrauen in die Währungs- und Finanzpolitik, und damit in die Stabilität der Währung, die maßgeblich den Umgang mit Geld und das Investitionsverhalten der Menschen beeinflusst, seien das keine guten Voraussetzungen, so der BdB.
Wie hoch ist die Inflation? Was ist eine Aktie?
Auch gravierend: Vier Fünftel der Befragten konnten nicht einmal ungefähr die Höhe der Inflationsrate zum Zeitpunkt der Befragung nennen, obwohl dies starke Auswirkungen auf fast alle Spar- und Anlageentscheidungen, inklusive der Altersvorsorge, haben kann. Darüber hinaus wissen 27% der jungen Befragten nicht, was etwa eine Aktie ist. Der Bankenverband weist darauf hin, dass dieses Wissen zum Grundverständnis des Kapitalmarkts gehöre, das heutzutage für die wirtschaftliche Teilhabe nahezu unerlässlich ist.
Verbesserungen erwünscht
Doch die junge Generation fordert selbst Verbesserungen in der Finanzbildung: 92% der Jugendlichen und jungen Erwachsenen wünschen sich mehr Wirtschafts- und Finanzwissen in der Schule. Besonders die Themen „Umgang mit Geld“ (78%), „Altersvorsorge“ (74%) und das „Finanzsystem“ (71%) sollten ihrer Meinung nach während der Schulzeit vermittelt werden.
So ist auch die Forderung nach einem eigenen Schulfach für Finanz- und Wirtschaftsthemen verbreitet. Mehr als zwei Drittel der 14– bis 24-Jährigen unterstützen ein solches Fach. 76% der jungen Leute wünschen sich außerdem mehr Finanzbildung außerhalb der Schule.
Verantwortung hat das Bildungssystem auch für die Förderung von Mädchen und jungen Frauen. Die Studie belegt, dass deren Wissenslücken im Bereich der Finanzbildung besonders groß sind. Unter den weiblichen Befragten weiß z. B. nur rund ein Viertel über die geldpolitische Verantwortung der EZB Bescheid und rund 40% können nicht sagen, was eine Aktie ist. (lg)
Bild: © photophonie – stock.adobe.com
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können